Berühmte Bäume

15.04.2011 | Stand 03.12.2020, 2:55 Uhr

Ein Stück der Affenthalfichte im Forstamt Eichstätt. Bei den betreffenden Jahresringen wurden Geschichtsdaten vermerkt. - Foto: je

Eichstätt/Rapperszell (EK) Im Landkreis Eichstätt sind drei Baumberühmtheiten bekannt, von denen zwei noch stehen: die Bavariabuche bei Pondorf und der mächtige Mammutbaum im Eichstätter Hofgarten. Der dritte Baum des Trios, die Affenthalfichte nahe Buchenhüll und Rapperszell, wurde 1910 gefällt.

Bekannt ist die Fotografie des mit gewaltigen Baumsägen umgelegten Stammes, auf dem zehn Waldarbeiter stehen und drei davor platziert sind. Was weniger bekannt ist: Eine Viertelscheibe der Fichte, die 280 Jahre alt wurde, kann in Eichstätt noch bewundert werden. Sie ist im Treppenhaus des öffentlich zugängigen Forstamtes in der Residenzstraße ausgestellt.
 

ANNO DAZUMAL

Interessant macht das Relikt, eine Leihgabe des Historischen Vereins, dass die Jahresringe exakt gezählt und dazu passend Aufkleber mit Geschichtsdaten geklebt wurden. Die Besichtigung sollte im Pflichtprogramm der Schulen weitum nicht fehlen. Nach der Messung der Forstleute war die Fichte bis zu einem Blitzschlag um das Jahr 1900 rund 50 Meter hoch. Bei dem Einschlag und dem über den Jura hinfegenden Sturm wurden zehn Meter abgesprengt. Als winziger Setzling war die Fichte um das Jahr 1630 aufgegangen. Damals war Johann Christoph von Westerstetten Fürstbischof von Eichstätt. Das Land befand sich inmitten des Dreißigjährigen Kriegs.

Zu lesen sind an der Holzscheibe folgende Eckpunkte: 1802 brachte das Ende der mehrhundertjährigen fürstbischöflichen Forstverwaltung in Eichstätt; 1802 bis 1803 kurfürstlich bayerische Forstverwaltung; 1803 bis 1806 kurfürstlich salzburgische und großherzoglich toskanische Forstverwaltung; 1806 bis 1817 königlich bayerische Forstverwaltung. 1817 bis 1855 war Eichstätt herzoglich leuchtenbergisch, danach königlich bayerisch.

An allgemeinen Geschichtsdaten sind bei den Jahresringen vermerkt: 1648 Westfälischer Friede (Ende des Dreißigjährigen Krieges); 1688 Verwüstung der Pfalz im 3. Raubkrieg; 1704 Höchstädt: Prinz Eugen, Spanischer Erbfolgekrieg; 1813 Leipzig, Napoleon I., Freiheitskrieg; 1848 Sturmjahr; 1870 Kämpfe und Siege (im deutsch-französischen Krieg). Das Königreich Bayern endete 1918 nach dem Ersten Weltkrieg, da stand der Baum schon nicht mehr.

Bei der Fällung der Affenthalfichte war im Bezirk Rapperszell Forstassistent Hoffmann zuständig. Er machte fotografische Aufnahmen und gab in einem Beitrag für die renommierte Zeitschrift "Bayerland" die Maße des Baumriesen so an: Länge des Stammes nach dem Blitzschlag 40 Meter, Umfang am Stockabschnitt 5,90 Meter, auf Brusthöhe 5,35 Meter, Durchmesser in der Stammmitte 1,05 Meter, am Stockabschnitt 1,96 Meter. Die Fichte ergab unglaubliche 43 Ster Brennholz.

Der Nadelbaum war 1910 von Fachleuten als die größte Fichte Bayerns bezeichnet worden. Bei einem Alter von knapp 300 Jahren war der Baumriese gegenüber der Bavaria-Buche noch jung, die auf 800 Jahre geschätzt wird. Der Mammutbaum im Hofgarten, der bereits eine staatliche Höhe erreicht hat, ist in den 1960er Jahren vom damaligen Stadtbaumeister Franz Göpfert gesetzt worden. In Amerika erreichen solche Bäume ein Alter von 2000 Jahren und werden über 80 Meter hoch.

Die Affenthalfichte hat sicher im Wald um ihren Standort eine große Menge "Nachkommen" hinterlassen. Das kann auch von der Bavariabuche gesagt werden, deren Jahre wegen der natürlichen Alterung gezählt sind: Bei der Aktion "Die Kinder der Bavariabuche – ein Naturdenkmal schenkt Leben" wurden in großer Zahl Bucheckern in Töpfchen zum Keimen gebracht und die Setzlinge, nicht nur im Landkreis, an vielen Stellen gepflanzt.