Wolfsbuch
Das Geheimnis der Baumringe

Glockenstuhl der Wolfsbucher Kirche: Untersuchungen liefern neue Informationen zur Geschichte

05.07.2018 | Stand 23.09.2023, 3:52 Uhr
Einblick in die Geschichte: 374 Jahre alt ist eine der Eichenschwellen des Glockenstuhls in der Wolfsbucher Pfarrkirche. Zu diesem Ergebnis ist eine dendrochronologische Untersuchung gekommen, wie jetzt mitgeteilt wurde. Der letzte Jahrring des Eichenbalkens deutet auf das Jahr 1644 hin. −Foto: Foto: Patzelt (Archiv)

Wolfsbuch (DK) Die Schwelle eins des Glockenstuhls der Wolfsbucher Pfarrkirche St. Andreas stammt aus der Zeit des Dreißigjährigen Krieges. Zu diesem überraschenden Ergebnis ist man bei einer dendrochronologischen Untersuchung gekommen. Der letzte Jahrring des schweren Eichenbalkens weist auf das Jahr 1644 hin.

Die Ausführung der Untersuchung erfolgte durch den Diplom-Ingenieur Hans Ertlmeier aus Siegenburg. Auftraggeber war die Wolfsbucher Kirchenverwaltung. Als Quellen dienten Ertlmeier Probenentnahmen und archivalische Belege des Regensburger Diözesanarchitekten Günther Augsburger. Am Glockenstuhl wurden an fünf verschiedenen Stellen Proben entnommen sowie Alternativproben an den Geschoss-Deckenbalken. Vergleichsproben zur Absicherung der Ergebnisse gingen an das Dendrolabor der Universität Bamberg zu Händen des Diplom-Holzwirts Thomas Eißing.

Aufgrund des gewonnenen Probematerials ließen sich so einige Aussagen treffen. Die Schwelle eins des Glockenstuhls weist 184 Jahrringe auf, was auf das Jahr 1644 schließen lässt. Die Eichenschwelle fällt also in die Zeit des Dreißigjährigen Krieges, der auch in unserem Raum von 1618 bis 1648 mit voller Härte wütete und so manches Dorf dem Erdboden gleichmachte. An der Stütze zwei des Glockenstuhls, der vor Kurzem umfangreich renoviert wurde, konnten die Experten 148 Jahresringe zählen. Die Eichenstütze dürfte also um das Jahr 1677 eingesetzt worden sein. "Das Eichenholz für die Schwelle drei des Glockenstuhls ist wohl im Winter 1677/1678 und für die Stütze eins im Winter 1680/1681 geschlagen worden", stellte Ertlmeier fest. Der letzte Jahrring der Schwelle zwei des Glockenstuhls ist 1674 gewachsen - das Holz weist insgesamt 184 Ringe mit elf Splint auf. Als Splintholz wird das junge, aktive Holz im Baumstamm bezeichnet. Im höheren Alter verwandelt sich das Splintholz bei vielen Baumarten in Kernholz. Die Geschoss-Deckenbalken sind aus Fichtenholz und stammen aus der Zeit um 1883.

Aufgrund der hohen Sicherheit der Proben kann ein Erstellen des Glockenstuhls in der Zeit kurz nach 1681 angenommen werden. Die Errichtung der eichenen Aufhängung der Stimmen Gottes fällt demnach in die frühbarocke Kirchenbauphase um das Jahr 1700. "Nachdem es in dieser Zeit üblich war, geschlagene Hölzer binnen zwei Jahren zu verarbeiten, könnte man den Kirchenbau nun genauer in die Zeitspanne zwischen 1680 und 1700 einordnen. Einen Glockenstuhl zu installieren, gehört eher zu den letzten Arbeiten bei einem Kirchenbau", so der Experte.

Die Baumstämme für die Konstruktion stammen aus Fällungen von deutlich mehr als 150 Jahre alten Eichen. Die Fachleute nehmen sogar ein Alter von 200 Jahren an. "Ein Stamm liegt noch drüber", erläuterte Ertlmeier.

Auch eine Wertung der Geschossebene wurde vorgenommen. Nachdem ein Deckenbalken aus Fichte eindeutig datierbar ist, kann davon ausgegangen werden, dass man kurz nach 1883 im Zusammenhang mit der Turmerhöhung und Anschaffung einer neuen Glocke auch den Glockenstuhl ohne eigene Veränderung nach oben verfrachtet hat.

Wer den Glockenstuhl der Wolfsbucher Pfarrkirche besichtigen möchte, hat dazu am Sonntag, 22. Juli, die Gelegenheit. Im Rahmen des Pfarrfestes bietet Christian Deisenrieder vom ausführenden Zimmereiunternehmen eine Turmführung an. Alle Interessenten treffen sich dazu um 14 Uhr am Pfarrhof. Deisenrieder teilt dann die einzelnen Gruppen für die Besichtigung des Turminnenlebens ein.

Anton Patzelt