Eichstätt
Zuversicht und Sorge

Interview mit dem Leiter des Referats Weltkirche, Gerhard Rott, zur aktuellen Situation in Burundi

14.06.2020 | Stand 02.12.2020, 11:10 Uhr
Die Menschen in Bugenana hatten die Eichstätter Delegation bei deren letzten Besuch im Januar freudig begrüßt. −Foto: Rott

Eichstätt/Bugendana - Am Dienstag ging die Nachricht vom überraschenden Tod des burundischen Präsidenten Pierre Nkurunziza (55) um die Welt.

 

Am 20. Mai hatte es Neuwahlen gegeben, Nkurunzizas Amtszeit wäre im August zu Ende gegangen. Alles, was aus dem kleinen zentralafrikanischen Staat am Tanganjika-See als Nachricht nach Europa dringt, wird in Eichstätt besonders aufmerksam verfolgt: Seit 1975 gibt es eine sehr lebendige Partnerschaft des Bistums Eichstätt mit der dortigen Erzdiözese Gitega. Zuletzt war eine Eichstätter Delegation mit Generalvikar Michael Huber und dem Leiter des Referats Weltkirche, Gerhard Rott, erst diesen Januar in Burundi und und besuchte das mit großer Eichstätter Unterstützung errichtete, neue Pfarr- und Sozialzentrum "St. Willibald und St. Walburga" in Bugendana (wir berichteten).

Herr Rott, kurz vor dem Ende seiner Amtszeit ist am Montag überraschend Präsident Pierre Nkurunziza gestorben. Offizielle Verlautbarungen schreiben von "Herzattacke", andere vermuten eine Covid-19-Infektion. Was war Ihre erste Reaktion, als Sie davon gehört haben?
Gerhard Rott: Noch am Vormittag hatte ich mit einem Projektpartner in Burundi telefoniert und erstmals von Gerüchten zum Gesundheitszustand des Präsidenten gehört. Nachdem im ganzen Wahlkampf kaum eine Corona-Schutzmaßnahme getroffen wurde, habe ich mit einem massiven Ausbruch gerechnet. Präsident Nkuruziza gehörte wegen einer Schussverletzung aus dem Bürgerkrieg eigentlich zur Risikogruppe. Aber seine Regierung hat mehrfach betont, dass Gott das Land vor dem Virus schützen werde. Darum ist eine Spekulation um die wirkliche Todesursache müßig.

Fürchten Sie nun neue Unruhen im Land wie bei der letzten Wahl vor fünf Jahren? Oder wirkt die Demokratie in Burundi inzwischen stabil genug, um den fragilen Frieden zu halten?

Rott: Zuversichtlich stimmt mich, dass die Ergebnisse der Präsidenten- und Parlamentswahlen am 20. Mai von der Opposition nur mit legalen Mitteln angezweifelt wurden. Ob der Wahlgang wirklich frei und transparent war, stellten auch die katholischen Bischöfe infrage. Dennoch wurden die Ergebnisse in letzter Instanz bestätigt, und es blieb ruhig im Land. Man kann also mit gutem Grund hoffen, dass die Demokratie sich gefestigt hat. Zudem setzen viele ihre Hoffnung auf den neuen Präsidenten Evariste Ndayishimiye. Ich vermute, er wird nun schneller vereidigt als eigentlich vorgesehen. Auch das würde ein Machtvakuum verhindern.

Welche Folgen sehen beziehungsweise befürchten Sie speziell für unsere Partnerdiözese und für das noch junge Pfarr- und Sozialzentrum in Bugendana aus politischer und gesellschaftlicher Sicht?
Rott: Die acht Bistümer in Burundi, die uns alle am Herzen liegen, sind für die Gesellschaft enorm wichtig, zum Beispiel als Träger von Schulen und Gesundheitseinrichtungen. Aber auch, weil zum Beispiel das Erzbistum Gitega sehr stark in Umweltfragen engagiert ist. Mit unserer Hilfe konnten dort Wiederaufforstungsprogramme gestartet werden, die Klimaschutz und Ernährungssicherung verbinden. Das Sozial- und Pastoralzentrum in Bugendana hat landesweit einen guten Ruf. Der jetzt verstorbene Präsident war schon dort, um die Klinik und die Solaranlage zu besichtigen, den neu gewählten Präsidenten Evariste Ndayishimiye führte der erste Sonntagsbesuch dorthin in die Kirche St. Willibald und St. Walburga, um für den friedlichen Verlauf der Wahl zu danken. Ich glaube, er hat die Rolle der Kirche für sein Land erkannt.

 

Sie kennen das Land und die Partnerdiözese sei vielen Jahren und waren im Januar zuletzt zu Besuch vor Ort. Wie bewerten Sie die Entwicklung dort - besonders in Bugendana?
Rott: In Bugendana geht es dank der Hilfe des Bistums Eichstätt und vieler Spender gut voran. Auch jetzt wird dort weiter gebaut, damit die weiterführende Schule, man könnte es bei uns vielleicht mit einem Gymnasium vergleichen, und das dazu gehörige Internat heuer noch fertiggestellt werden können. Der weitere Ausbau der Solarenergieversorgung wird geplant. Zur Fertigstellung des von Karl Frey entwickelten Masterplans fehlt nun noch das Berufsbildungszentrum, um für die jungen Menschen neben der schulischen Bildung auch eine praktische Ausbildung zu ermöglichen. Ich hoffe, dass wir 2021 mit dem mehrjährigen Bauprojekt beginnen können, wenn die Finanzierung bis dahin steht. Vielleicht beteiligt sich ja die neue Regierung daran, schließlich geht es um die Zukunft ihrer Jugend.

Insgesamt ist Bugendana ja eine sehr positive Erfolgsgeschichte. Sehen Sie diese durch die aktuelle Corona-Pandemie gefährdet? Welche Nachrichten erreichen Sie dazu aus Gitega und Bugendana? Können sich die Menschen dort vor Corona schützen oder sind sie dem Virus mehr oder weniger schutzlos ausgeliefert? Im Pfarr- und Sozialzentrum gibt es ja auch eine Klinik.
Rott: Bisher haben die offiziellen Vorschriften den Menschen nicht geholfen, sich der Gefahr des Coronavirus bewusst zu werden. Das Land ist dicht besiedelt, und in den Kirchen drängen sich gewöhnlich immer viele Menschen. Die Caritas in Burundi hat von uns bereits vor mehreren Wochen finanzielle Mittel erhalten, um die Bevölkerung aufzuklären und auf einfache Schutzmaßnahmen hinzuweisen. Allerdings ist das gar nicht so leicht mit dem Händewaschen, wenn es keine Wasserleitung in den Häusern gibt. Und das ist nur ein Beispiel. Die Bemühungen richten sich auf die Prävention, mit einer Klinik kann man keine Pandemie stoppen.

Was können wir von Eichstätt aus tun, um unsere Partner in Burundi in dieser Zeit zu unterstützen?
Rott: Diese Partnerschaft ist eine Lern-, Gebets- und Solidargemeinschaft. Es freut die Menschen vor Ort, wenn sie merken, dass sie nicht vergessen sind. Jeder Kontakt ist ein Hoffnungszeichen. Die Schulpartnerschaft der Maria-Ward- Schule ist da ein tolles Beispiel. Einige Priester aus Burundi sind bei uns in der Seelsorge tätig, dadurch ist das Gebet füreinander fest verankert. Ich hoffe aber auch auf die finanzielle Unterstützung durch Spenden. Das Bistum hat schon enorm viele Mittel dort investiert und wird dies auch weiter tun, zusammen mit vielen aktiven Gruppen und Einzelpersonen.

Die Fragen stellte

Eva Chloupek