Appertshofen
Zwölf Jahre später

Bahn baut 2018 hochabsorbierende Aufsatzelemente auf mangelhafte Lärmschutzwand bei Appertshofen

19.12.2017 | Stand 02.12.2020, 17:03 Uhr
Große Lärmquellen sind die ICE-Trasse sowie die Autobahn, die an Appertshofen (im Hintergrund) vorbeiführen. Die zwei Meter hohe, mangelhafte Lärmschutzwand direkt neben den Gleisen soll nun um 50 Zentimeter hohe Schallschutzelemente erhöht werden. Die Gemeinde Stammham kämpft seit vielen Jahren um diese Maßnahme. −Foto: Stephan

Appertshofen (DK) Lärmgeplagte Appertshofener können im Frühjahr 2018 wohl aufatmen: Nach jahrelanger Diskussion mit der Deutschen Bahn wird die mangelhafte Lärmschutzwand entlang der ICE-Trasse bald mit weiteren Schallschutzelementen versehen, wie der Stammhamer Bürgermeister mitteilt.

Hans Meier ist die Erleichterung über das voraussichtliche Ende der ständigen Debatten anzumerken. Seit fast zwölf Jahren - seit der Inbetriebnahme der Strecke zwischen Nürnberg und Ingolstadt 2006 - bemüht sich die Gemeinde um eine Minderung des Zuglärms bei Appertshofen. Nun hofft der Bürgermeister "inständig", dass die Maßnahme Erfolg bringt. "Das wäre eine große Genugtuung", sagt er.

Ein Blick zurück: Als die Deutsche Bahn die ICE-Trasse samt Lärmschutzwand bei Appertshofen baut, geht so einiges schief. "Warum das so war, kann ich heute nicht mehr nachvollziehen", sagt ein Bahn-Sprecher auf Nachfrage unserer Zeitung. Jedenfalls sei die 600 Meter lange Wand entlang des Stammhamer Ortsteils aus reinem Beton gebaut worden, während an der restlichen Strecke Mauern mit Lochstruktur verwendet worden seien. Letztere seien so konzipiert, dass die erforderlichen Grenzwerte zum Schallschutz eingehalten werden können. Mit der glatten Betonwand - die laut Planfeststellungsbeschluss eigentlich "hochabsorbierend" sein müsste, so der Bahnsprecher - würden diese Werte aber geringfügig überschritten.

"Das Konzept wird in Deutschland erst einmal als Einzelfall realisiert."

Sprecher der Deutschen Bahn

 

Bürgermeister Meier spricht von einer "kompletten Fehlkonstruktion, für uns unverständlich". Vor allem bei Ostwind seien die mit maximal 300 Kilometer pro Stunde vorbeifahrenden Züge eine kaum ertragbare Lärmquelle für die Anwohner. Aber erst nach vielen Gesprächen mit Bahn-Vertretern und dem Besuch eines Symposiums für Lärmschutz 2013 sei Bewegung in die Sache gekommen. Meier hat "Brücken geschlagen" zu einer österreichischen Firma, die Lärmschutzelemente herstellt. Deren Konzept habe ihn so sehr überzeugt, dass er beim Eisenbahn-Bundesamt, einer Aufsichtsbehörde der Deutschen Bahn, für die Umsetzung der Maßnahme bei Appertshofen geworben habe. "Das Bundesamt hat jetzt endlich die Genehmigung erteilt", teilt der Bürgermeister nun erfreut mit.

Die Lärmschutzelemente werden demzufolge als pilzförmiger Aufsatz auf der bestehenden Lärmschutzwand angebracht (siehe Grafik) : Neben einer Tragplatte aus Stahlbeton bestehen sie aus ein- oder beidseitig angebrachten "Absorberkörpern" aus zementgebundenen Holzspänen, wie es vonseiten des Bahn-Sprechers heißt. "Durch diese Mischung entstehen kleine Löcher in den hochabsorbierenden Elementen, in denen der Lärm gefangen wird, sodass die Grenzwerte eingehalten werden", erklärt er. "Aus statischen Gründen kann die zwei Meter hohe Wand nur um 50 Zentimeter erhöht werden", ergänzt Bürgermeister Meier. 120 der je fünf Meter langen Elemente seien dabei notwendig.

Dem Sprecher der Bahn zufolge ist es nur noch "eine Frage von wenigen Wochen", bis die Plangenehmigung vorliegt. "Wir warten nur noch auf den endgültigen Beschluss", sagt er, ohne allerdings einen konkreten Zeitpunkt nennen zu wollen. In Österreich sei das Konzept schon genehmigt - an den entsprechenden Zugstrecken in Deutschland werde es in dieser Form zum ersten Mal angewandt. "Das Konzept ist neu entwickelt worden und wird in Deutschland nach der Genehmigung erst einmal als Einzelfall realisiert", sagt er. Ob die Aufsatzelemente "hier später auch woanders eingesetzt werden, können wir noch nicht sagen". Die Kosten von rund 800 000 Euro übernehme in diesem Fall die Bahn.

Voraussichtlich im Frühjahr sollen laut Meier die vorbereitenden Arbeiten wie die Baustelleneinrichtung und der Gerüstbau beginnen. Schließlich gehe es an die Bohrung der Verankerungsdübel und den Aufsatz der Schallelemente. Dabei gebe es ein Problem: "Die Arbeiten können wegen des Zugverkehrs nur für drei, vier Stunden in der Nacht ausgeführt werden", erklärt Meier. Deshalb sei eine Gesamtbauzeit von knapp vier Wochen veranschlagt. Zum Zeitpunkt der Arbeiten im Bereich der ICE-Brücke sind laut Meier außerdem kurzzeitige Sperrungen des Bettbrunner Wegs notwendig. "Aber das soll jetzt unsere kleinste Sorge sein."

Kommentar von Tanja Stephan

Was lange währt, wird endlich gut. Der Gemeinde Stammham und speziell dem Ortsteil Appertshofen ist zu wünschen, dass sich dieses Sprichwort bezüglich der Erweiterung der seit fast zwölf Jahren mangelhaft bestehenden Lärmschutzwand entlang der ICE-Trasse bewahrheitet. Die Maßnahme zur Erhöhung mit hochabsorbierenden Elementen aus Holzspänen und Beton mag trivial klingen. Die Gemeinde musste aber viel zu lange dafür kämpfen, um ihren Bürgern Lärmschutz wenigstens nach den gesetzlich festgelegten Messwerten gewährleisten zu können.

Dem Stammhamer Bürgermeister Hans Meier ist indes ein Lob für seine Hartnäckigkeit auszusprechen. Ein dicker Ordner voll mit Schriftverkehr zwischen der Bahn und der Gemeinde zeigt, wie beharrlich er am Thema geblieben ist. Aber Verzögerungen sind bei der Bahn eben leider nichts Ungewöhnliches. | Tanja Stephan