Eichstätt
Dreiklang von "fair", "bio" und "regional"

"Lust auf Fair" bot in ungezwungenem Rahmen Inspirationen für Einzelhändler

02.10.2019 | Stand 23.09.2023, 8:49 Uhr
Mit fair-regionalen Snacks begeisterten Kelz-Inhaber Peter Stock (4.v.r.) und Bernadette Stock (2.v.l.) die Gäste der Einzelhandelsveranstaltung "Lust auf fair" und Mitglieder der Steuerungsgruppe der Fairtrade-Stadt Eichstätt in ihren Geschäftsräumen. −Foto: Kusche

Eichstätt (EK) Welche Produkte bietet der faire Handel für Einzelhändler? Und welche Vorteile, aber auch welche Nachteile gibt es, faire Produkte in das Sortiment aufzunehmen? Mit diesen und vielen weiteren Fragen beschäftigten sich die Gäste der ersten Veranstaltung der Reihe "Einzelhandelsoffensive II", die unter dem Motto "Lust auf Fair" stand.

In Kooperation mit der Eichstätter Standortbeauftragten Beate Michel und den Gastgebern, Peter und Bernadette Stock von Kelz-Delikatessen, hatten die Mitglieder Steuerungsgruppe der Fairtrade-Stadt Eichstätt zu einem Informationsabend rund um den fairen Handel mit besonderem Blick auf den Eichstätter Einzelhandel eingeladen. Rund 15 Interessierte folgten der Einladung in die Geschäftsräume des Ehepaar Stock in der Römerstraße.

Mit einem beeindruckenden Sortiment an fairen Produkten empfingen Bernadette und Peter Stock ihre Gäste: An zentraler Stelle und mit viel Geschick und Engagement präsentierten sie ihr komplettes Angebot an fairem Wein, Tee, Kaffee, Saft, fairer Schokolade sowie bereits die ersten fairen "Bischof-Nikoläuse", kombiniert mit einer Auswahl verführerischer kleiner Snacks aus regionalen und fairen Produkten: "Wir führen bereits seit mehreren Jahren ein faires Sortiment, in größerem Umfang seit der Zertifizierung Eichstätts zur Fairtrade-Stadt 2014", berichtete Peter Stock den Teilnehmern des Abends nach der Begrüßung durch Steuergruppenmitglied Gerhard Rott.

Das Angebot fair gehandelter Produkte liegt Stock und seiner Frau sehr am Herzen. Doch der Verkauf dieser Produkte sei nicht immer leicht, betonte er: "Die Kunden sehen sich oft in einem großen Dschungel an Fairhandelssiegeln und sehr unterschiedlichen Preisniveaus. Beides ist schwer durchschaubar und stellt uns als Verkäufer nicht selten vor große Herausforderungen." So fehle bei den Produkten der seit über 40 Jahren tätigen Fairhandelsgesellschaft GEPA das den Kunden gut bekannte schwarz-blau-grüne Fairtrade-Siegel von Transfair Deutschland - nicht, weil das Produkt etwa nicht fair gehandelt sei: "Die GEPA hat sich von dem Standardsiegel distanziert, weil ihre Kriterien im fairen Handel viel höher angesetzt sind", erklärte Stock. Dies müsse man vielen Kunden natürlich erläutern.

Auch der Verkauf regionaler und ausgewählter Produkte kleiner Regionalanbieter und Keltereien sei für die Stocks von Kelz-Delikatessen ein zentraler Baustein im Sortiment, wenngleich diese sich wiederum eine Zertifizierung - einerlei ob Bio oder Fair - oft gar nicht leisten könnten: "Bei diesen kleinen regionalen Anbietern findet man aber meist qualitativ sehr hochwertige Produkte in Bioqualität und mit fairer Bezahlung der Mitarbeiter", zeigte Stock die vielfältigen Gegebenheiten im Einzelhandel auf. Hier betonte Gerhard Rott, von Beginn an Mitglied der Steuerungsgruppe Fairtrade-Stadt Eichstätt, dass faire, regionale und Bioprodukte niemals einander ausschlössen, sondern das nachhaltige Engagement von Einzelhändlern vielmehr wunderbar ergänzten: "Der faire Handel setzt seit jeher auf den Dreiklang fair, bio, regional. Diese drei Aspekte sollen sich im besten Fall ergänzen, aber niemals gegeneinander ausspielen", erklärte er.

Die anwesenden Vertreterinnen und Vertreter aus dem Einzelhandel, darunter Carola Langscheid und Dunja Bauer-Knopp von "Zwirn und Zwille", Sibylle Lasic von "mema-Keramik" sowie Martin Regensburger von der Gabrieli-Apotheke und die beiden Gastronomen Rebecca Böhm von der "Chocolatique" und "Gutmann"-Chef Fred Pfaller, nutzten schließlich die Gelegenheit, an die Fairtrade-Engagierten viele Fragen zu stellen und durchaus auch die einen oder anderen Bedenken zu äußern. Dabei ging es vor allem darum, geeignete Produkte aus dem fairen Handel zu finden, die in die jeweilige Geschäftsidee passen. Das Angebot sei inzwischen umfangreich, wie die Mitglieder der Steuerungsgruppe mit einem 60-seitigen Faireinkaufs-Führer bewiesen, der neben Lebensmitteln auch Kosmetik, Textilien und Berufskleidung für Hotels und Gaststätten sowie Blumen enthält. Darüber hinaus gebe es die umfangreichen Kataloge renommierter Fairhandelsimportgesellschaften für Wohn- und Geschenkartikel, Lederwaren, Gold-, Silber- und Modeschmuck, Kleidung und Accessoires sowie Spielzeug und Bälle, so die Fairtrade-Engagierten.

Am Ende des Abends waren sich alle Anwesenden einig, dass der weitere Ausbau der Fairtrade-Stadt Eichstätt, deren Rezertifizierung Mitte 2020 bereits zum dritten Mal ansteht, ein wichtiges Ziel sei. Schon mit einem oder zwei Produkten im Einzelhandelssortiment zu beginnen, setze ein wichtige Signal - einerlei, ob es der faire Tee, der faire Geldbeutel, die faire Kerze, Hautcreme oder Seife ist: "Faire Teebeutel oder fairer Orangensaft ist keine riesige Umstellung im Angebot, kostet nicht wesentlich mehr, lässt sich aber gut bewerben und erzeugt Signalwirkung", so die Fairtrade-Akteure. So könnten für alle Einzelhändler und Gastronomen in Eichstätt einzelne fair gehandelte Produkte gefunden werden, die das jeweilige Sortiment ergänzten. "Eichstätt ist schon gut dabei. Aber es gibt noch viel Luft nach oben", resümierten die Fairtrade-Engagierten abschließend.

Dagmar Kusche