Eichstätt
"Grundsätzlich unmenschlich"

Spitzenpolitikerinnen der Linken-Bundestagsfraktion zu Besuch im Abschiebegefängnis

24.05.2018 | Stand 02.12.2020, 16:21 Uhr
Das Eichstätter Abschiebegefängnis (Bild oben) haben die Linke- Politikerinnen Ulla Jelpke, Eva Bulling-Schröter und Eva-Maria Schreiber (unteres Bild, von links) besucht. Im Pressegespräch danach übten sie deutliche Kritik an der Flüchtlingspolitik der Regierungen in Berlin und München. −Foto: Fotos: Chloupek

Eichstätt (chl) Dass sich das Personal der Eichstätter Abschiebehaft bemüht, "das Beste aus einer schlimmen Situation" zu machen, möchte Ulla Jelpke den Bediensteten nicht absprechen.

Sie sagt jedoch: "Diese gesamte Grundkonstruktion ist grundsätzlich unmenschlich. " Die Innenpolitische Sprecherin der Bundestagsfraktion der Linken ist in diesen Tagen gemeinsam mit der Obfrau im Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, Eva-Maria Schreiber, und der Ingolstädter Spitzenkandidatin für die anstehenden Landtagswahlen, Eva Bulling-Schröter, auf Ortsterminen in der Region unterwegs, um sich selbst ein Blick über die Flüchtlingspolitik und Abschiebepraxis in Bayern zu machen. Am Dienstag waren die drei Politikerinnen in der Erstaufnahmeeinrichtung in Regensburg, gestern im Transitzentrum in Manching und am Mittwoch im Abschiebegefängnis in Eichstätt. "Wir wollen sehen, was mit Innenminister Horst Seehofer nun auf uns in Berlin zukommt. "

Dass die Politikerinnen der Linken einen grundsätzlich anderen Ansatz haben als der vormalige Ministerpräsident der CSU-geführten bayerischen Staatsregierung, ist im Pressegespräch im Anschluss an den Besuch im Gefängnis keine Überraschung. Sie zeigen sich nach dem Besuch der Abschiebehaft in Eichstätt erschüttert von den Schicksalen der Menschen, die dort inhaftiert werden, ohne sich strafbar gemacht zu haben. "Man kann es nicht oft genug betonen", sagt auch Bulling-Schröter: "Die Menschen, die hier eingesperrt sind, sind keine Kriminellen. " Wer wegen strafrechtlich relevanter Vergehen belangt werde, komme in reguläre Justizvollzugsanstalten und nicht hierher. In der Abschiebehaft sind bekanntlich etwa Geflüchtete bis zu ihrer Zwangsausreise eingesperrt.

Bei ihrem Besuch im Gefängnis haben die Politikerinnen verzweifelte, traumatisierte Menschen getroffen, darunter zwei hochschwangere Frauen. Sie haben auch Männer gesprochen, deren Dokumente der ersten Durchsicht nach durchaus einen Aufenthaltsstatus zulassen würden, sagt Jelpke: "Es ist nur niemand da, der ihre Rechte vertritt. " Den von Alexander Dobrindt (CSU) geäußerten Vorwurf einer "Anti-Abschiebehaft-Industrie" halten sie für zynisch. Die aktuelle Politik der Regierungen in München und Berlin schüre Angst und Rassismus im Land und entspreche weder dem Grundgesetz noch der Genfer Flüchtlingskonvention.

Langfristig könne, so erklärt Eva-Maria Schreiber, die auch Sprecherin für Welternährungspolitik ihrer Partei ist, nur eine gerechtere Wirtschafts-, Handels- und Bildungspolitik dafür sorgen, dass die Menschen in ihren Herkunftsländern eine Zukunft haben. Bis dahin müsse Deutschland als eines der reichsten Länder der Welt durchaus in der Lage sein, die hierher Geflüchteten gut zu versorgen und zu intregrieren. Abschiebegefängnisse seien "eine Schande".