Ingolstadt
Zukunft ungewiss

Psychosoziale Krebsberatungsstelle gibt es seit fünf Jahren – doch die Finanzierung läuft aus

16.07.2015 | Stand 02.12.2020, 21:02 Uhr

Kämpfen für die Zukunft der Psychosozialen Krebsberatungsstelle in Ingolstadt: Professor Josef Menzel, Michael Kirschner, Ulrike Adlkofer, Edith Schweiger, Christine Hauck, Gerhard Vogel, Professor Günter Schlimok und Markus Besseler (von links) - Foto: Stückle

Ingolstadt (DK) Krebs! Eine solche Diagnose stellt den Lebensplan des Erkrankten und seiner Angehörigen völlig auf den Kopf. Für Betroffene ist eine Krebserkrankung oft noch Jahre nach der Behandlung eine immense psychische Belastung. 5308-mal hat die Psychosoziale Krebsberatungsstelle Ingolstadt in den fünf Jahren ihres Bestehens Krebspatienten oder deren Angehörigen in dieser Situation gute Hilfe geleistet. Seit der Eröffnung im Juli 2010 baute sie ihr Beratungsangebot kontinuierlich aus – auch mit Außenstellen in Pfaffenhofen und Eichstätt. Gestern feierte die Psychosoziale Krebsberatungsstelle der Bayerischen Krebsgesellschaft in der Ingolstädter Levelingstraße ihr fünfjähriges Bestehen. Doch es gab nicht nur Gutes zu vermelden.

Ende 2016 läuft die Finanzierung der Beratungsstelle über die Deutsche Krebshilfe aus. Weil es bis 2010 im nördlichen Teil Oberbayerns kein vergleichbares psychosoziales Angebot für Krebspatienten gab, hatte die Deutsche Krebshilfe die Beratungsstelle im Rahmen eines bundesweiten Programms bezuschusst. Diese Förderung war von Anfang an befristet, betonte Markus Besseler, Geschäftsführer der Bayerischen Krebsgesellschaft. Der Träger der Ingolstädter Beratungsstelle ist nun auf der Suche nach langfristigen Finanzzierungswegen, um das Beratungsangebot in Ingolstadt aufrechterhalten zu können.

Jeder Regierungsbezirk finanziert derzeit nur eine Beratungsstelle pro Bezirk. In Oberbayern ist das die Krebsberatungsstelle München. Wie es mit der Ingolstädter Einrichtung weitergeht, ob sie gar geschlossen werden muss, ist unklar. Für die Finanzierung werden ab 2017 jährlich bis zu 190 000 Euro benötigt.

Denkbar wäre, das Beratungsangebot zum Teil über Krankenkassen oder Rentenversicherungsträger zu finanzieren. Derzeit laufen diesbezüglich Gespräche – auch auf landes- und bundespolitischer Ebene. Auch die Kommune komme als Kostenträger infrage. Professor Josef Menzel, der Direktor der Medizinischen Klinik II am Klinikum, das eng mit der Beratungsstelle zusammenarbeitet, könnte sich etwa die Ingolstädter Bürgerstiftung als Förderer vorstellen. Wie notwendig die Arbeit der psychosozialen Krebsberatungsstelle ist, verdeutlichen einige Zahlen. Jährlich erkranken laut Jahresbericht 2012 des bevölkerungsbezogenen Krebsregisters Bayern in Ingolstadt und den umliegenden Landkreisen Eichstätt, Pfaffenhofen und Neuburg-Schrobenhausen rund 2000 Menschen neu an Krebs. 2010 waren es genau 2047. Etwa 600 davon suchen Hilfe in der Ingolstädter Krebsberatungsstelle.

Innerhalb von fünf Jahren hat sich die Zahl der jährlichen Beratungen hier von 422 im Jahr 2010 auf 1211 im Jahr 2014 fast verdreifacht. Professor Günter Schlimok, Präsident der Bayerischen Krebsgesellschaft, Professor Menzel vom Klinikum und Michael Kirschner vom Institut für Strahlentherapie und radiologische Onkologie machen in einem Pressegespräch die Notwendigkeit psychosozialer Beratungsangebote deutlich. „Betroffene und Angehörige bekommen Zeit für all ihre Probleme“, betonte die Sozialpädagogin und Psychoonkologin Ulrike Adlkofer, Leiterin der Ingolstädter Krebsberatungsstelle. Und nicht zuletzt die Vertreter der Selbsthilfegruppen – Christine Hauck und Edith Schweiger von der Selbsthilfegruppe Krebs sowie Gerhard Vogel von der Selbsthilfegruppe für Prostatakrebs – brachen eine Lanze für die Beratungsstelle. So wichtig Selbsthilfegruppen auch seien: „Wir sind alles Laien, hier sitzen die Fachkräfte.“