Ingolstadt
Zurück zu den Wurzeln

In Ingolstadt war der erste Soloauftritt des Musikers - Dreharbeiten für die BR-Reihe "Stofferl Wells Bayern"

17.05.2019 | Stand 23.09.2023, 7:03 Uhr
Hoch über den Dächern von Ingolstadt musizierte Christoph "Stofferl" Well auf dem Balkon des Pfeifturms. −Foto: Uwe Ziegler

Ingolstadt (DK) Sechs Tage dauern die Dreharbeiten für eine neue Folge von "Stofferl Wells Bayern". Nach dem fünften Tag in Ingolstadt hat es Christoph, genannt Stofferl, erwischt.

Ein heftiger Schnupfen quält ihn am Donnerstag, sein Husten klingt böse. Eigentlich muss er dringend ins Bett. Obwohl bereits angeschlagen, absolvierte er am Abend zuvor auch noch einen Auftritt mit seinen Brüdern und Gerhard Polt im 30 Minuten entfernten Rohrbach (ausführlicher Artikel). "War gut, hat Spaß gemacht", sagt er.


Auf dem Balkon des Pfeifturms weht ein rauer Wind. Gemeinsam mit fünf hiesigen Musikern spielt Well die Fanfare des Stücks "Aufzug der Turmpfeifer", 45 Meter hoch über der Altstadt. Nun setzt auch noch der Regen ein, trotzdem lässt Regisseur Boris Tomschiczek vier Takes drehen. Dann ist er zufrieden. Well hat das etwa halbminütige Stück mit den Musikern im Turmstüberl vorher geprobt. Fünfmal, bis alles gepasst hat.


Es ist eine Episode, die viel aussagt über ihn. Eineinhalb Stunden nach Drehschluss, nachdem er die über 200 steilen Stufen des Pfeifturms hinabgestiegen ist und sich im Altstadthotel aufgewärmt hat, sitzt er wie vereinbart zum Gespräch im Gasthaus Daniel, dem ältesten Lokal der Stadt. Ist er ein wenig zur Ruhe gekommen? "Nein, ich habe Trompete geübt. Ich hab' bald wieder einen Auftritt." Sagt's, bestellt sich ein saures Lüngerl mit Semmelknödeln und erzählt über die Anfänge von "Stofferl Wells Bayern".

Regisseur Boris Tomschiczek ist 2011 mit der Idee an ihn herangetreten, musizierenderweise bayerische Städte zu bereisen. Well brachte sein altes BMW-Motorrad mit Seitenwagen ("für die Instrumente") ins Spiel. "Ich dachte mir, das schaut lustig aus und wird irgendwann ein Markenzeichen." Recht hatte er. Den sogenannten Pilot, also die erste Folge, drehte man 2012 in Regensburg. Die Quote stimmte von Anfang an, sowohl vom Bayerischen Rundfunk (BR) als auch vom Publikum gab's viel Lob. Das Prinzip ist ebenso simpel wie genial. Well fährt oder spaziert durch die Städte, trifft Menschen, musiziert und quatscht mit ihnen. Ingolstadt müsste die 20. Folge sein, meint Boris Tomschiczek. Welche Stadt man bereist, entscheiden Produzent, Redakteurin, Regisseur und Christoph Well. Das seien "immer einstimmige Beschlüsse", sagt Well. Zu Ingolstadt hat er ein besonderes Verhältnis. "Ich kenne die Stadt ganz gut, habe hier 1979 mein erstes öffentliches Solokonzert mit einer Trompete in der Münsterkirche gegeben, mit 19 Jahren." Einiges war trotzdem neu für ihn. "Ich wusste nicht, dass Slut und Kapuze aus der Stadt kommen."

Schade fand er, dass die Musiker des Georgischen Kammerorchesters keine Zeit hatten. Der sechstägige Dreh führte das seit Jahren eingespielte Team - neben Well und dem Regisseur sind das der von den Gernstl-Filmen bekannte Tonmann Stefan Ravasz, Kameramann Josef Mayerhofer und Regieassistent Philipp Thurmaier - in den Garten des Medizinhistorischen Museums, wo Well Kabarettist Günter Grünwald traf, in Vronis Ratschhaus, zu Audi, dem Bierbrunnen vor der Hohen Schule, auf den Wochenmarkt und in die Halle neun. Stofferl Wells ganz persönliches Highlight: In der Asamkirche durfte er auf seiner neu erstandenen Harfe spielen, die dem Gegenwert eines hübschen Mittelklassewagens entspricht. Kontrapunkt dazu war ein Stück von Robert Maximilian Helmschrott, das Well gemeinsam mit Münsterpianist Franz Hauk in der Münsterkirche zum Besten gab.

Die Ingolstädter bezeichnet der 59-Jährige mit dem ewig schelmischen Lausbubengesicht als "freundlich und offen". Einmal mehr war er am Ende überrascht, wie viel musikalisches Leben auch in dieser Stadt herrscht. "Das ist nicht Provinz, sondern Provence", sagt er. Ausgestrahlt wird die Sendung voraussichtlich am 9. September.

Uwe Ziegler