Stepperg
Bürokratie erschwert die Arbeit

Bauernverband hält Kreisversammlung online ab - Landwirte hadern mit den vielen Dokumentationen - Obmann Bayer hört auf

07.04.2021 | Stand 23.09.2023, 17:50 Uhr
  −Foto: Doerfel/S. Hofmann

Stepperg - Mit gemischten Gefühlen haben Kreisobmann Ludwig Bayer (Foto) und Kreisbäuerin Regina Plöckl kürzlich zur digitalen Kreisversammlung des Bayerischen Bauernverbandes (BBV) geladen.

Online versuchte das Duo, so gut es ging zu informieren und einen Ausblick auf das kommende Jahr zu geben. Fest steht: Es gibt weiter viel zu tun - und jemand anderes muss das Ruder übernehmen, denn Bayer wird bei der nächsten Wahl im Januar nicht mehr als Obmann für Neuburg-Schrobenhausen kandidieren.

"30 Jahre sind dann genug", sagte der Stepperger im Gespräch mit unserer Zeitung dazu. Selbst wenn er wollte, Bayer dürfte mit seinen nun 67 Jahren gar nicht mehr kandidieren, zum Beginn einer neuen Amtszeit ist 64 nämlich die Obergrenze. Er sei fünf Jahre stellvertretender Kreisobmann gewesen und werde im kommenden Januar 25 Jahre an der Spitze des Neuburg-Schrobenhausener Verbandes gestanden haben. Einen Nachfolger gibt es, so Bayer, bislang nicht. "Aber es muss sich jemand finden", sagte er. Der Posten des Kreisobmanns sei ein wichtiges Ehrenamt als Schnittstelle zwischen den Bauern und den höheren Verbandsebenen auf der einen als auch zur Politik und den Behörden auf der anderen Seite. Im Januar oder Februar 2022 werden die Wahlen auf Kreisebene stattfinden, dann, so die Hoffnung des Verbandes, hat sich auch ein Nachfolger gefunden.

Bis dahin will Bayer aber mit vollem Einsatz weiterarbeiten. So liegt es ihm derzeit am Herzen, seine Berufsgenossen an die Wichtigkeit der Bürokratie zu erinnern. Die sei durch die neue Düngeverordnung im vergangenen Jahr noch mal enorm gestiegen, die Mehrbelastung für die Landwirte deshalb groß. "Es ist deprimierend", sagte Bayer.

Zwar mussten Landwirte auch schon früher Buch darüber führen, welche Dünger - unterschieden wird zwischen organischen wie Mist, Gülle, Jauche und Kompost und Substraten, also Kunstdüngern - sie wo ausbringen. Was Bayer und zahlreiche seiner Berufskollegen aber ärgert, ist die strenge nationale Ausgestaltung. "Wir müssen innerhalb von zwei Tagen dokumentieren, welches Feld wir wie düngen. In Österreich haben die Bauern dafür sechs Monate Zeit", verglich Bayer. "In den Arbeitsspitzen ist es nicht machbar, dass sich ein Bauer nach einem langen Tag noch ins Büro setzt und alles aufschreibt", sagte er. Viele Landwirte seien deshalb an der Grenze der Machbarkeit angelangt. "Es reicht", verdeutlichte der Obmann. Erschwerend komme hinzu, dass es seit vergangenem Jahr eine Bedarfsberechnung für die Düngung braucht - und zwar im Voraus. Doch nicht nur der Papierkram belastet nach Bayers Aussage die Landwirte enorm. Es ist auch ihr Ansehen in weiten Teilen der Gesellschaft, mit dem sie zunehmend zu hadern haben. "Wir sind ja bei manchen Leuten nur noch Tierquäler", sagte er. Derweil seien sich die Bauern ihrer Verantwortung gegenüber ihren Rindern, Schweinen und den übrigen Nutztieren durchaus bewusst. "Aber bei uns wird wegen weniger schwarzer Schafe die ganze Branche festgemacht", so Bayer.

Bayer verwies dabei auch auf die Haltungsvorschriften zahlreicher Abnehmer, die deutlich strenger seien als der gesetzliche Rahmen. "Da frage ich mich schon, warum wir Gesetze haben, wenn der Lebensmitteleinzelhandel über den Rahmen hinausschießt. " Welche Macht die großen Supermarkt- und Discounterketten über die Landwirte haben, verdeutlichte Bayer anhand eines Beispiels: "Vor Weihnachten ist der Butterpreis um 30 Prozent raufgegangen. Einfach so, ohne Grund. " Die Erzeuger hätten davon nichts gehabt. Immerhin gebe es aber einen Lichtblick, nämlich am Fleischmarkt. "Der hat sich in den vergangenen beiden Monaten stabilisiert", so der Obmann. "Für Rind gibt es zur Zeit vernünftige Preise, beim Schwein belebt sich der Markt gerade etwas. Das sind ein paar Fünkchen Hoffnung", befand der Stepperger. Wie erst jüngst durch eine Veröffentlichung des Bundesinformationszentrums Landwirtschaft bekannt wurde, sank der Fleischkonsum in Deutschland im vergangenen Jahr deutlich auf den niedrigsten Stand seit Beginn der Erhebungen im Jahr 1989. Das könnte den Landwirten langfristig helfen, wenn sich dadurch auch das Bewusstsein für qualitativ hochwertige Produkte steigert und bei den Konsumenten die Akzeptanz, für gute Ware mehr Geld zu bezahlen. "Man muss sich ja auch mal vor Augen halten, dass ein Landwirt heutzutage fast 150 Menschen ernährt. Wir machen gerade einmal zwei Prozent der arbeitenden Bevölkerung aus, sind aber die drittgrößte Wirtschaftsbranche in Deutschland", informierte Bayer.

Bei der Online-Versammlung erklärte Kreisbäuerin Regina Plöckl, dass sie es sehr vermisse, ihre Kolleginnen und Kollegen zu treffen. Sie sah aber auch etwas Positives in der digitalen Zusammenkunft: "Vielleicht erreicht man so auch mehr Leute", sagte Plöckl anhand stetig hoher Zugriffszahlen auf den Stream. Plöckl informierte auch darüber, dass die Jagdmesse in Grünau weiter in Planung sei und sich die Kreisbäuerinnen mit Kuchen beteiligen wollen. Für das kommende Jahr kündigte sie einen "Tag der aktiven Landfrauen" an.

EK

Sebastian Hofmann