München
Zufrieden – mehr aber nicht

Das Achtelfinale der Champions League ist für den FC Bayern nur ein Etappenziel

25.11.2015 | Stand 02.12.2020, 20:30 Uhr

München (DK) Die Bayern können derzeit jedes Problem locker wegstecken, keine Herausforderung ist zu groß. Nach dem souveränen 4:0 (3:0) gegen Olympiakos Piräus stehen die Münchner vorzeitig im Achtelfinale der Champions League. Nur ein Spieler bereitet dem Rekordmeister etwas Sorgen.

Die Zuschauer standen auf und applaudierten, als Holger Badstuber mit gesenktem Kopf, hadernd und enttäuscht, in den Katakomben verschwand. Sie zeigten ihr Mitgefühl, denn der Innenverteidiger hatte gerade die Rote Karte gesehen, nachdem er in der 53. Minute bei einem Laufduell mit Olympiakos-Angreifer Ideye Brown gerangelt hatte. Der Schiedsrichter entschied auf Notbremse und schickte Badstuber vom Platz.

Es war der einzige Makel im Münchner Spiel gegen Piräus. Und es war besonders tragisch, da Badstuber erstmals nach 217 Tagen wieder in der Startelf der Bayern gestanden hatte. Gerade dem 26-Jährigen, dessen Krankenakte länger ist als die der meisten Senioren, hätte man ein gelungenes Comeback nach sei-ner Verletzungspause gegönnt, nachdem er etwas überraschend das Vertrauen von Trainer Pep Guardiola bekommen hatte. Zwei Kreuzbandrisse, ein Sehnenriss und ein Muskelriss haben Badstuber immer wieder zurückgeworfen. Tapfer und voller Ehrgeiz hatte er sich jedes Mal zurückgekämpft.

„Es ist schade für den Holger, ganz klar“, sagte Kapitän Philipp Lahm. Matthias Sammer ärgerte sich über die Entscheidung des schwedischen Schiedsrichters. „Ich fand, es war keine Rote Karte – bei aller rot-weißen Bayern-Brille. Ich habe es mir ganz genau angeschaut. Wie die Situation zustande kam, ist für mich eine Schwalbe“, meinte der Sportvorstand und ergänzte etwas lapidar: „Ich hoffe, dass er nur ein Spiel gesperrt ist, dann ist das für mich okay. Aber insgesamt war das auch kein Problem.“

Genau dies war das Bemerkenswerteste des Spiels der Münchner: Es war tatsächlich kein Problem, ob zehn oder elf Bayern-Spieler auf dem Platz standen, ob sie ab der 33. Minute ohne den Verletzten Arjen Robben auskommen oder nach dem Ausfall von David Alaba auf der Außenverteidigerposition umstellen mussten – sie dominierten die Gäste trotzdem. Der Platzverweis für Badstuber war nur ein menschliches Element in einem sonst maschinenhaften Auftritt der Münchner. So souverän, wie die Bayern durch die Vorrunde spaziert sind, wirft sie scheinbar nichts aus der Bahn. 5:0 gegen Zagreb, 5:1 gegen Arsenal, 4:0 gegen Piräus. 14:1 Tore in den drei Heimspielen. Der vorzeitige Einzug als Gruppenerster ins Achtelfinale. Alles locker erledigt. Gegen Piräus war das Spiel nach 20 Minuten entschieden.

Guardiola hatte mit Robert Lewandowski, Arjen Robben, Thomas Müller, Douglas Costa und Kingsley Coman fünf Torjäger aufgestellt, und in den ersten 20 Minuten stand immer dort, wo der Ball hinprallte, ein Münchner und vollendete. Costa (8.), Robert Lewandowski (16.) und Müller (20.) stellten früh die Weichen, ehe Coman in der 70. Minute das 4:0 erzielte.

Philipp Lahm wurde nach der Partie gefragt, ob die Bayern künftig mit neun gegen elf spielen wollen. Die „Bild“ hat bereits ausgerechnet, dass die Münchner selbst dann an der Tabellenspitze der Bundesliga stünden, wenn sie ohne Manuel Neuer antreten würden. Und der Torhüter selbst meinte am Dienstag: „Wir haben mit zehn Mann weitergespielt und waren trotzdem die bessere Mannschaft.“ Ein Lob für die Leistung des Teams aussprechen wollte Sammer nicht. Zu klein war der Schritt ins Achtelfinale im Vergleich zu den Zielen, die in München vorgegeben werden. „Wir haben viel und gut dafür gearbeitet. Jetzt sind wir zufrieden, aber mehr auch nicht“, sagte der Sportvorstand. Und Lahm setzte sogar noch einen drauf: „Das nächste wichtige Spiel ist dann erst im Februar und März“, meinte der Kapitän mit Blick auf die Achtelfinalpartien in der Königsklasse. Die Bundesliga? Der DFB-Pokal? Läuft sowieso.

Bleibt die Frage, ob Badstuber auch langfristig das Vertrauen des Trainers erhält. „Insgesamt bin ich unglaublich glücklich, wie er sich präsentiert, er ist für uns sehr wichtig“, sagte Sammer, merkte aber auch an: „Man hat gesehen, es fehlt vielleicht noch ein Prozent vom Timing.“ Kritischer sah das der Trainer selbst. „Es ist eine große Lektion für uns. Im Achtelfinale oder Viertelfinale bist du nach Aktionen wie von Holger raus“, erklärte Guardiola. „Da machen sie den Unterschied.“