Zwiegespräch von Text und Bild

30.10.2007 | Stand 03.12.2020, 6:23 Uhr

Druckgrafikerin Carla Neis im Gespräch vor ihren Lithographien und einer Buchrolle. - Foto: eha

Eichstätt (eha) Carla Neis ist so etwas wie eine Wiederholungstäterin: Der Aufenthalt der Schweizer Druckgrafikerin in der städtischen Lithographie-Werkstatt Eichstätt ist bereits ihr dritter. 2001 und 2006 war sie schon zu Gast im Reich von Werkstattleiterin Li Portenlänger und vollendete jetzt, was sie im vergangenen Jahr mit der Serie "Re-production" begonnen hatte. Als "ZwieGespräch" überschrieb Carla Neis den Samstagabend in der Werkstatt, bei dem sie ihre Bild- und Schriftrollen präsentierte und mit einer beeindruckend schönen Stimme passende Texte verlas.

Grau und Weiß beherrschen die Schriftrollen von Carla Neis, deren Werke nicht nur in viele öffentlichen Sammlungen der Schweiz, sondern auch in Australien, Belgien, Italien und Frankreich Eingang gefunden haben. Die Texte, die Carla Neis auf den Rollen mit ihrer filigranen Handschrift platziert, stammen unter anderem aus dem Buch "Zellgeflüster" der Biologin und Ethikerin Florianne Koechlin.

Daraus wählte Carla Neis den Text, den sie ihren Zuhörern in der gut gefüllten Lithographie-Werkstatt vortrug. Sein Tenor: Die Naturwissenschaft könne immer engere Netze zur Erfassung der Natur knüpfen, sie aber nicht erklären.

Die Motive, die Carla Neis zu diesen oft wissenschaftskritischen Textpassagen gewählt und als Druck mit Tusche und Gummistempel realisiert hat, sprechen für sich: Sie gehen ins biologisch Kleine, zeigen Samenkapseln und Mikroorganismen. Ein Umstand, der bei Laudatorin Karin Leonhard vom Eichstätter Lehrstuhl für Kunstgeschichte auch Assoziationen mit den Versteinerungen auf den heimischen Plattenkalken weckte.

Selbst bei ihren eigenen Werken geht Carla Neis in die Verkleinerung. Ihre Serie Re-Produktion, die Buchrollen und graue, nebelhafte Lithographiedrucke umfasst, fand sich in der Ausstellung als "Re-Re-Produktion" in Miniatur. Ihre Vorliebe für den fokussierten Blick auf die Natur erklärt sich vielleicht auch daraus, dass Carla Neis neben ihrer umfangreichen künstlerischen Ausbildung auch ein Diplom in Biologie vorweisen kann.

Besonders schön, so fand Laudatorin Karin Leonhard, schaffen die Schriftrollen ein gleichberechtigtes Zwiegespräch von Bild und Text, bei dem das Lesen durch das Ausrollen in eine fließende Bewegung übergehe.

Dass die Künstlerin sich selbst noch genügend Raum für Kurioses lässt, beweist ihre "Edition Rollmops", die sie anlässlich einer großen Ausstellung von Künstlerbüchern kreierte: eine Blechschale voller kleiner Schriftrollen, wie Dosenfisch an Stäben aneinander gereiht. Wer mehr von Carla Neis sehen will, muss auf einen nächsten Eichstättaufenthalt hoffen. Ihre Werke waren diesmal nur für das vergangene Wochenende in der Lithographie-Werkstatt ausgestellt. Geblieben aber sind die Buchrolle "Re-production" und die Lithographien "9 graue Tafeln" die Carla Neis der Lithographie-Werkstatt zum Geschenk machte.