Ingolstadt
Zwischen Humor und Wehmut

Sporer präsentiert sich in der Theatergalerie als Lyriker und Komponist

21.10.2019 | Stand 23.09.2023, 9:06 Uhr
Klaus W. Sporer liest seine Gedichte. −Foto: Hammerl

Ingolstadt (DK) Wechselnde Rhythmik, modern und klassisch zugleich, kennzeichnen die "Serenade für drei Violen" von Klaus W.

Sporer, die am Samstagabend in seiner Ausstellung "Werke aus fünf Jahrzehnten" uraufgeführt wurde. Zugleich stellte der Ingolstädter Kulturpreisträger seinen elften Lyrikband "Der Lichtspalt blieb" vor. Fünf Musiksätze, dazwischen vier Gedichtblöcke stellen das Publikum vor ungeahnte Herausforderungen. Klatschen nach jedem Satz oder nicht - was mal so, mal so entschieden wird - ist da nur die geringste. Denn Musik wie Lyrik Sporers fordern seine Zuhörer durch mehr oder weniger abrupte Rhythmuswechsel, hohe Expressivität und intensive Melodik, seine Gedichte auch durch überraschende Perspektivwechsel, die in der Musik am ehesten im Wechsel der drei Stimmen wiederzufinden sind.

Vadim Makhovskiy, Sergo Kurashvili und Ia Khartonishvili vom Georgischen Kammerorchester gelingt die Uraufführung der anspruchsvolle, durch häufige Tempi- und Rhythmuswechsel schwierig zu spielenden "Serenade für drei Violen" eindrucksvoll. Markant der Beginn des ersten Satzes, eines Allegrettos, das zunehmend eingängiger wird, zart-berührend das Andantino, das sehnsüchtig dahinschmilzt, von gelegentlichen aufmüpfigen Tönen mal abgesehen. Lebhaft-fröhlich folgt ein Allegro. Der vierte Satz Moderato scheint auf der Suche zu sein - nach etwas Verlorenem? Das hat sich offenbar gefunden, denn heiter endet die Serenade mit einem weiteren Allegretto.

Musik und Lyrik gehören bei Sporer, der von Haus aus Musiker, aber eben auch Maler und Autor ist, untrennbar zusammen, wie Kulturreferent Gabriel Engert in ausführlicher Laudatio erläutert. "Tragende Elemente von Sporers Lyrik sind zum einen musikalische Bauprinzipien, zweitens eine genaue Balance zwischen Expressivität und sprachlicher Genauigkeit sowie zum dritten Reduktion und Abstraktion", sagt Engert, "starke Rhythmik und intensive Melodik tragen die Strophen und binden die Gedichte zusammen".

Farben spielen eine wichtige Rolle, lassen beim Zuhören schon Bilder im Kopf entstehen, wenn zum Beispiel im Gedicht "Der Schatten des Menschen" die Protagonistin, die er nur mit "sie" benennt, "täglich trinkt . . . Orange, Karminrot, Echtviolett - das Haar wird schnell grau". Da sind sie, die sprunghaften Perspektivwechsel und bringen den Zuhörer unwillkürlich zum Lächeln. Kaum hat er sich bunte Säfte vorgestellt, die im Mund der geheimnisvollen "sie" verschwinden, lenkt Sporer den Blick (selbst)ironisch auf das ergrauende Haar und verkündet, "es kann gefährlich werden, Farben im Haus aufzusaugen". "Sie steht im Mittelpunkt des ersten Blocks, "er" im zweiten, beider zusammen und das Geschlechterverhältnis beleuchtet der Autor in den beiden weiteren Leseblöcken. So knapp die Sprache auch ist - Thema Reduktion - so emotionsgeladen ist sie. Bilder erzeugt auch Sporers eigenwilliger Gebrauch von Verben oder deren unerwartete Kombination als Prädikat mit Subjektiven, mit denen sie üblicherweise nicht verbunden werden.

Wie kann "ein Morgen schlecht gelüftet" sein? Oder wie kann sie sich "das Abendrot an den Kopf halten"? Ein ganz besonderes Stilmittel, das im ersten Moment stutzen, im nächsten schmunzeln macht. "Immer wieder scheinen Augenzwinkern, Humor und Ironie auf und erzeugen eine gewisse Leichtigkeit", sagt Engert.

Doch es stiehlt sich auch Wehmut mithinein, für die der Titel "Der Lichtspalt blieb" steht. "Der Spiegel zerbricht", heißt es einmal, "ihn kann ich ersetzen, das Bild in ihm nicht", ein anderes Mal "Die Nacht ist zu mir gekommen". Die Auseinandersetzung mit dem Alter zieht sich durch, aber auf dezente Art, schwingt meist auf hintergründiger Ebene mit, muss sich aber der Zuversicht beugen: "Ich werde weitersingen, ohne Ende". Das ist ein wunderbares Versprechen.

Andrea Hammerl