Einblicke in eine geheimnisvolle Welt unter Tage

09.10.2020 | Stand 23.09.2023, 14:39 Uhr
Mit 10420 Metern ist die Mühlbachquellhöhle mit all ihren Gängen und Verzweigungen die sechstlängste in Deutschland. −Foto: Karstgruppe Mühlbach (Groß, Harnisch, Kühn)

Vor fast 20 Jahren entdeckt, ist die Mühlbachquellhöhle bis zum heutigen Tag eine geologische Sensation geblieben. In jedem Herbst lockt die Präsentation der jüngsten Forschungsergebnisse viele Neugierige zum Vortrag der Höhlenforscher. Wegen Corona müssen sie heuer verzichten. Dieter Gebelein, Vorsitzender der Karstgruppe Mühlbach, gibt dennoch einen Einblick in die verborgene Welt.

Mühlbach - Die Mühlbachquellhöhle ist ein Phänomen. Mit jedem Forschungsjahr zeigt sich umso mehr, wie einzigartig dieses gewaltige Höhlensystem tief unter der Hochfläche des Jura ist. "Erst im vergangenen Dezember haben wir wieder eine gewaltige Halle gefunden, die 120 Meter lang, 40 Meter breit und 25 Meter hoch ist und etwa 80 Meter unter der Erdoberfläche liegt. Der Entdecker hat dieser Halle den Namen Gigant gegeben", berichtet Dieter Gebelein als Vorsitzender der Karstgruppe Mühlbach noch immer sichtlich beeindruckt.

Dass auch diese gewaltige Halle mit Tropfsteinen übersät ist, erzählt er gerne. Sie ist eine der größten Naturhallen in Deutschland und man muss 300 Meter durch schlammigen Brei kriechen, um dort hinzukommen. Fast 20 Jahre lang sind die Forscher immer wieder mal einem Luftstrom gefolgt, der aus Ritzen und Verbrüchen zu spüren war. "Der erste von uns, der dann drin war, hat große Augen gekriegt. Er hat geglaubt, seine Taschenlampe wäre kaputt, weil der Lichtstrahl keine gegenüberliegende Wand fand", erzählt Gebelein. Seit dem Jahr 2001 sind die Mitglieder der Karstgruppe in dem Höhlensystem tätig, nachdem sie 1990 begonnen hatten, sich einen Zugang in diese unterirdische Welt zu graben.

Gebelein bedauert angesichts dieser atemberaubend neuen Erkenntnisse natürlich sehr, dass die geplante und schon traditionelle multimediale Präsentation der Forschungsergebnisse an der Kaminkehrerschule in Mühlbach heuer coronabedingt ausfallen muss. Zumal auch neue Ergebnisse zur Vermessung der Höhle vorliegen. "Die Höhle hat mit all ihren Gängen und Verzweigungen eine Gesamtlänge von 10420 Metern. Sie ist damit die sechstlängste Höhle in Deutschland und die drittlängste Höhle in Bayern", berichtet er nicht ohne Stolz über das Engagement der Höhlenforscher. Seine Kameraden scheuen in ihrem Forscherwillen dabei weder Kälte, Wasser und Schlamm noch enge Durchschlüpfe und Dunkelheit.

Die Höhle verzweigt sich schon bald nach der Quelle in einen Ost- und einen Nordgang mit zahlreichen Abzweigungen und Nischen. Immer wieder sind Passagen voller Wasser und müssen durchtaucht werden. Natürlich muss auch das gesamte Material, das sowohl für die Erforschung als auch für das Leben unter Tage gebraucht wird, in wasserdichten Behältern durch diese Siphons mühsam gebracht werden. Um auch mal länger bleiben zu können, haben sie sich im Ostgang ein Biwak samt Zelt und Schlafsäcken eingerichtet, die natürlich nach jeder Nutzung zum Trocknen wieder ans Tageslicht gebracht werden müssen. Sogar eine Telefon-Langwellenverbindung zur Außenwelt gibt es dort. Der Weg zu diesem Biwak führt durch acht wassergefüllte Siphons. "Wir bringen sogar unsere Fäkalien wieder zurück, das ist ja selbstverständlich", verrät der leidenschafliche Höhlenkundler.

Aktuell hat der Verein rund 50 Mitglieder, etwa 20 von ihnen sind aktiv in der Höhle tätig. "Abenteurer haben bei uns nichts verloren. Wir vermeiden bei unseren Forschungen jedes Risiko und Erfolge sind nur als Teamleistung möglich", betont Gebelein. Auf die Frage, ob die Höhlenforscher nach ihrer Arbeit in den dunklen engen Gängen und beim Robben durch niedrige Schlammlöcher nicht aussehen wie Wildsäue frisch aus einer Suhle muss er lachen. "Kurz vor dem Höhlenausgang ist der sogenannte Donnerdom. Dort gibt es einen Wasserfall, unter den wir uns stellen und der den gröbsten Schlamm wegwäscht. Das ist natürlich Luxus für uns", schmunzelt er und ignoriert dabei die Temperatur des eiskalten Wassers. Er gibt aber auch zu, dass er schon ein paar Jahre auf dem Buckel hat und manche Strapazen lieber den jüngeren Vereinsmitgliedern überlässt. Nichtsdestoweniger ist er nach wie vor mit Leidenschaft und voller Neugier an den Geschehnissen rund um die Höhle dabei.

"Der nächste Termin für unsere Präsentation an der Kaminkehrerschule steht schon fest, der Vortrag findet am 16. Oktober 2021 statt. Natürlich führen wir in der Zeit bis dahin auch unsere geführten Wanderungen oberhalb der Mühlbachquellhöhle - sozusagen über dem Verlauf der Höhlengänge - durch", beteuert Gebelein. Die Termine sind auf der Homepage der Stadt Dietfurt zu finden.

DK

Lorenz Erl