Zweieinhalb Stunden Frühling

01.03.2009 | Stand 03.12.2020, 5:09 Uhr

Drang ins Freie: Am Wochenende haben viele Ingolstädter das vergleichsweise milde Wetter für Spaziergänge genutzt. Am Sonntag waren aber schon wieder dickere Jacken gefragt, während es Samstagnachmittag einen Hauch von Frühling gegeben hatte. - Foto: Rössle

Ingolstadt (DK) War da was? So am Samstag, um die Mittagszeit, vielleicht auch noch ein Stündchen später, so bis kurz vorm Nachmittagskaffee? Richtig: Für zwei bis drei Stunden konnten sich die Schanzer und ihre Nachbarn im Umland am Ende der Eiszeit wähnen.

Das von Wetterfröschen mit viel Trara angekündigte Zwischenhoch hat sich am Wochenende auch kurz und knapp der Region bemächtigt und für allerlei Betriebsamkeit in Grünanlagen, Hausgärten und Straßencafés gesorgt. Bis zum Abend war aber schon wieder Schluss mit lustig, und am Sonntag wurden die Mantelkrägen bereits erneut deutlich hochgezogen.

Das Frühlingsintermezzo zur besten Einkaufs- und Bundesligazeit hat vor allem eines gezeigt: Die Menschen sind den Winter leid – zumindest jene, die nicht ihr Wochenende am Inntaldreieck oder auf der Münchner Ostumfahrung im Stau auf dem Weg in die Skigebiete verbringen wollen. Die Kälte geht den meisten nur noch auf den Wecker, und da und dort sollen Zeitgenossen dabei gesichtet worden sein, wie sie den letzten Schneeflecken in ihren Vorgärten mit der Gießkanne zu Leibe rücken.

Samstagmittag in der Stadt – dass hieß für viele an diesem Wochenende auch erstes Probesitzen in oder (besser) vor der Eisdiele oder vorm Bistro, gerne auch schon ohne die ohnehin nur für "Weicheier" bereitgelegten Decken. Die italienischen Gelati-Experten haben fast überall den richtigen Riecher bewiesen und ihre Kühltheken angeworfen. Der allzu milde Vorjahreswinter hat sie gelehrt, dass der Mitteleuropäer durchaus auch schon vor dem kalendarischen Frühlingsbeginn gerne wieder Bananensplit oder Schokobecher ordert. Zum ersten Outdoor-Cappuccino mit dem Cabrio vorfahren mochten allerdings doch noch nicht so viele. Möglicherweise sind die Sommer-Karossen ja auch mit Saisonkennzeichen versehen, die erst ab dem 1. März gelten – und da war’s ja schon wieder nebelig. Apropos fahrbare Untersätze: Mehr noch als die Gastronomie und der ohnehin darbende Autohandel hat am Samstag die Fahrradbranche gemerkt, dass ihr Saisonstart kaum noch an Fixpunkte im Kalender geknüpft, sondern vielmehr von der Gefühlslage der Kundschaft abhängig ist. Und die war am Wochenende wohl schon eindeutig auf Freiluftbetätigung getrimmt. In den einschlägigen Ingolstädter Fachgeschäften herrschte jedenfalls bereits ein Rummel wie sonst erst im Frühjahr oder Frühsommer.

Radler waren denn auch auf den Wegen in den Freizeitgebieten schon deutlich eher zu sichten als an den Tagen zuvor. Ob allein, mit Hund im Schlepptau oder mit dem eben erst zweiradtauglichen Nachwuchs im Gefolge – es tritt sich im lauen Lüftchen eben wesentlich einfacher in die Pedale als mit eisigem Gegenwind.

Am Baggersee bekamen Zweiradfahrer, Jogger und Spaziergänger allerdings noch eine weitgehend geschlossene Eisdecke zu sehen. Bis hier Enten und andere Wasservögel wieder ihre gewohnten Bahnen ziehen, braucht es doch noch ein paar wärmere Tage in Folge. Einige Schwäne hatten deshalb auch gleich weitere Kreise gezogen und staksten auf Feldern an der Antoniusschwaige und bei Gerolfing im Winterraps umher – wohl auch eine Form von Frühlingsausflug.