Neuburg
Zwei Jahre für Messerstecherei im Asylbewerberheim

17.03.2010 | Stand 03.12.2020, 4:10 Uhr

 

Neuburg (szs) Mit Fäusten und Füßen wurde er geschlagen, dann packte sich Hani N. (Namen geändert) zwei Messer – und ging zum Gegenangriff über. Wegen gefährlicher Körperverletzung und versuchten Diebstahls verurteilte ihn das Schöffengericht in Neuburg gestern zu zwei Jahren auf Bewährung.

Die Messerstecherei ereignete sich am 28. Oktober vergangenen Jahres im Neuburger Asylbewerberheim. Hani N. und sein Mitbewohner Gerlo P. waren betrunken in Streit geraten, der bald handgreiflich wurde. Gerlo – körperlich deutlich überlegen – schlug und trat immer wieder auf den kleineren Hani ein, obwohl dieser – laut Zeugenaussagen – versuchte beschwichtigend auf ihn einzuwirken. Auch als Hani bereits am Boden lag, hörte Gerlo nicht auf zu schlagen.

Gegenangriff mit Messern

Hani konnte sich befreien, rannte in sein nahe gelegenes Zimmer und griff sich zwei Messer. Dann ging er zurück auf den Gang und stach zu: Zuerst in Gerlos Rücken, dann auch in dessen Seite und Oberarm. "Er wollte seinen Mitbewohner nur einschüchtern, ihn aber nicht ernsthaft verletzten oder gar töten", erklärte Pflichtverteidiger Rainer Maria Rehm. Der ärztliche Untersuchungsbericht sprach für diese Annahme: Die Stich- und Schnittwunden an Gerlos Körper waren maximal drei Zentimeter tief. "Das spricht dafür, dass hier keine erhebliche Kraft aufgewendet wurde", erklärte Richter Ruprecht Herbst den kriminalistischen Befund.

Die beiden zehn- und vierzehn Zentimeter langen Messer hinterließen keine lebensgefährlichen Wunden, verletzten keine Organe. "Ich habe meinen Daumen an die Klinge gelegt, als ich zustach", sagte der Angeklagte mit Hilfe einer Übersetzerin für Arabisch aus. Lange und detailliert legte er ein vollständiges Geständnis ab, beantwortete alle Fragen des Richters und des Staatsanwaltes.

Etwa diese: Warum war es zum Streit gekommen? Ein missglückter Diebstahl hatte für schlechte Laune gesorgt, gab der Angeklagte an: In der Bar des Flüchtlingsheims und in einem Neuburger Lokal betranken sich die beiden Asylbewerber an jenem Abend. Als sie sich in der Luitpoldstraße einen Döner kaufen wollten, fanden sie den Laden leer, die Kasse scheinbar verlassen. Hani N. griff über die Theke und versuchte die Kasse zu stehlen. Die hing jedoch an einem Elektrokabel und ließ sich nicht so einfach mitnehmen. Alarmiert von einer Videoüberwachung stürmten die Inhaber in den Laden, hinderten ihn am Diebstahl und schmissen beide aus dem Imbisslokal. Der Frust darüber war wohl Auslöser für den Streit.

Stich in den Rücken

Wegen versuchten Diebstahls und gefährlicher Körperverletzung verurteilte das Gericht Hani N. zu zwei Jahren. Dass die Strafe auf Bewährung ausgesetzt wurde, liegt am umfassenden Geständnis und den fünf Monaten, die er bereits in Untersuchungshaft gesessen hat – sowie den besonderen Umständen, die zur Tat geführt hatten: Schöffen, Richter und Staatsanwalt zeigten Verständnis dafür, dass sich der Angeklagte bedroht gefühlt hat. Noch nie war Hani vorher durch aggressives Verhalten auffällig geworden. Er sei kein typischer Messerstecher, erklärte sein Verteidiger.

"Dass der erste Stich in den Rücken ging, hat aber ganz massiv gegen Sie gesprochen", sagte Richter Ruprecht Herbst. Gegen den Algerier sprachen auch zwei Vorstrafen wegen Diebstahls, beide aus dem vergangenen Jahr. "Wenn Sie jetzt noch einmal klauen, dann sitzen Sie", ermahnte Staatsanwalt Nicolas Kaczynski den Angeklagten.