Im "Weltall des kleinen Mannes"
Zwei Astronautinnen absolvieren in der Mühlbachquellhöhle ein Training für ihren Flug zur ISS

21.05.2021 | Stand 29.05.2021, 3:34 Uhr
  −Foto: Ehrlich/Oliver Heil/Karstgruppe Mühlbach

Mühlbach - "Fly Me to the Moon" heißt ein Titel, den vor fast 60 Jahren vor allem Frank Sinatra bekannt gemacht hat.

 

Mit diesem Lied hat am Freitagnachmittag im Dietfurter Ortsteil Mühlbach eine Pressekonferenz der etwas anderen Art begonnen.

In der Aula der Kaminkehrerschule, wo es sonst um die Weiterbildung dieses Berufsstands geht, galt die Musik zwei jungen Frauen, die zwar nicht bis zum Mond, aber zumindest ins Weltall fliegen wollen. Eine Woche lang haben sich Suzanna Randall und Insa Thiele-Eich in der Mühlbachquellhöhle auf ihren Einsatz auf der Internationalen Raumstation (ISS) vorbereitet, der allerdings frühestens Ende des kommenden Jahres stattfinden könnte. Nun, nachdem sie sicher ans Tageslicht zurückgekehrt sind, schilderten die beiden promovierten Wissenschaftlerinnen ihre Erfahrungen und Eindrücke sowie ihre Motivation, als erste deutsche Frauen ins All zu fliegen.

Der Dietfurter Bürgermeister Bernd Mayr (FW) begrüßte neben diversen Medienvertretern und Mitgliedern der Karstgruppe Mühlbach, die für die Erforschung der Höhle zuständig ist, auch Vize-Landrat Josef Bauer aus Parsberg (CSU) sowie Claudia Hessler, welche die Stiftung "Erste deutsche Astronautin gemeinnützige GmbH" ins Leben gerufen hat. Unter 400 Bewerberinnen hatten sich im Rahmen ihrer Initiative die beiden Frauen durch gnadenlose Auswahlverfahren durchgeboxt.

 

Die lebensfeindliche Umgebung der großräumigen Flusshöhle diente nun als Trainingscamp. Geleitet wurde die Expedition ins Erdinnere von Sabrina Huber, Mitglied der Karstgruppe und Präsidentin des Landesverbands für Höhlen- und Karstforschung Bayern.

Eine "sehr gute Vorbereitung" nannte dann auch Insa Thiele-Eich als oberste Voraussetzungen - in der Höhle wie im Weltall. Das habe sich schon anhand von ein paar vergessenen Löffeln gezeigt. Deshalb hielten die Frauen dann auch auf dem ersten Bild, das über das Langwellentelefon die Höhle verließ, ein Plakat in Händen mit der Aufschrift "Help - we need spoons" (Hilfe - wir brauchen Löffel).

Schwierig sei es anfangs gewesen, sich beim Seiltraining zehn Meter in die Höhe zu hangeln, erzählte Randall. Doch an der Höhlendecke angelangt, erwartete die beiden Frauen als Belohnung ein versteinerter Saurierzahn.

 

"Am meisten Angst habe ich in der ersten Nacht im Biwak vor der Kälte gehabt", erzählte Suzanna Randall. Doch die Angst sei unbegründet gewesen, warme Schlafsäcke hätten die Höhlentemperatur von konstant neun Grad fern gehalten. Die Höhlenforschung werde oft als "Raumfahrt des kleinen Mannes" bezeichnet, wusste Thiele-Eich. Deshalb haben beide auch viele Parallelen zum Aufenthalt im Weltall entdeckt. Die komplette Dunkelheit zum Beispiel, die ihnen am meisten zu schaffen gemacht hat - oder den niedrigen CO2-Gehalt der Luft, der im Weltall wie in der Höhle Kopfschmerzen verursachen kann. Auch das komplette Fehlen von Farben wurde genannt.

Die Familie hätten sie nach der langen Corona-Zeit gar nicht so sehr vermisst, auch das Eingeschlossensein in völliger Einsamkeit sei erträglich gewesen. Ihr Aufenthalt im All würde mit zwei Wochen noch länger dauern.

Das wichtigste Ziel des Höhlentrainings haben sie erreicht. Es ging darum, sich in der völlig ungewohnten Umgebung "auf neue Dinge einzulassen und ein Programm abzuspulen, auch wenn es schwer fällt". Daneben nutzten sie den Aufenthalt für diverse wissenschaftliche Experimente. Unter anderm wurde die Leitfähigkeit des Wassers gemessen.

Nichts, aber auch rein gar nichts, haben Insa Thiele-Eich und Suzanna Randell in der Höhle zurückgelassen, alles, auch das allerkleinste Reiskörnchen, wurde wieder mit nach draußen genommen. Eine kleine Figur, die eine Astronautin zeigt, haben sie aber doch im Höhleninneren zurückgelassen. "Vielleicht findet sie ja jemand", so Thiele-Eich.

Und damit sie heil von der Raumstation zurückkehren, hat ihnen Peter Wilhelm, der Hausherr und Leiter des Ausbildungszentrums, ein paar Glücksbringer mitgegeben: zwei kleine Kaminkehrer und einen gelben Knopf, der von einer Kaminkehreruniform stammt. "Wer an dem Knopf dreht, dem ist das Glück hold", wusste Wilhelm.

uke