Beilngries
Zwischen Sicherheit und Einsamkeit

Insbesondere die Senioren müssen in Corona-Zeiten Entbehrungen ertragen - Erste Angebote wieder gestartet

24.06.2020 | Stand 02.12.2020, 11:06 Uhr
Spaß an der Gemeinschaft: Viele Beilngrieser sind froh, dass das BRK-Seniorenturnen nach der Corona-Zwangspause wieder angeboten werden kann. Vor allem die älteren Mitbürger hatten - und haben vielfach immer noch ? sehr unter den fehlenden Kontakten zu leiden. −Foto: Adam

Beilngries - Dass gerade ältere Mitbürger vor dem Coronavirus geschützt werden sollten, gemeinsam mit Menschen, die bereits Vorerkrankungen haben, als die lange Zeit der Kontaktbeschränkungen begann Mitte März, ist bekannt.

 

Schnell gab es in Beilngries Hilfsgruppen und Einzelpersonen, die für Senioren Einkaufsdienste oder ihre Unterstützung anboten. Die Senioren sollten möglichst zu Hause bleiben, geschützt in den eigenen vier Wänden. Diesem Schutz auf der einen Seite stand die Einsamkeit auf der anderen gegenüber. Keine Nachbarn, keine Freunde, nicht einmal Enkel oder Familie sollten zu Besuch kommen. Zur eigenen Sicherheit, natürlich. Einfach fiel das allerdings nicht immer. Die Freude darüber, dass nun wieder die ersten Aktivitäten für die Senioren beginnen, ist entsprechend groß.

"Es gab Tage, da habe ich mich schon sehr eingesperrt gefühlt. Die Kinder brachten mir zwar die Einkäufe, aber eben nur bis zur Türe. Alles, was ich für heuer geplant hatte, Kurzurlaube, Konzerte, Radtouren, einfach Unternehmungen mit meinen vielen Bekannten, die immer selbstverständlich waren, fielen plötzlich weg. Da merkt man erst, wie alleine man sein kann, wenn man alleine lebt", erzählt eine Beilngrieser Seniorin. Viel telefoniert habe sie, das schon. "Aber ab und zu wurde ich melancholisch, manchmal richtig böse. Auch wenn man froh sein musste, dass es uns ja doch gut ging, ich war ab und zu richtig sauer auf dieses Coronazeugs", sagt sie.

 

Wie ihr ging es vielen Senioren, die alleine leben, das weiß Maria Ramersdorfer vom BRK, die wöchentlich Turnstunden für die Bewohner des Betreuten Wohnens des BRK und für Senioren anbietet. "Ich wurde öfter gefragt, wann es denn endlich wieder losgeht. Meine Senioren haben wirklich darauf gewartet", sagt sie. Deshalb hat sie nun, gleich als es wieder erlaubt war, auch sofort mit den Stunden begonnen. "Ich dachte, ich biete es halt mal an. Letztendlich ist es dann jedem selber überlassen, wie vorsichtig er agieren möchte. " Der Zulauf bestätigt: Alle sind froh, dass sie sich wieder treffen dürfen, wenn auch unter erschwerten Bedingungen. "Meine größte Angst ist ja, dass ich selber unbemerkt das Virus in die Gruppen bringen könnte. Deshalb trage ich wirklich von Anfang bis Ende eine Mund-Nase-Maske und achte penibel auf alle Hygienevorschriften", sagt Ramersdorfer. Im Pfarrheim lüftet sie schon, ehe die ersten Turnerinnen kommen, lässt das Fenster auch während der Stunde für viel frische Luft offen. Die Teilnehmer dürfen nur mit Maske in die Halle, erst im Sitzkreis auf den Stühlen, die Ramersdorfer alle penibel desinfiziert, dürfen die Masken für die Übungen abgenommen werden. "Ich achte natürlich darauf, dass die Stühle entsprechend weit auseinanderstehen und die Teilnehmer Abstand halten", betont die Übungsleiterin. Wenn das Wetter es erlaubt, verlegt sie die Turnstunde ins Freie. "Wir treffen uns am Pfarrheim und fahren dann zum Trimm-Dich-Pfad", sagt Ramersdorfer.

Marianne Schmidt, die Seniorenbeauftragte der Stadt Beilngries, ist noch zurückhaltend, was Aktivitäten für die Senioren der Großgemeinde betrifft. Derzeit will sie noch keine Busfahrten oder Ausflüge planen und auch für den Rest des Jahres sieht sie wenig Möglichkeiten. "Wir können nicht wie sonst 50 Personen in einen Bus setzen. Mit wenigen Teilnehmern aber kann ich die Kosten für die Fahrten nicht decken", bedauert sie. Dazu käme, dass sie die Gesundheit über alles stelle, sie niemanden gefährden wolle, was bei Senioren besonders wichtig sei. "Es kann immer etwas sein und wenn in einem Bus dann auch nur eine Person erkrankt ist und alle anderen ansteckt, wäre das eine Katastrophe. " Die im Sommer übliche Wassergymnastik mit Centa Schröder pausiert deshalb, genauso der regelmäßige gemeinsame Kegelnachmittag. Ob sie bald vielleicht Wanderungen anbieten kann, bezweifelt Schmidt noch. "Ich hoffe natürlich, dass wir langsam wieder anfangen können. Aber gerade beim Wandern wollen sich die Senioren doch unterhalten und nicht auf Abstand ohne Ratschen alleine laufen. Das klappt nicht. Genauso, wenn wir in eine Gaststätte gehen und dann mit viel Abstand an Tischen sitzen, das macht doch keinen Spaß. Manche hören nicht mehr so gut, das ist mit Maske ein Problem. Und so gibt es eben vieles zu bedenken", sagt Schmidt. Während der strengen Kontaktbeschränkung habe sie gern ihre Hilfe angeboten, telefoniert, wenn sie dachte, jemand wäre alleine. "Aber die Leute sind aus meiner Sicht recht zufrieden. Sie jammern nicht viel, gehen halt mal alleine spazieren oder wenn möglich in den Garten. " 2020 sei ein hartes Jahr für alle, "aber da müssen wir jetzt eben durch".

Im Schaukasten des Treffs habe sie ein Gedicht aufgehängt, das ihr aus dem Herzen spreche und in dem es sinngemäß heißt: "Nicht alles ist abgesagt. . . Liebe ist nicht abgesagt, Zuwendung, Beziehungen, Lesen, Musik, alles ist nicht abgesagt, auch nicht Freundlichkeit, Phantasie Gespräche, Hoffnung und Beten. " So gesehen müsse man sich nur auf das Wesentliche konzentrieren, um glücklich auch diese Zeit zu überstehen.

DK