Berlin
Zukunft Elektroauto

Beim "Autogipfel" im Kanzleramt wird um eine Kaufprämie gerungen

26.04.2016 | Stand 02.12.2020, 19:54 Uhr

Berlin (DK) Die deutsche Autobranche muss aufpassen, dass sie bei den Antrieben der Zukunft nicht hinterherfährt. Weil es um 800 000 Jobs in der Industrie geht, ist die Politik alarmiert. Daher hatte Kanzlerin Angela Merkel Vorstandschefs und das halbe Kabinett zum "Autogipfel" geladen.

Was stand beim Autogipfel im Kanzleramt auf der Tagesordnung? Es gab viel zu besprechen zwischen der Regierung und den Autobossen. Der Abgas-Skandal, zunächst nur ein Fall VW, hat sich ausgeweitet. Ein Prüfbericht der Regierung weist nun fast allen deutschen Herstellern Trickserei mit Abgas-Werten nach. Jetzt soll ein Untersuchungsausschuss im Bundestag den Skandal aufarbeiten. Zentrales Thema des abendlichen Gipfels, an dem für die Autoindustrie unter anderem die Vorstandschef von Daimler, VW und BMW teilnahmen, sollte jedoch die künftige Förderung von E-Autos sein.

 

Wie viele E-Fahrzeuge sind in Deutschland inzwischen zugelassen? Bisher sind es 25 500 reine Elektroautos sowie 130 000 Hybrid-Fahrzeuge mit zuschaltbarem Elektroantrieb. Knapp dreißig Serienmodelle heimischer Hersteller sind auf dem Markt. Ohne zusätzliche Fördermaßnahmen werde das offizielle Regierungsziel, bis 2020 eine Million E-Autos auf Deutschlands Straßen zu bringen, kaum erreichbar sein, sind sich Regierung und Industrie einig.

 

Wie könnte das neue Förderkonzept aussehen? Im Gespräch ist eine Kaufprämie von zunächst bis zu 5000 Euro, ab 2018 noch 3000 Euro für reine Elektroautos. Für Hybrid-Fahrzeuge wären es zunächst 3000 Euro, später noch 2000 Euro. Das Geld könnte nur dann fließen, wenn der Listenpreis unterhalb von 60 000 Euro liegt. Ein bemerkenswerter Kniff: Denn damit würden insbesondere die hiesigen Autobauer profitieren. Der erfolgreiche US-Hersteller Tesla hat bisher lediglich Modelle mit einem Einstiegspreis knapp unterhalb von 90 000 Euro im Angebot.

 

Wie schnell würde die Prämie ausgezahlt? Das Geld könnte noch in diesem Jahr fließen. Vorausgesetzt, der Bundestag und Haushaltsschuss geben grünes Licht. Großes Vorbild für die Förderung wäre die Abwrackprämie. Auch sie funktionierte nach dem "Windhundprinzip": Wer zuerst kommt, sichert sich das Geld. Alle anderen gehen leer aus. In Regierungskreisen ging man von einem möglichen Fördervolumen von gut einer Milliarde Euro aus. Die Hälfte davon sollen die Hersteller allerdings selbst tragen.

 

Setzt die Regierung ausschließlich auf die Prämie? Nein, das macht sie nicht. Schon jetzt gibt es Steuervorteile und weitere Privilegien für E-Autos. Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) will auch die Ladeinfrastruktur verbessern, 15 000 neue "Strom-Tankstellen" bauen. Kostenpunkt: 300 Millionen Euro. 100 Millionen Euro hatte die Regierung für einen neuen Steuervorteil vorgesehen. So soll das Laden von Autos beim Arbeitgeber kein geldwerter Vorteil sein, auf den der Fiskus zugreift.

 

Was sagen Kritiker? Gegner der Kaufprämie warnen vor Mitnahmeeffekten. Sie verweisen auf die Milliardengewinne der Hersteller und sehen keinen Grund, warum die Steuerzahler für diese Prämie aufkommen sollten. Schließlich werde die Förderung kaum zu Preissenkungen bei den Herstellern führen. Hohe Preise, geringe Reichweiten und lange Ladezeiten sind aus Verbrauchersicht die größten Nachteile der heutigen Elektroautos. Befürworter der Prämienlösung allerdings sind der Überzeugung, nur so könne der Technologie zum Durchbruch auf dem deutschen Markt verholfen werden. Andere Länder mit bereits höheren Verkaufszahlen hätten ebenfalls auf Prämien gesetzt.