Ingolstadt
Zwischen Edelramsch und Schnäppchen

Bei Sonnenschein und sommerlichen Temperaturen strömten wieder Tausende zum Antikflohmarkt

14.10.2018 | Stand 23.09.2023, 4:39 Uhr

−Foto: Eberl

Ingolstadt (DK) Auch die zehnte Auflage des Schanzer Antikflohmarkts war gestern ein Renner. Bei herrlichem Wetter strömten tausende Besucher in die Stadt.

Ein älteres Ingolstädter Ehepaar brachte es auf den Punkt. "Des Zeig, was bei uns am Speicher drom liegt, hoasd bei dene Nostalgie. Der Unterschied is: Mir schmeissn's weg und de verkaffa's." Treffender kann man es kaum ausdrücken. Wobei bei der mittlerweile zehnten Auflage des Schanzer Antikmarktes in der Innenstadt freilich nicht nur "oids Graffe" an den Ständen auslag. Wer wollte, konnte auch echte Antiquitäten, hochwertige künstlerische Produkte oder feinste Handwerkskunst vergangener Zeiten erwerben. Der Vielfalt waren keine Grenzen gesetzt, eine Aufzählung wäre ein Ding der Unmöglichkeit. Es gab nahezu nichts, was nicht angeboten wurde, die Auswahl war enorm. Selbst alte Prothesen und ein benutztes Gebiss wurden an einem Stand gesichtet, wobei die Händler freilich die Antwort auf die Frage, wer denn bitte einen gebrauchten Zahnersatz kaufen soll, schuldig blieben...

Wie auch die bisherigen Veranstaltungen war die zehnte Auflage des Antikmarktes ein voller Erfolg. Beflügelt von strahlendem Sonnenschein und fast schon spätsommerlichen Temperaturen strömten gestern ab dem frühen Morgen tausende Besucher in die Innenstadt. Die Antiquitätenfreunde und Schnäppchenjäger durften sich in der Fußgängerzone, am Theatervorplatz, in der Mauthstraße, am Paradeplatz und sogar im Innenhof des Schlosses auf die Jagd nach Raritäten machen. Über 150 Anbieter hatten sich angemeldet, und manche waren von weit her gekommen, den Autokennzeichen nach zu schließen teilweise bis aus Polen und Ungarn.

So weit hatte es Eva Landes nicht. Ihr Mann hatte die Sachen aus Niederfeld in die Innenstadt gefahren, wo sie in der Mauthstraße ihren Stand aufbaute. Dass die beiden schon um halb Sechs aufgestanden sind, stört sie nicht. Eva Landes hat schon öfters am Antikmarkt teilgenommen und freut sich darauf. Ihr Glanzstück ist ein original KPM-Porzellanservice aus dem Jahr 1900. "Das war die Aussteuer einer Tante", weiß sie aus der Familiengeschichte zu erzählen. Elf Mal hat sie das Geschirr noch, ein Exemplar ist verloren gegangen. Auf dem großen Teller in der Mitte lockt ein Kuchen die Käufer an. Der ist freilich nicht aus der Jahrhundertwende, sondern den hat sie in der Früh noch selbst gemacht. "Wer das Service kauft, kriegt den Kuchen gleich mit dazu", sagt sie lachend. Und wenn das kostbare Porzellan der Königlich-Preußischen Manufaktur nicht weggeht? "Dann wird der Kuchen aufgeteilt und verschenkt". Auf einem Tisch daneben präsentiert sie noch eine ganze Reihe anderer Gegenstände. Fundstücke aus dem Speicher sind dabei, aber auch etliche alte Plätzchenformen. "Der Großvater war Bäcker in Ringsee", schildert sie den Hintergrund: "Mich reut es zum Wegschmeißen."

Ein Magnet scheint der Stand von Jürgen Helmberger zu sein - obwohl oder gerade weil er so völlig kunterbunt gemischt ist. Er ist aus Neustadt an der Aisch mit seinem Transporter nach Ingolstadt gefahren und hält Gläser, Klamotten, Lampen, Hocker, Uhren, alte Tonbänder und unzählige andere alte Dinge feil. Innerhalb weniger Minuten verkauft er ein altes Holzrad - die neue Besitzerin will es vor der Haustür schön dekorieren - und eine alte Holzgabel, die künftig als Kleiderständer dienen soll. Lange gehandelt wird nicht, beide Parteien sind sich schnell einig: Das Rad geht für acht Euro weg statt 20, die Gabel für 16 Euro.

"Maximal zehn Märkte" besucht Jürgen Helmberger noch. Mit einem Freund zusammen betreibt er den Handel nur nebenbei, beide sind berufstätig. Wieso es bei ihm so gut läuft? "Wir sind nicht spezialisiert, bei uns ist alles kunterbunt", erzählt er. "Und wir dekorieren, wie wir lustig sind." Diesmal hat er aus Figuren eines mexikanischen Künstlers eine Art Bühnenbild am Stand gebaut. "Die Figuren werden von einigen Leuten dort aus alten Ölfässern zusammengebaut", weiß Helmberger: "Das schafft Beschäftigung und ist gleichzeitig Recycling." Auf das ganz große Geschäft mag er in Ingolstadt gar nicht hoffen. "Stadtmärkte und schönes Wetter, da kommt viel Laufkundschaft", weiß er aus Erfahrung. Bei schlechtem Wetter oder im Winter kämen nur die, die gezielt etwas suchen.

Wie für fast alles gibt es auch für Flohmärkte ein Fachmagazin. "Trödler" heißt das Blatt, in dem ein Ehepaar aus dem Odenwald auf den zehnten Schanzer Antikflohmarkt stieß. Sie kamen am Mittwoch mit dem Wohnmobil angereist und verbinden bei herrlichstem Wetter das Angenehme mit dem Nützlichen. Denn die beiden präsentieren am Sonntag am Theatervorplatz hochwertiges Porzellan und Gläser. Und die anderen Tage machen sie in der Region Urlaub. Ob sie viel oder wenig verkaufen, ist nicht ganz so wichtig. "Das ist jedenfalls ein schönes Hobby für Rentner."
 

Bernhard Pehl