Eichstätt
Eine ganz besondere Nacht

Viele Hundert Besucher erlebten in 17 Gotteshäusern ein vielfältiges Programm

06.05.2018 | Stand 23.09.2023, 3:08 Uhr
  −Foto: Fotos: Klenk/Kusche

Eichstätt (EK) Freitagabend bei wunderschön sommerlicher Witterung im Biergarten oder auf der Terrasse? Das war für viele Hundert Besucher der "Nacht der offenen Kirchen" in Eichstätt, die bereits zum dritten Mal von der Dompfarrei und der Evangelischen Kirchengemeinde organisiert wurde, keine Option.

Junge und ältere Besucher aus Nah und Fern folgten wieder der Einladung der Veranstalter, nicht weniger als 17 bekannte und weniger bekannte Kirchen und Kapellen mit insgesamt 77 verschiedenen kulturellen, spirituellen und kulturellen Veranstaltungen zu besuchen. Ob ruhige Taizé-Gesänge, Musik, Konzerte, Lesungen, Gebet oder Stille - das umfangreiche Programm bot für jeden Geschmack ein passendes Erlebnis in außergewöhnlicher Atmosphäre.

Innerhalb von fünf Abendstunden eine solche Vielfalt hochkarätiger und außergewöhnlicher Veranstaltungen erleben zu können - das dürfte nur selten möglich sein. Um an möglichst vielen der Events teilzunehmen, pendelten viele Besucher immer wieder vom Dom zur KHG, von der Schutzengel- zur Erlöserkirche, vom Collegium Orientale zur Kreuzkirche, von der Mariahilf-Kapelle zur Gottesackerkirche. Dabei gab es so manches Kleinod zu entdecken, denn einige religiöse Stätten öffnen nur selten ihre Pforten - wie die Michaels-Kapelle in der Westenstraße oder die Peterskirche am Gabrieli-Gymnasium.

Gleich zwei dieser besonderen Veranstaltungen bot die Heilig-Geist-Kirche an der Spitalbrücke. Zunächst präsentierte die Knabenrealschule Rebdorf zwischen Chorgesang, Bläserquintett und zauberhaften Xylophon-Klängen Texte des Dichters Friedrich Hölderlin, die man so eher selten hört. Andreas Völker las aus Hölderlins Briefroman "Hyperion oder der Eremit aus Griechenland" sowie aus dem Gedicht "Patmos" tröstende Worte des schwäbischen Lyrikers, dessen Todestag sich 2018 zum 175. Mal jährt. Denn Hölderlin, dessen Leben von tiefen Krisen gezeichnet war, wusste zumindest in seiner ersten Lebenshälfte: "Wo aber Gefahr ist, wächst das Rettende auch." Eine Spur nachdenklicher wirkten die Worte des libanesisch-amerikanischen Philosophen Khalil Gibran, die ebenfalls von Völker vorgetragen wurden, während sein Chor "Siloam" in bewährt berührender Weise spirituelle Lieder, Gospels und englische Songs mit Tiefgang anstimmte und dabei auch das Publikum in den Kanon mit einbezog. Wenn die "Siloam"-Sänger dann noch das bewegende Lied "Kinderaugen" vorträgt, stellt sich Gänsehaut-Stimmung in der Heilig-Geist-Kirche ein.

Die Vielzahl der Darbietungen in allen 17 Kirchen und Kapellen standen diesem Programm in nichts nach. Sie waren musikalisch hochkarätig - wie die geistliche Chormusik des Großen Chors des Gabrieli-Gymnasiums unter der Leitung von Michael Beck, die ostkirchlichen meditativen Gesänge im Collegium Orientale oder das Trio um Stephanie Bernreuther (Querflöte), Márta Tekula (Violoncello) und Christine Gschwandtner (Orgel) in der Erlöserkirche, das zu Texten von Franz von Sales, Hilde Domin und Martin Luther King das musikalische Motto beisteuerte: "Der Flug des Herzens ist die Liebe." Gregorianische Gesänge mit marianischen Texten im Dom, dessen Marienaltar in Blautönen illuminiert war, und die stille Nachtanbetung in der Kreuzkirche rundeten die "Nacht der offenen Kirchen" ebenso ab wie das mitreißende Konzert "Hear me when I call" des Chors Mittendrin unter Leitung von Regina Michl in der dichtgefüllten KHG-Kapelle.

Begeistert nahmen viele Besucher wieder die Meditationsmusik der Katholischen Jugendstelle Schelldorf und das Angebot zum gemeinsamen Singen in der ehemaligen Johanniskirche auf. Andere Gäste wiederum erfreuten sich an gemeinsamem Singen geistlicher Volkslieder mit Dominik Harrer oder dem Volksmusikangebot verschiedener Ensembles wie der Reisbergmusi, dem Lippertshofener Vierergsang, der Altmühltaler Saitenmusi oder den Bergsängerinnen Rupertsbuch mit der Brombachtaler Saitenmusi.Ein abwechslungsreiches Programm war auch in der Gottesackerkirche am Ostenfriedhof geboten. Dort feierte Theologe und Professor Alexius Bucher mit vielen Besuchern eine Soiree mit Texten, Liedern und Instrumentalmusik von Lydia Tyrakowski-Cebulla, bevor es dann die Gelegenheit gab, in kleiner Runde ganz offen einmal das auszusprechen, was man der Kirche schon immer sagen wollte. Auf Einladung der Malteser-Flüchtlingsreferentin Cordula Klenk erlebten die Besucher zu später Stunde schließlich noch eine spannende Lesung mit Marina Jaciuk, die in Ingolstadt eine Schreibwerkstatt für Migrantinnen leitet und die "Lebensgedanken" zweier Frauen aus Serbien und Taiwan in eindrücklicher Weise vortrug. Umrahmt wurde die Lesung von wunderschönen Improvisationen von Christine Bleitzhofer am Vibraphon.

Feierlich endete die Nacht der offenen Kirchen mit Bläserklängen in der Frauenberg-Kapelle, während das jüngere Publikum noch die Techno-Musik in der von Studierenden wunderschön illuminierten KHG genoss. Kinder, Jugendliche, junge Paare, ältere Menschen, ja ganze Familien suchen für diese Nacht die Gotteshäuser auf, um nach einer anstrengenden Arbeitswoche wieder Kraft für den Alltag zu tanken. Eine vierte Auflage der "Nacht der offenen Kirche"?: Dringend gewünscht.
 

Dagmar Kusche