Dietfurt
Von Schlägereien und einer Wildererplage

Dietfurter gehen mit Heimatpfleger Anton Zacherl auf Zeitreise durch das Jahr 1949 - Weitere Veranstaltungen geplant

14.11.2019 | Stand 23.09.2023, 9:28 Uhr
Mit alten Bildern wie von dem einer Fußballmannschaft weckte Heimatpfleger Anton Zacherl Erinnerungen. Horst Meier, obere Reihe zweiter von links, freute sich als Besucher der Veranstaltung, dass er nach Jahrzehnten mit seiner Mannschaft Eindruck machen konnte. Mit ernsten Mienen verkörperten die ehrbaren Handwerksmeister aus Dietfurt (unten) den Stolz auf ihre Zunft. −Foto: Götz (Repros)

Dietfurt (DK) Ein interessantes Porträt des öffentlichen Lebens, von Wirtschaft, Verkehrswesen, Sport und Gesellschaft in Dietfurt im Jahr 1949 ist Heimatpfleger Anton Zacherl gelungen.

Er schaffte es hervorragend, bei einem Vortrag die Zeit vor 70 Jahren wieder lebendig werden zu lassen. Mit ihm auf Zeitreise in die karge Nachkriegszeit machten sich auch die Ehrenbürger Max Bauer und Franz Kerschensteiner unter einer großen Menge von Zuhörern, die sich eifrig zu Wort meldeten, sehr beflissen die vorgestellten Fakten und Ereignisse ergänzten und lebhaft diskutierten.

Als Grundlage dienten Berichte der "Sulz-Altmühl-Umschau" aus dem städtischen Archiv, die Zacherl präsentierte. Dreimal wöchentlich erschien die Zeitung, deren Einzelausgabe 20 Pfennig kostete. Das Städtchen Dietfurt, in dem Johann Meister seit 1948 Bürgermeister war, hatte mit damals 1300 Einwohnern die Aufnahme von 490 Flüchtlingen zu bewältigen. Der Bau der Alois-Süß-Siedlung half, die drückende Wohnungsnot zu bekämpfen, Schrebergärten wurden für den Gemüseanbau ausgewiesen. Die Stadt war trotz erheblichen Waldbesitzes gerade ohne Bauholz und das Krankenhaus brauchte dringend Renovierung und neue Bettwäsche. Die Tarife beliefen sich im Einzelzimmer täglich auf sechs DM und für Kinder auf 2,50 DM. Zu Weihnachten gab es für die städtischen Bediensteten eine bescheidene Gratifikation.

Der erste Zug der Eisenbahn, die damals ihr 40-Jähriges in Dietfurt feierte, fuhr um vier Uhr morgens, die Fahrschüler starteten um 5.53 Uhr nach Neumarkt und kehrten nachmittags um drei zurück. Es gab auch Postlinien nach Parsberg und Riedenburg. Das Foto der damaligen Fußballmannschaft entfachte interessante Debatten um die einstigen Fußballstars der lokalen Szene, die auch im sportlichen Kampf auf dem Platz an der Hainsberger Straße zu sehen waren. Sogar der Nachbarort Mühlbach hatte damals mehrere Fußballmannschaften, die auf dem Platz, wo jetzt das Feuerwehrhaus entsteht, kickten. Der Vorstand holte die Spieler mit dem Motorrad zusammen, zu Auswärtsspielen ging es auf der Ladefläche des Lkw. Mit 1:3 unterlagen die Mühlbacher der Dietfurter Elf.

"Mit sofortiger Wirkung abgelassen", verkündete eine Überschrift das Ende des Ludwig-Donau-Main-Kanals. Wie mit dem "Dampfkran" das Motorschiff "Spessart" aus dem Kanalbett bei Greißlbach geborgen wurde, zeigte ein Foto. Eine riesige Liste verzeichnete die große Anzahl der Dietfurter Gewerbetreibenden, die sich teilweise bei einer Gewerbeschau im Oexl-Saal präsentierten. Beim Streifzug durch die Ausstellung schilderte der Reporter in blumenreicher Sprache die Vorzüge von "zwie- und driegenähten" Schuhen des Schuhmachermeisters, ein "entzückendes Kleid aus Rohseide" aus der Schneiderei, ein "elfenbeinfarbenes Küchenzimmer" vom Schreiner, Schmuck und Uhren des Uhrmachermeisters Theo Grau und das "süße Knusperhäuschen" von Konditormeister Hans Bayer. 4000 Besucher kamen zur Gewerbeschau, die nach der Meinung einer Ausstellerin "Freude unter den Leuten verbreitete". Auch von Schlägereien auf dem Tanzboden, "bei der der hiesige Landpolizeiposten eingriff", von schweren Motorradunfällen und einem Einbruch wurde berichtet, während "der Wachhund gerade bei der Schulung war".

Das "Überhandnehmen der Wildererplage" und "ein Wilderer, auf frischer Tat ertappt", standen in der Zeitung. "Ein unentwegter Badegast" frönte selbst im November seinen Neigungen in der Altmühl, ein Blasorchester wurde gegründet und in Wildenstein entstand ein "Verkaufshaus", an dessen Fläche von etwa zehn Quadratmetern sich ein Zuhörer erinnerte. Die Entlassung von Anton Schuderer aus Mallerstetten nach fünfjähriger Kriegsgefangenschaft kam als Freudenbotschaft. "1000 Seelen, verteilt auf 30 Dörfer! ", so war es um die evangelischen Christen bestellt. Interessant waren die Standesamtsnachrichten aus der Zeit, als es noch das schriftliche Aufgebot gab, das unter den Heiratswilligen korrekt auch eine "berufslose" Dame anführte. Sicher war es eine Sensation, als damals eine Mühlbacherin in Denver die Ehe schloss, worüber die Heimatzeitung berichtete.

Der Heimatpfleger erhielt viel Beifall für seinen "Test", mit dem er weitere entsprechende Veranstaltungen ankündigte. "Bald" Fortsetzungen folgen zu lassen, mahnte eine Zuhörerin in Anbetracht des fortgeschrittenen Lebensalters der Zeitzeugen an, die sich beim Verweilen in alten Zeiten sichtlich wohl gefühlt und bestens unterhalten hatten. Es erging wieder der Appell, entsprechende Fotos und Informationen dem Heimatpfleger zu überlassen.

Rosmarie Götz