Hohe Qualität und ungeheure Stabilität

07.01.2011 | Stand 03.12.2020, 3:17 Uhr

Beilngries/Hirschberg (exa) "Auf Anregung einiger hiesiger Gesangsfreunde versammelten sich am 5. Februar 1861 im Gasthause des H. Anton Funk mehrere hiesige Sänger. Von dieser Anzahl Sänger wurde der einstimmige Beschluss gefaßt, einen Verein dahier zu gründen, unter dem Namen: Männer-Gesang-Verein.

Es wurden Statuten beraten, solche entworfen, und das Entstehen des Vereins unterm 21sten Februar 1861 dem hierortigen Stadtmagistrat angezeigt." Mit diesen Sätzen beginnt vor 150 Jahren die Chronik des Männergesangvereins 1861 Beilngries. Der Schriftführer des MGV, Alexander Schmidt, schilderte beim Jahresempfang des Jubelverein anlässlich seines 150-jährigen Bestehens (wir berichteten) Highlights in der Geschichte des Traditionsvereins

Stolz waren die Herren, als man schon nach wenigen Monaten dem Eichstätter Bischof Georg von Oettl auf Schloss Hirschberg vorsingen durfte. Doch der junge Verein musste schon ganz zu Beginn eine Existenz bedrohende Krise überstehen. In der Chronik steht zu lesen "In das Jahr 1863 fielen bedauerliche Ereignisse, welche selbst dem Bestehen des Vereins gefährlich geworden sind. Am 29 Dezember 1861 waren abweichend von den Statuten Mitglieder in den Verein durch Acclamation aufgenommen worden, von denen einige nicht das rechte Herz und den rechten Geist, wie sie ein Vereinsmitglied, um in Liebe für den Verein zu erwärmen, besitzen soll, in den schönen Verband mitgebracht. Mehr als auf die edle Gesangeskunst und auf die gegenseitige Bruderliebe wurde auf Äußerlichkeiten die Aufmerksamkeit gewendet und Feindseligkeiten und Verfolgungen griffen Platz und die nächste Folge war der Austritt vieler und die theilweise Verstimmung mancher zurückgebliebener Mitglieder." Was war geschehen? Die Ausgetretenen waren allesamt Honoratioren der Stadt. Offensichtlich hatte man anfangs versucht, das Renommee des Vereins durch entsprechende Mitglieder aufzuwerten und gleichzeitig sah die Spitze der Beilngrieser Gesellschaft selbst in dem neu gegründeten Verein eine willkommene gesellschaftliche Plattform. Nach dieser Bereinigung muss sich das Selbstverständnis des Vereins grundlegend gewandelt haben.

Paten aus Neumarkt

Der Verein blühte in der Folgezeit auf und pflegte ein reiches gesellschaftliches Leben mit "Gesangesproductionen" (Konzerten), Ausflügen und vereinsinternen Feiern. Auch übernahm man im Laufe der Jahre die Patenschaft für vier Gesangvereine in der Umgebung: den Liederkranz Kipfenberg (1924), den Männergesangverein Berching (1927), den Gesang- und Musikverein Dietfurt (1952) und den Männergesangverein Enkering (1956). Der MGV 1861 war auch selbst Patenkind. Allerdings musste der MGV zunächst ohne Paten aufwachsen. Erst im Jahre 1936, anlässlich des 75-jährigen Bestehens, trat der Männergesangverein 1860 Neumarkt die Patenstelle beim Beilngrieser Gesangverein an. Der Patenverein existiert heute nicht mehr.

Schwierige Zeiten in der Vereinsgeschichte waren die Weltkriege, die Inflationszeit und die NS-Zeit. Schon während des Ersten Weltkriegs kam das Vereinsleben zum Erliegen. Die Inflationszeit machte dem gesamten gesellschaftlichen Leben in Deutschland schwer zu schaffen, so auch dem MGV 1861. Mit der NS-Zeit verlor der Verein seine Unabhängigkeit, indem man ihn anwies, keinen Vorstand mehr zu wählen. Stattdessen wurde im Zuge der "Gleichschaltung" von einer "Bundesführung" ein "Vereinsführer" bestimmt, der seine Vorstandsmitglieder zu ernennen hatte. Somit war eine durchgängige Befehlskette von der Reichsregierung bis hinunter in jeden kleinen Verein eingerichtet. Doch mit Kriegsbeginn löste sich der MGV 1861 faktisch auf. In der Chronik reißen 1938 die Aufzeichnungen einfach ab.

Reiches Repertoire

Erst über zehn Jahre später, am 9. März 1949, gründeten ehemalige Sänger den Verein neu. Eine Blütezeit begann, die bei der 100-Jahr-Feier im Jahre 1961 einen Höhepunkt hatte. Über 500 Sänger strömten in die Altmühlstadt, um den MGV 1861 zu feiern. Ein Festzelt wurde errichtet und für einen Festzug war die Stadt mit Blumen, Fahnen und Sängersprüchen geschmückt. Die immensen Anstrengungen, die der Verein für dieses Jubiläum schulterte, forderten ihren Tribut. Offensichtlich waren viele Sänger regelrecht ausgelaugt, denn in den Folgejahren beklagte Dirigent Hans Bock vehement eine große Probenmüdigkeit: "Was wollen wir tun? So weiter machen wie bisher? Wenn, ja, dann können wir heute sogleich den MGV liquidieren." Anzumerken ist, dass sich diese Krise vor allem auf musikalischer, weniger auf gesellschaftlicher Ebene bemerkbar machte.

Doch auch musikalisch hat sich der Verein wieder erholt. Großes Verdienst in der musikalischen Modernisierung erwarb sich Josef Celler, Chorleiter von 1970 bis 1992. Wurde noch bis 1974 regelmäßig die "Treue zum deutschen Lied" beschworen, führte Celler Lieder aus anderen Kulturkreisen ein, die auch fremdsprachlich gesungen wurden, so in Englisch, Italienisch, Russisch, Serbokroatisch, Französisch und Ladinisch.

Der 5. August 1992 dürfte jener Tag sein, an dem der heutige Chorleiter Alois Vieracker zum ersten Mal den Taktstock beim MGV 1861 schwang. Die seitdem vergangenen Jahre sind geprägt von hoher Qualität, reichem Vereinsleben und einer ungeheuren Stabilität. Im Jubiläumsjahr kann man also stolz feiern.