Beilngries
Beilngries zu Zeiten der Jäger und Sammler

Ein Zwischenbericht unterstreicht die Bedeutung der archäologischen Funde an der Sandstraße

26.10.2020 | Stand 23.09.2023, 15:01 Uhr
  −Foto: Pro Arch/F. Rieger (Archiv)

Beilngries - Archäologische Funde sind häufig, wenn in Beilngries Bauvorhaben in Angriff genommen werden.

Was bei der Verlängerung der Sandstraße im Zuge des Umgehungsstraßenbaus zutage trat, ging aber weit über das gewöhnliche Maß hinaus. Wie bereits mehrfach berichtet, bot sich den Fachleuten dabei ein Einblick in die Menschheitsgeschichte, der sage und schreibe annähernd 13000 Jahre zurückgereicht haben dürfte. Als unsere Zeitung damals vom Landesamt für Denkmalpflege die ersten Ergebnisse gemeldet bekommen hatte, wurde darauf verwiesen, dass die Untersuchungen und Auswertungen noch einige Zeit andauern werden. Auf neuerliche DK-Anfrage wurde auf einen Zwischenbericht verwiesen, der jüngst in der Reihe "Das Archäologische Jahr in Bayern" erschienen ist. Die Verfasser sind Vera Planert und Jan Weinig - und der Artikel bestätigt die außerordentlich Bedeutung der Funde, die bekanntermaßen den städtischen Zeitplan für diese Baustelle ordentlich durcheinandergewirbelt hatten.

Die erste Besonderheit dieser Grabungen ist die schiere Masse an Funden, die gemacht wurden. In dem Bericht ist von mehr als 2800 Funden die Rede, wenn es allein um die dinglichen Artefakte geht. Dass die Mitarbeiter des archäologischen Grabungsteams über Wochen an der Baustelle waren und die Auswertung nun bereits seit über einem Jahr läuft, mag vor diesem Hintergrund kaum noch überraschen.

Was wurde nun aber eigentlich gefunden am westlichen Rande des heutigen Beilngries? Die weitreichendsten Rückschlüsse lassen die Werkzeuge beziehungsweise Werkzeugsplitter zu, die bei den Grabungen zutage gefördert wurden. Es handelt sich um verschiedene Elemente aus Feuerstein. An den Funden ließ sich laut dem Bericht sogar nachweisen, dass die als Grundmaterial verwendeten Steine teilweise erhitzt wurden - vermutlich, um bessere Schlageigenschaften zu erzielen oder aber die Farbe zu verändern. Zeitlich werden die Funde in eine Phase der Menschheitsgeschichte verortet, die aus heutiger Sicht gedanklich kaum noch greifbar ist. Man schließt aus diversen Merkmalen, dass diese sogenannten Mikrolithen dem Präboreal (ab 9600 vor Christus) bis hin zum frühen Boreal (ab 8700 vor Christus) zuzuordnen sind. Die Freilandstation in dieser Gegend soll sogar schon ab der Jüngeren Dryaszeit (10730 bis 9700 vor Christus) von Jägern und Sammlern genutzt worden sein, so die Erkenntnis. Zusammengefasst bedeutet das: Die archäologischen Funde in der Verlängerung der Sandstraße zeigen auf, dass sich hier schon vor deutlich mehr als 10000 Jahren Menschen vorübergehend niedergelassen haben, um von hier aus zu jagen und Vorräte zu sammeln.

Tausende Jahre später - aber aus heutiger Sicht immer noch weit in der Vergangenheit - wurden in dieser Gegend auch nachweislich Menschen sesshaft. Dies ging dann weit über eine vorübergehende Jagdstation hinaus. Auch dieser Teil der Beilngrieser Geschichte lässt sich anhand der Sandstraßengrabungen nachvollziehen. Etwa 650 Erdbefunde wurden registriert. Überwiegend handelt es sich dabei laut dem Bericht um "metallzeitliche Pfostenlöcher, Gruben, einige Gräben und ein Grubenhaus". Man geht davon aus, dass sich hier etwa um die Zeit 1050 bis 600 vor Christus eine "ausgedehnte Siedlung mit Holzpfostenbauten" befand. Auch die Kelten hätten von 450 bis 50 vor Christus ihre Spuren in diesem Bereich hinterlassen. Und zu all diesen Phasen der Siedlungsgeschichte ließen sich nicht nur Gruben und Pfosten nachweisen, sondern auch dingliche Funde registrieren - laut den beiden Autoren des Fachberichts "insbesondere charakteristisch geformte, verzierte und somit datierbare Scherben". Man könne die Siedlungstätigkeiten dadurch schwerpunktmäßig in der jüngeren Bronze- und älteren Eisenzeit verorten. Zu Tage traten zum Beispiel Gefäße wie Schalen und Töpfe. Besonders hervorgehoben werden von den Fachleuten "eine fragmentarische pferdegestaltige Tierfigur", ein "doppelkonischer Spinnwirtel" und "ein möglicher Stempel zum Auftragen von Farbe beziehungsweise genormten Zeichen".

Und es wurde noch mehr gefunden, zum Beispiel Nadeln und Ringschmuck der Urnenfelder- und Hallstattzeit (etwa 1300 bis 600 vor Christus). Außerdem konnten Einzelfunde noch in weitere Epochen verortet werden, sodass insgesamt ein sehr komplettes Spektrum an Erkenntnissen rund um eine ausgeprägte Siedlungskultur auf diesem Areal vorliegt.

Abgeschlossen sind die Untersuchungen und Auswertungen im Übrigen noch nicht. Unter anderem wird in dem Bericht mehrfach darauf verwiesen, dass einzelne Feststellungen mit Funden aus der erweiterten Region verglichen werden sollen. "Die vollständige Auswertung der mesolithischen und jungpaläolithischen Steinartefakte wird allerdings noch einige Zeit in Anspruch nehmen und voraussichtlich in der Reihe ,Berichte der Bayerischen Bodendenkmalpflege' in ein oder zwei Jahren veröffentlicht", teilt das Bayerische Landesamt für Denkmalpflege mit.

DK

Fabian Rieger