Eichstätt
"Zur Hebung des kulturellen Lebens"

Vor 70 Jahren wurde in Eichstätt der Volksfestausschuss gegründet

28.08.2019 | Stand 02.12.2020, 13:11 Uhr
  −Foto: Archiv des Volksfestausschusses

Eichstätt (EK) Am Freitag startet das Volksfest Eichstätt, im Jahr 1812 erstmals als Landwirtschaftsfest gefeiert, und längst zu einem Meilenstein im regionalen Festkalender geworden - mit einer über 200-jährigen und stolzen Geschichte.

Seit der ersten Wiederauflage des Festes in der Nachkriegsgeschichte im Jahr 1949 ist der Volksfestausschuss Eichstätt für die Durchführung verantwortlich.

Vier Jahre nach Kriegsende herrschte auch in Eichstätt wieder Aufbruchstimmung und Eichstätter Geschäftsleute organisierten als loser Zusammenschluss die Wiesn - und dies erfolgreich, wie der äußerst positive Rückblick auf dieses Volksfest in der Stadtratssitzung vom 9. Oktober 1949 zeigt, "da das Fest aus nichts heraus, ohne irgendwelche städtische oder staatliche Zuschüsse und ohne jeden Garantiefonds durchgeführt wurde. " Aufgrund dieses Erfolgs regte der Stadtrat an, auch die Gestaltung des Faschings im nächsten Jahr dem Volksfestausschuss zu übertragen. Dabei ist es bis heute geblieben.

Den Festausschuss in seiner heutigen Vereinsform gibt es seit 1949. Am 25. November dieses Jahres fand im damaligen Schwabenbräu eine Gründungsversammlung statt.  Es wurde ein Vorstandsteam gewählt und eine Satzung beschlossen. Darin heißt es unter anderem: "Der Verein verfolgt gemeinnützige Zwecke und dient ausschließlich und unmittelbar der Förderung der Allgemeinheit. So führt er vor allem kulturelle und gemeinnützige Veranstaltungen zur Hebung des kulturellen Lebens und damit auch des Ansehens der Stadt Eichstätt durch. "

"An diesem Anforderungsprofil hat sich seither nichts geändert", betonen die beiden Vorsitzenden Frank Stachel und Klaus Dorsch, "der Festausschuss finanziert sich nach wie vor selbst, seine Mitglieder sind ehrenamtlich tätig. In anderen Kommunen erfordert es von der Verwaltung einen nicht unbeträchtlichen Aufwand an Personal und Geld, um so ein Fest auf die Beine zu stellen. " 

Laut Satzung übernehmen der jeweilige amtierende Oberbürgermeister und Landrat die Schirmherrschaft und den traditionellen Bieranstich. Für Andreas Steppberger und Anton Knapp wird das Volksfest 2019 ein Besonderes sein, da beide es ein letztes Mal in Amt und Würden begehen, weil sie im kommenden Frühjahr aus der Kommunalpolitik ausscheiden werden. In ihrem Grußwort zur Jubiläumswiesn 2012 würdigten sie das Engagement des Volksfestausschusses und wussten um die Bedeutung des Volksfestes:  "Die Eichstätter Wiesn bringt Menschen aus Stadt und Land zusammen. Einheimische und Gäste, Familien und Senioren, Alt und Jung feiern gemeinsam ein ?Fest zum Gernhaben' - und das seit 200 Jahren. "

Stachel und Dorsch betonen: "Langjährige Bindungen liegen dem Volksfestausschuss am Herzen, seit 1950 arbeitet wir beispielsweise nun schon mit der Privatbrauerei Hofmühl und der Familie Emslander sehr harmonisch zusammen. " Das jeweils eigens gebraute Volksfestbier wird nicht nur in der Stadt, sondern im ganzen Landkreis Eichstätt geschätzt. Beständigkeit gibt es auch bei der Kooperation mit dem Festwirt. Nachdem das Prinzip der wechselnden Festwirte aus dem Kreis Eichstätter Gastronomen nur noch bis Ende der 1980er-Jahre funktionierte, wurde ab dem Jahr 1991 Festwirt Conny Rudingsdorfer mit seiner Familie zur festen Institution, bis 2012 blieb er Festwirt. Inzwischen steht sein Nachfolger Hans-Jürgen Fuchs bereits zum siebten Mal hinter der Schanktheke. "Ob Trachtenverein, Bayerischer Bauernverband, Boxclub Eichstätt, SV Marienstein, Bayerisches Rotes Kreuz, der Schützengau Eichstätt und seine Vereine oder die Mitarbeiter des städtischen Bauhofs, der Stadtwerke Eichstätt und aus dem Landratsamt", listen die Vorsitzenden beispielhaft auf, "sie alle sind wesentliche, wenn nicht gar unverzichtbare Bausteine im großen Volksfestgebilde geworden. Für dieses partnerschaftliche Miteinander sagen wir Danke. " Am Herzen liegen dem Festausschuss die älteren Eichstätter Bürgerinnen und Mitbürger. Seit 1978 lädt der Volksfestausschuss auf seine Kosten am zweiten Volksfestsamstag alle Bewohner der Stadt, die 70 Jahre und älter sind, ins Bierzelt ein - zu einer Maß Festbier, einer Brotzeit und Unterhaltung mit dem Trachtenverein und Blasmusik. "Dieser Tag hat für uns einen besonders hohen Stellenwert", erklärt Stachel, "und der rege Zulauf bestätigt uns darin. " Und auch der Nachwuchs kommt nicht zu kurz: Die zukünftigen Volksfestgänger werden schon früh verwöhnt, unter anderem mit einem zweiten Kindernachmittag. "Da wird das Festzelt schon am Nachmittag kurzzeitig zum Tollhaus, heuer haben wir dafür Rodscha aus Kambodscha und Tom Palme engagiert", schmunzelt Stachel.  

Manche Schausteller und Fieranten kommen schon seit Jahrzehnten nach Eichstätt und bestätigen dem Volksfestausschuss immer wieder, dass sie sich hier sehr wohl fühlen. "Wir versuchen, persönlich zu betreuen und dabei haben sich über die Jahre hinweg enge Verbindungen und Freundschaften  ergeben", so Stachel.

Dem Volksfestausschuss war auch immer sehr an der Zukunftsfähigkeit des Volksfestplatzes gelegen, so wurde bereits 1977 vom Volksfestausschuss am Festplatz eine Toilettenanlage mit Neben- und Lagerräumen errichtet und über die Jahrzehnte wurde auch bei der Ertüchtigung des Platzes beispielsweise für die Stromversorgung mitfinanziert.  

Der Volksfestausschuss ist zudem Heimat für zwei weitere Säulen im gesellschaftlichen Leben Eichstätts: die Faschingsgesellschaft Eichstätt und der Fanfarenzug Eichstätt. "Mit Idealismus, Fantasie und Einsatzfreude haben sich beide Gruppierungen über Jahrzehnte einen hervorragenden Ruf erworben, der weit über die Stadtgrenzen hinaus geht", betont Stachel, wir sind daher sehr stolz, die FGE und den Fanfarenzug an unserer Seite zu wissen. "

Insgesamt gehören dem Volksfestausschuss derzeit 41 Männer und eine Frau an, geführt wird er von Frank Stachel (Erster Vorsitzender) und Klaus Dorsch (Zweiter Vorsitzender) mit den Vorstandskollegen Christian Schmidt (Schriftführer), Georg Heberl (Kassier), Thomas Hiemer (Platzwart) und Herrmann Meier, Markus Schmidramsl und Ferdinand Strobl (Beisitzer), der langjährige "VA-Chef" Anton Straßer ist Ehrenvorsitzender.

Eine der schönsten Aufgaben des Jahres liegt für den Vorstand schon einige Zeit zurück, die Auswahl der Wiesnkönigin. 1949 hatte dieses Amt Maria Engelhard (heute: Wieser) inne - auch sie muss sich wie die neugierigen Wiesngänger bis morgen Abend gedulden, bis ihre 70. Nachfolgerin am ersten Volksfestfreitag im Festzelt offiziell vorgestellt wird. Auch dieses Ritual ist eine liebgewonnene Tradition beim Volksfest Eichstätt geblieben.