Eichstätt
Zoff um Spielplätze am Seidlkreuz

Anwohner in den Wohnhöfen eins bis vier wehren sich energisch gegen den Abbau der Geräte

16.05.2018 | Stand 23.09.2023, 3:15 Uhr
Hermann Redl
Mit Plakaten und Unterschriftensammlungen wollen Eltern und Kindern auf dem Seidlkreuz den Erhalt der Spielplätze in den Wohnhöfen zwei bis vier erreichen. −Foto: Hermann Redl

Eichstätt (EK) Es sieht öde aus auf den Spielplätzen in den Wohnhöfen zwei, drei und vier auf dem Eichstätter Seidlkreuz. Dort, wo Sandkästen oder Spielgeräte standen, ist jetzt Tristesse. Die Stadt setzt ihr Ende vergangenen Jahres beschlossenes Splelplatzkonzept um - und stößt damit auf großen Unmut bei den Anwohnern. OB Andreas Steppberger reagiert "irritiert" auf die zum Teil heftigen Proteste.

"Ich war überrascht und irritiert zugleich", erklärte er auf Anfrage unserer Zeitung. Die Stadt habe weit vor der Beschlussfassung über das neue Spielplatzkonzept im vergangenen Jahr eine umfassende Bürgerbeteiligung angeboten - allerdings mit nur wenig Resonanz. Dabei seien alle Spielplätze nach Vorankündigung begangen worden, um mit den Bewohnern über die Pläne zu sprechen und deren Einverständnis und Anregungen einzuholen.

Wie im EICHSTÄTTER KURIER im Juli 2017 berichtet, hatten sich jedoch auf dem Seidlkreuz lediglich eine Mutter mit ihrem Sohn der Besichtigungsgruppe, bestehend aus Stadtbauamt und Jugendbeauftragten , angeschlossen. Auch der Beschluss sowie die Umsetzung seien öffentlich gemacht worden, so der OB.

Das Ziel des neuen Spielplatzkonzeptes sei es, erläuterte Steppberger noch einmal, die bestehenden Plätze dem Bedarf nach zu aktualisieren, nicht mehr benutzte Plätze aufzulassen beziehungsweise zurückzubauen, andere dafür zu Hauptplätzen aufzuwerten und mit Satellitenplätzen zu umgeben. Damit wolle die Verwaltung die Kosten für den Unterhalt senken und die Verkehrssicherheit der Gerätschaften sicher stellen.

Dennoch waren Bewohner des Wohngebiets Seidlkreuz-Mitte "völlig überrascht", als in den Höfen zwei, drei und vier plötzlich Schilder aufgestellt wurden und der Rückbau der Spielplätze angekündigt worden war, wie eine Mutter gegenüber unserer Zeitung sagt. Eltern wie Kinder machten ihrem Ärger mit Plakaten und einer Unterschriftensammlung Luft und wandten sich an das Rathaus. Aus "Wut, Empörung, Traurigkeit und Unverständnis", heißt es in einem Schreiben.

Sie kritisieren, dass in den von der Streichung betroffenen Wohnhöfen Familien mit insgesamt etwa 20 Kinder unterschiedlichsten Alters leben, während am Spielplatz im Wohnhof fünf, der als einziger belassen werden soll, wohl kaum Nachfrage herrschen dürfte. Die Kinder dort sind längst aus dem Haus, Nachwuchs noch nicht in Sicht. Auch am Zeitpunkt des Rückbaus hagelt es Kritik: Warum ausgerechnet im Frühjahr, wenn die Kinder nach draußen wollen? Das Vorgehen der Stadt und die Streichung der Spielplätze sei keineswegs dem Image der Stadt als kinder- und familienfreundlich förderlich, heißt es weiter mit dem Verweis, dass zudem zahlreiche Kinderbetreuungsplätze fehlten.

Oberbürgermeister Steppberger will zwar grundsätzlich an dem vom Stadtrat nach mehreren Mitsprachemöglichkeiten der Bürger verabschiedeten Spielplatzkonzept festhalten, kann sich die eine oder andere Nachjustierung jedoch durchaus vorstellen. "Wir werden das in der heutigen Stadtratssitzung nochmals besprechen", kündigte er.

Keinerlei Verständnis allerdings hat er, wenn, wie offenbar geschehen, Mitarbeiter des Bauhofs und des Bauamtes, die durch die Geräte abgebaut haben, von Eltern und Kindern "beschimpft, bespuckt und mit Steinen beworfen werden", wie ihm seine Mitarbeiter berichtet haben. "Das ist eindeutig eine rote Linie überschritten", so der OB. "Reden, gerne, aber Beschimpfen und Bepucken, das geht gar nicht."
 

Kommentar von Eva Chloupek

Für die Stadt ist der Protest der Wohnhöfebewohner im Baugebiet Seidlkreuz-Mitte ärgerlich. Denn sie hatte sie aufgefordert, an der Entscheidungsfindung über das Spielplatzkonzept mitzuwirken. Diese Möglichkeit ließen sie ungenutzt. Wie so häufig, wurde die Mitwirkung bei einer Bürgerbeteiligung nicht angenommen, und jetzt, wo die Tatsachen geschaffen sind, kommt Protest auf. Dass aber ausgerechnet in dem Wohnhof, in dem keine Kinder leben, der Hauptspielplatz entstehen soll, und die anderen Wohnhöfe, in denen Kinder leben, ihren Spielplatz verlieren, ist, aller Planung zum Trotz, unüberlegt. Und: Was die Bebauung in Seidlkreuz-Mitte betrifft, wäre seitens der Rathausspitze ein Blick ins Archiv hilfreich gewesen. Das vor mehr als 30 Jahren von der Regierung von Oberbayern im Rahmen des Experimentellen Wohnungs- und Städtebaus entworfene Gebiet sieht gerade die Wohnhöfe mit ihren Spielplätzen als festen Bestandteil eines für Familien mit Kindern prädestinierten Baugebiets vor. „Die geschützten, verkehrsberuhigten Wohnhöfe tragen erheblich zur Lebensqualität bei und bieten ideale Freiräume für Kinder“, heißt es in einer Anfang der 90er-Jahre erschienenen Broschüre. Diese Aussage wird jetzt grundlegend auf den Kopf gestellt. Die sozialen Netze, die in der Konzeptionierung des Gebiets angelegt sind und die von den Bewohnern auch geknüpft wurden, könnten dadurch durchstochen werden. Schade.

Hermann Redl