Zweite Münchner Stammstrecke kostet nun rund drei Milliarden

06.07.2015 | Stand 02.12.2020, 21:06 Uhr

München (dpa) Die Verzögerungen bei der Verwirklichung der zweiten S-Bahn-Stammstrecke in München treiben die Kosten für das Milliardenprojekt immer weiter in die Höhe. Bahnvorstand Volker Kefer nannte am Montag in München eine voraussichtliche Gesamtsumme von rund 2,9 Milliarden Euro.

Inklusive eines weiteren Risikopuffers ergebe sich sogar eine Summe von 3,1 Milliarden Euro, sagte Kefer bei einer Pressekonferenz mit Bayerns Innen- und Verkehrsminister Joachim Herrmann (CSU). Als Grund nannte Kefer sozusagen automatische Kostensteigerungen, weil sich der Bau um mehrere Jahre verzögert.

Herrmann stellte eine endgültige Entscheidung des Kabinetts über die Realisierung nun ungefähr für Mitte 2016 in Aussicht - und eine Inbetriebnahme 2024 oder 2025. Zunächst soll aber nochmals überprüft werden, ob die Kostenschätzungen tatsächlich ausreichend sind.

Herrmann ließ aber keinen Zweifel daran, dass er die Stammstrecke für notwendig hält. Darüber sei er sich auch mit Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) und dem Münchner Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) einig. Man gebe zwar keine Parole aus: "Koste es, was es wolle!" An der Dringlichkeit des Baus bestehe aber kein Zweifel. Kefer sagte, es sei schlichtweg "im Moment nicht vorstellbar, dass München weiter wächst und die S-Bahn nicht mitwachsen kann".

Reiter beklagte allerdings, dass sich die endgültige Entscheidung für den Bau nun erneut verzögere. Das sei eine Zumutung für alle S-Bahn-Fahrgäste. Freistaat und Bund müssten jetzt endlich ihrer Verantwortung gerecht werden und endlich "Nägel mit Köpfen" machen.

Bisher waren die Kosten für das Projekt auf gut zwei Milliarden Euro geschätzt worden, zuzüglich eines Risikopuffers von insgesamt 500 Millionen Euro. Dabei habe es sich um eine Kalkulation aus dem Jahr 2009 für eine geplante Inbetriebnahme 2019 gehandelt, sagte Kefer. Er listete nun auf, weshalb die Summe inzwischen höher ist: vor allem wegen Einberechnung gewisser Preissteigerungen über mehrere Jahre bis zur Eröffnung und wegen ebenfalls höherer Grundstückskosten. Hinzu kommen zusätzliche Kostenrisiken, falls die Stammstrecke und der geplante neue Hauptbahnhof gleichzeitig gebaut werden sollten.

Die zweite Stammstrecke soll den öffentlichen Nahverkehr in der Landeshauptstadt und der gesamten Region entlasten. Inzwischen besteht Baurecht für den westlichen und den mittleren Abschnitt. Die Arbeiten hierfür werden nun europaweit ausgeschrieben - und auf Basis dieses Ergebnisses werden die Gesamtkosten noch einmal überprüft.

Die Landtags-Grünen kritisierten das Festhalten an den Plänen als "sinnlose Zeitverschwendung". Es wäre sinnvoller, "die geplanten Milliarden für machbare und zügig umsetzbare Projekte auszugeben, als ständig der Fata Morgana "zweite Röhre" hinterherzuhecheln", argumentierte der verkehrspolitische Sprecher Markus Ganserer.

SPD-Fraktionschef Markus Rinderspacher dagegen betonte, trotz der steigenden Kosten gebe es an der Notwendigkeit eines zweiten Tunnels keine Zweifel: "Die zweite Stammstrecke muss kommen. Und die Minister Dobrindt und Herrmann müssen die Finanzierung sicherstellen." Michael Piazolo (Freie Wähler) forderte endlich Planungssicherheit.