Altmühl-Jura
Weil's aus der Region am besten schmeckt

Konzept für eine Direktvermarkter-Plattform in der Altmühl-Jura-Gegend vorgestellt

13.01.2022 | Stand 22.09.2023, 23:14 Uhr
Erstklassige Produkte, bei denen man weiß, woher sie stammen - ein Segen. Um die Nahversorgung in der Altmühl-Jura-Region zu stärken und zukunftsfähig aufzustellen, wurde unter dem Titel "Regional Digital" ein Konzept für eine Online-Plattform samt Regionalladen erstellt. −Foto: Adam (Archiv)

Beilngries - Klassiker wie Wurst, Fleisch, Äpfel und Kartoffeln - aber auch Schokolade und Bauernhof-Eis. Die Altmühl-Jura-Region ist reich an erstklassigen Produkten aus heimischer Herstellung/Ernte. Und sie ist eine Gegend mit enorm viel Fläche. Wer als Verbraucher möglichst regional einkaufen möchte, "der ist schon mal einen halben Samstag unterwegs", wie es die Kindinger Bürgermeisterin Rita Böhm formuliert. Aber: Das könnte sich künftig ändern.

Helfen soll eine digitale Plattform, auf der sich Erzeuger aus der ganzen Region gebündelt präsentieren - und die gleich noch mit einer Verteil-Logistik versehen wird, um die Produkte möglichst nah an den Verbraucher zu bringen.

Das klingt gar nicht so schwer. Auf dem Papier. Aber wer sich eingehender mit der Thematik beschäftigt, der stößt rasch auf eine ganze Reihe an Voraussetzungen, die passen müssen. Und genau diese thematische Grundlagenarbeit ist für die Altmühl-Jura-Region in den vergangenen Monaten erfolgt. Das entwickelte Konzept haben die Beteiligten am Mittwochabend bei einer Online-Veranstaltung knapp 50 Zuhörern präsentiert. Für Bürgermeister und Direktvermarkter hatte es bereits eigene Vorstellungen gegeben.

Möglich wurde die Konzeptarbeit durch ein Förderprojekt des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft. Die Altmühl-Jura-Region kam als eine von zwei Modell-Gegenden in Bayern zum Zuge. Offizieller Projektträger war die Gemeinde Kinding, die Fäden liefen im LAG-Management von Altmühl-Jura zusammen, mit Cima holte man sich ein Beratungsbüro mit ins Boot, auch das Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten war beteiligt - und aus diesen Reihen wurde eine eigene Arbeitsgruppe gebildet. Der Titel des Projekts: "Altmühl-Jura - Regional Digital".

Großes Potenzial in der Region ermittelt

Über allem standen die beiden aufeinander aufbauenden Fragen: Kann ein solches digitales Regionalvermarktungs-Konzept funktionieren? Und falls ja - unter welchen Bedingungen? Die Bürger wurden befragt, es gab Gespräche und einen Workshop mit interessierten Erzeugern aus der Region, immer wieder tagte die Arbeitsgruppe. Und dabei habe sich mehr und mehr die Einschätzung verfestigt: Ja, es gibt in der Region großes Potenzial für ein solches Projekt. Mehr als 100 Erzeuger produzieren verschiedenste Waren, wie am Mittwochabend aufgezeigt wurde. Und bei den Verbrauchern gibt es den klaren Wunsch, in Zukunft noch regionaler und gerne auch auf digitalem Wege einzukaufen.

Wie genau die Ergebnisse der Konzeptarbeit aussehen und was als Nächstes geschehen soll, das erläuterten am Mittwoch Rita Böhm, Altmühl-Jura-Vorsitzender Andreas Brigl, LAG-Managerin Lena Oginski und Vertreter des Planungsbüros Cima. Man stellt sich folgendes Modell vor: Es soll ein gemeinsamer Internet-Auftritt eingerichtet werden, mit dem sich Produzenten aus der Region in kompakter Form ihren Kunden präsentieren. Diese Plattform sollte ein Einkaufssystem enthalten, mit dem der Verbraucher seinen individuellen Warenkorb bestücken kann - von Honig über frisch geschlachtetes Geflügel bis zum Bauernbrot. Die Bestellungen gehen an die Erzeuger, die beliefern (vorerst) einmal pro Woche ein Lager- und Verteilzentrum - und dort erfolgen sowohl Abholung/Einkauf durch die Verbraucher als auch Weiterverteilung an Abholstationen in der Region (siehe eigenen Artikel). Vorgesehen wäre, das Projekt so aufzustellen, dass die beiden Bestandteile aus wirtschaftlicher Sicht zur Not auch unabhängig voneinander funktionieren könnten: die zentrale Regionalstation, an der eben nicht nur gelagert, sondern auch vermarktet werden soll und an der ein Regionalcafé denkbar wäre - und die Verteil-Logistik mit den Abholstationen.

Die entscheidende Frage wird nun sein: Wer soll bei einem solchen Projekt als Betreiber auftreten? Vorschlag für einen Organisationsaufbau wäre eine Besitzgesellschaft - und zwar mit einer Trägerstruktur als genossenschaftlich organisierte Öffentlich-Private Partnerschaft. Es müssten Investitionen getätigt werden; etwa 70000 Euro für die Online-Plattform, 80000 Euro für ein Verteilsystem (mit eigenem Fahrzeug) und der bisherigen Planung zufolge 765000 Euro für besagten zentralen Regionalladen. Notwendiges Mindest-Eigenkapital wären 200000 Euro.

Gründungsversammlung im ersten Halbjahr geplant

Nächstes Ziel ist nun der Eintritt in die Gründungsphase. Dazu soll in einigen Wochen ein erster Termin zur Klärung organisatorischer Fragen stattfinden. Interessenten - ob nun an einer reinen Beteiligung an der regionalen Plattform oder am Betreiber-Gründungsprozess - können sich über www.altmuehl-jura.de anmelden. Bei günstigem Verlauf würde im ersten Halbjahr 2022 die Gründungsversammlung erfolgen. Fördermöglichkeiten für die Umsetzung werden bei den jeweiligen Projektmodulen geprüft.

Brigl wünschte allen Beteiligten den "Mut", diesen Weg zu beschreiten - "für eine noch bessere und konzentriertere Nahversorgung" als Ergänzung zum klassischen Versorgungseinkauf, abzielend auf die brandaktuellen Themen: "Herkunft, Tierwohl, Ökologie, Nachhaltigkeit." Das Vorhaben biete Chancen sowohl für den Verbraucher als auch für die Erzeuger regionaler Produkte. Klar sei aber: "Es muss sich langfristig auch wirtschaftlich tragen." Man habe nun den Motor gestartet, allerdings bedürfe es noch so mancher Handgriffe und vor allem engagierter Akteure, um den Wagen tatsächlich gut ins Rollen zu bringen.

In eine ähnliche Kerbe schlug Rita Böhm. Es handle sich nicht um ein fertiges, unumstößliches Konzept - sondern um eine Grundlage mit Handlungsmöglichkeiten, die letztlich von all denjenigen mit Leben erfüllt werden müsse, die das Projekt umsetzen möchten.

KINDING ALS ZENTRALER ORT ANGEDACHT

Das Konzept "Altmühl-Jura - Regional Digital" enthält bereits ganz konkrete Vorschläge, wie sich das logistische Netz für eine Direktvermarktungs-Plattform zusammenfügen sollte. Eine zentrale Rolle spielt dabei Kinding. Das Lager- und Verteilzentrum, kombiniert mit einem Regionalladen sowie einem Café, stellen sich die an der Planung beteiligten Akteure nämlich dort vor. Im Auge hätte man das Areal des "Alten Bahnhofs", für das vor einiger Zeit bereits eine Machbarkeitsstudie zur künftigen Nutzung angefertigt wurde (wir berichteten).

Dieser Standort hätte diverse Vorteile, wie bei der Online-Veranstaltung am Mittwochabend erläutert wurde: recht zentral gelegen im Altmühl-Jura-Gebiet, nah an der Autobahn und direkt neben dem Regionalbahnhof. Wie Rita Böhm, Kindings Bürgermeisterin, den Zuhörern sagte, sei ihrem Marktrat sehr daran gelegen, das in Besitz der Gemeinde befindliche Grundstück für die Region gewinnbringend zu nutzen. Einen Autohof oder Ähnliches wolle man nicht. Der zentrale Ort des Direktvermarkter-Vorhabens könne gut in die Gesamtplanung für das Areal des ehemaligen Bahnhofs passen, zu der auch die Bewerbung als Standort für ein weiteres Naturpark-Informationszentrum gehört.

Wie zur "Regional Digital"-Logistik zudem zu erfahren war, soll es neben einem solchen Lagerzentrum samt Regionalladen mehrere Abholstationen geben, die sich über die Region verteilen. Vorgesehene Standorte sind Beilngries, Berching, Dietfurt, Altmannstein, Mindelstetten, Denkendorf und Walting - vorerst, wie auf Nachfrage betont wurde. Natürlich könne ein solches Projekt mit der Zeit wachsen. Und wie hätte man sich eine solche Abholstation vorzustellen? Laut den Planern sind mehrere Varianten denkbar - von Abholboxen, die auf der "grünen Wiese" errichtet werden und vom Verbraucher per App mit einem persönlichen Code zu öffnen sind, bis zum "Andocken" an einen bestehenden (Hof-)Laden. Zu Letzterem gelte ganz allgemein: Bestehende Strukturen und Angebote sollen nicht geschwächt werden.

DK

Fabian Rieger