Zwei Tote, zwei Anklagen

Schwurgericht will in den nächsten Wochen Mord an Rentnerin und tragischen Autobahnunfall aufklären

20.08.2020 | Stand 02.12.2020, 10:43 Uhr
In diesem schrottreifen Audi starb am 20. Oktober vorigen Jahres ein junger Gaimersheimer. Der Verursacher des tragischen Auffahrunfalls steht ab der übernächsten Woche wegen des Verdachts auf Totschlag aufgrund völlig unangemessener Fahrweise vor dem Ingolstädter Schwurgericht. −Foto: Schmidtner/Archiv

Ingolstadt - Zwei Tötungsdelikte, die im Herbst vergangenen Jahres große Betroffenheit in Ingolstadt, aber auch in Umlandgemeinden der Landkreise Eichstätt und Pfaffenhofen ausgelöst haben, sollen in den kommenden Wochen vor dem Ingolstädter Landgericht aufgearbeitet werden.

Die Opfer waren eine 80-jährige Frau aus dem Ingolstädter Südwesten, die in ihrem Eigenheim erschlagen wurde, und ein 22-jähriger Gaimersheimer, der bei einem möglicherweise durch völlig unangemessene Fahrweise eines anderen Fahrers verursachten schweren Verkehrsunfall auf der A9 bei Ingolstadt ums Leben kam.

Der gewaltsame Tod der Rentnerin aus dem Ortsteil Haunwöhr beschäftigt die Nachbarschaft in dem Wohnviertel noch immer. Die Witwe war am 13. November von Polizisten tot im Keller ihres Hauses aufgefunden worden, nachdem sich Menschen aus ihrer Umgebung über ihr Verbleiben Sorgen gemacht und Alarm geschlagen hatten. Nachdem die Feuerwehr der Polizei gewaltsam Zugang verschafft hatte, stellten sich diese Sorgen als nur zu berechtigt heraus: Die Frau lag mit schwersten Verletzungen, die durch stumpfe Gewalt verursacht worden waren, bereits seit zwei Tagen tot in ihrem Anwesen.

Umfangreiche Spurensicherung und Ermittlungsarbeit führte bereits zwei Tage nach dem Auffinden des Opfers zur Festnahme eines 27-jährigen Mannes aus dem Landkreis Eichstätt, der im dringenden Verdacht steht, für den Tod der Rentnerin verantwortlich zu sein. Die Staatsanwaltschaft war zunächst von einem Totschlagsdelikt ausgegangen und hatte ihre Festnahme vor allem auf Indizien gestützt, die sich aber für den Haftrichter offenbar derart deutlich darstellten, dass der gelernte Maurer seither in Untersuchungshaft sitzt.

Ab kommendem Dienstag wird sich nun die 1. Strafkammer des Landgerichts unter Vorsitz von Vizepräsident Konrad Kliegl mit dem Fall befassen. Sie hat die Anklage der Staatsanwaltschaft, die inzwischen sogar auf Mord lautet, wegen des dringenden Tatverdachts zugelassen. Der Angeklagte, der zuletzt nicht mehr in seinem erlernten Beruf gearbeitet, sondern sich als Zeitarbeiter mit Gelegenheitsjobs über Wasser gehalten haben soll, hat sich nach Angaben der Anklagebehörde im Ermittlungsverfahren nur beding zu den Vorwürfen geäußert. Ein Geständnis liege bislang jedenfalls nicht vor, so Oberstaatsanwältin und Behördensprecherin Andrea Grape auf Anfrage.

Das Schwurgericht hat neun Verhandlungstage für das Verfahren angesetzt. Dem bisherigen Terminplan zufolge könnte ein Urteil am 21. September zu erwarten sein.

Nicht wegen Mordverdachts, sondern wegen des Verdachts auf Totschlag wird sich ab dem 20. August ein anderer junger Mann vor der 1. Strafkammer verantworten müssen. Es handelt sich um den inzwischen 23-jährigen Fahrer jenes Autos, das am 20. Oktober vorigen Jahres mit hoher Geschwindigkeit auf der A9 bei Ingolstadt auf den Wagen des dabei getöteten jungen Gaimersheimers aufgefahren sein soll.

Der Angeklagte kommt aus Geisenfeld. Er soll an dem besagten Sonntag spät abends in sehr riskanter Fahrweise auf der Autobahn in Richtung Nürnberg unterwegs gewesen sein. Den damaligen Angaben der Polizei zufolge soll er zunächst in Höhe der Anschlussstelle Manching einen vorausfahrenden Audifahrer zu einem Spurwechsel gedrängt haben, um selber auf der linken Fahrspur schneller voranzukommen. Kurz darauf soll es dann nahe Ingolstadt zu dem verhängnisvollen Auffahrunfall gekommen sein.

Der vorausfahrende junge Gaimersheimer, der offenbar auf dem Heimweg war, soll nach damaligen Zeugenaussagen gerade auf der linken Spur mit etwa 120 km/h ein Wohnwagengespann überholt haben, als er von dem offenbar rasant nachfolgenden BMW-Fahrer regelrecht "abgeschossen" worden sein soll.

Das Auto des Gaimersheimers, der vermutlich direkt beim Aufprall getötet worden war, schleuderte noch etwa 150 Meter über einen Böschungsstreifen und dann zurück auf die Fahrbahn, bevor es völlig demoliert zum Stehen kam. Der Wagen des Unfallverursachers war sogar noch rund 300 Meter über die Autobahn geschleudert und dabei noch gegen einen Wohnwagen gekracht. Der Unfallverursacher war mit leichten Blessuren davongekommen.

Ob die Umstände des schweren Unfalls den Vorwurf des Totschlags rechtfertigen, will das Schwurgericht ebenfalls in neun Verhandlungstagen prüfen. Nach Auskunft der Staatsanwaltschaft hat sich der Angeklagte, der relativ kurz nach dem Unfall in Untersuchungshaft genommen worden ist, im bisherigen Verfahren nicht auf die Vorwürfe der Ermittler eingelassen. Im Prozess dürften den Aussagen der damaligen Zeugen und dem Sachverständigengutachten große Bedeutung zukommen. Ein Urteil könnte dem Terminplan des Gerichts zufolge erst am 30.Oktober fallen.

DK