Eichstätt
Anekdoten, Erinnerungen, Mundart

Gerhard Julius Beck hat seinen zweiten Band mit "Eichstätter G'schichtn" veröffentlicht

01.06.2020 | Stand 02.12.2020, 11:15 Uhr
Gerhard Julius Beck, der "Blechplauderer", legt seinen vierten Band voll von weiß-blauem Humor und anekdotischem Lokalkolorit vor - das Buch "Eichstätter Gschicht'n (II)". Hier im Bild liest er noch Korrekturfahnen des Manuskripts. −Foto: Buckl

Eichstätt - Was kam auf den Tisch, wenn "Hafamo und a Wassaschnalzn" kredenzt wurden, wahlweise auch gern "Beinzla und Ranna"?

Worin bestand das Problem, wenn man "a Oisla" oder "Weiwala" hatte? Und welche Vergnügungen verbergen sich unter einer "Schwuzagäi" oder der "Rallarutsch"?

All das sind heute ausgestorbene Begriffe aus dem Eichstätter Dialekt, aber sie werden in dem Gedicht "Vo früas" wieder in Erinnerung gerufen. Es findet sich in dem Buch "Eichstätter Gschichtn", das Ende Mai erschienen ist. Verfasst wurde es von dem pensionierten Lehrer, Kapellmeister, Stadtrat, Musiker und vor allem "leidenschaftlichen Eichstätter" Gerhard Julius Beck, dem "Blechplauderer", der damit schon seinen vierten Band voll von weiß-blauem Humor und anekdotischem Lokalkolorit vorlegt.

Dieser enthält auf 124 Seiten rund sechs Dutzend Texte: Anekdoten, Erinnerungen, Listen, Portraits, auch einige in Mundart gereimte Strophen. Ihnen allen ist gemeinsam, dass sie das alte Eichstätt der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts porträtieren: mit Denkwürdigkeiten, Pointen, Gags, nicht zuletzt auch mit Lausbubenstreichen, die oft im lakonischen Ton erzählt werden.

Das Buch reiht sich, auch im Layout des weiß-blauen Rauten-Einbands, nahtlos an die drei Vorgängerbände, die "der Julius" inzwischen publiziert hat; im Titel-Medaillon findet sich wieder eine lavierte Federzeichnung des pensionierten Rebdorfer Kunsterziehers Otto Ziegler, diesmal von der Mariensäule auf dem Residenzplatz. Als Novum hat der Autor auch einige Wasserzeller Kindheitserinnerungen und Anekdoten mit aufgenommen, die sein enger Freund und einstiger Klassenkamerad Erich Anton Wagner beisteuert.

Waren Becks erste beide Bände "Lustige G'schichtn in Gedichtn" (2011) und "Nomoi Lustige G'schichtn in Gedichtn" (2013) noch ausschließlich in Versen abgefasst, so hatte der "Blechplauderer" 2018 Erinnerungen in Prosa publiziert und dabei manchen Figuren der Eichstätter Lokalgeschichte ein literarisches Denkmal gesetzt. Das führt der neue Band nun fort: So erinnert sich Gerhard Julius Beck in eigenen Kapiteln an den Komponisten und Kapellmeister Hans Lutz und den Textilkaufhaus-Besitzer Ludwig E. Dörfler, dem sich das Eichstätter Volksfest in seiner heutigen Form verdankt, an den Lehrer und Leserbriefschreiber Georg Babl und den "Muhackl", so der Spitzname des Musikerziehers Josef Schuster, an Musiklehrer Karl "Kare" Hornung und den Gastronomen Wilhelm Riederer, "da Helm".

Zu jedem von ihnen steuert der Autor pointenreiche Erinnerungen bei, die seine Leser lächeln lassen. So etwa im Fall von Georg Babl (1909-2001), der im Sommer "mit seinem wallenden weißen Haar, kurzer Hose, kurzärmligem Hemd, Umhängetasche und Spazierstock zum Eichstätter Stadtbild gehörte". Und genau in diesem Outfit hatte ihn Gerhard Julius Beck vor 40 Jahren beim BBC-Ball parodiert, bestens in Maske gesetzt als eine Figur, die "als Grantler und Meckerer kein gutes Haar an dem Schäfflertanz ließ", der im Jahr 1980 aufgeführt wurde. Die Parodie gelang so gut, dass ihn nicht wenige Ball-Besucher für den echten Babl hielten. Original und Mime lernten sich erst wenige Wochen später persönlich kennen, und Beck outete sich als Spieler dieser Rolle. Worauf Babl nach perplexer Pause hervorbrachte: "So, Sie waren das! Dafür müsste ich Sie auf der Stelle umbringen! "

Vom "Helm" weiß der Autor zu berichten, dass der legendäre "Krone"-Wirt, "wenn er schon mehrere Weizen verköstigt hatte", zum Ergötzen seiner Gäste vorführen konnte, wie man mit der bloßen Hand einen Nagel durch ein Brett haut. Vom "Schuasta Sepp" (1894-1964), dem Muhackl, kennt er dessen Lieblingsspruch und kann Folgendes berichten: "Wenn ein Schüler falsch gespielt oder was Falsches gesagt hat, gratulierte er dem zum Namenstag: Aba Herr Musikmeister, i hob doch heit gor net Namenstag! - Du hast jeden Tag Namenstag, weil da Hl. Blödian hat's ganze Jahr! "

An leicht anrüchige Begebenheiten erinnert das Buch ebenfalls, so in einem Kapitel, das davon erzählt, dass sich männliche Wiesenbesucher am alten Volksfestplatz (wo heute Boxerhalle und Schulzentrum Schottenau stehen) "zum Bierentleeren" am sogenannten Hetschergraben hinter der Wiesn postierten - was in Trockenzeiten "Urinaroma bis ins Zelt hinein ziehen ließ" und vom Volksfestausschuss daher unterbunden werden musste. Deshalb installierte man 1971 entlang dem Graben eine perforierte Wasserrohrleitung: "Wenn dann eine entleerende Männerschar dastand, drehte einer, der ständig auf der Lauer lag, den Hahn auf und alle, die grade dastanden, bekamen eine Dusche bis unter die Gürtellinie".

Leicht den Atem verschlagen lassen einen manche ziemlich heftigen Streiche, von denen der Autor zu berichten weiß - so etwa von der fast abgefackelten Oberrealschule kurz vor den Weihnachtsferien im Jahr 1961, oder einer Fahrt mit einem alten R4 über die Walburgistiege - wobei die Insassen das Lausbubenalter längst hinter sich hatten.

Anrührend sind die Geschichten vom Final-Sieg im "Spiel ohne Grenzen" im Jahr 1966, bei dem Helmut Hawlata und Josef Morzcinek zu Helden mutierten: Mit der Siegprämie wie auch mit dem Erlös aus einem philatelistischen Sensationsfund eines Sechserblocks der "Schwarzen Eins" im Rathaus konnte der Grundstock für den Bau des Eichstätter Freibads gelegt werden.

Die neuen "Eichstätter G'schichtn" sind in einer Auflage von rund 500 Exemplaren gedruckt worden. Man kann sie jetzt zu einem Preis von zehn Euro in Eichstätt bei "Tabak Stachel" und "Trachten Eichiner" erwerben oder beim Autor Gerhard Julius Beck telefonisch (unter 08421 4529) bestellen. Wie schon bisher stiftet der Autor zwei Euro vom Verkaufspreis für ein karitatives Projekt des Cartellverbands der katholischen deutschen Studentenverbindungen: den Bau einer Zisterne in Brasilien.

Bliebe noch nachzutragen: Wer die eingangs zitierten Eichstätter Dialekt-Begriffe nicht kennen sollte: Es handelt sich um Rohrnudeln und Brotsuppe ("Hafamo und Wassaschnalzn"), um Kartoffelnudeln und Rote Bete ("Beinzla und Ranna"), "a Oisla" ist eine Furunkel und ein "Weiwala" ein "Wehwechen", und man amüsierte sich mit einem Schaukelpferd ("Schwuzagäi") oder fuhr Roller ("Rallarutsch").

buk

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