Zuckermanns großer Auftritt

06.06.2008 | Stand 03.12.2020, 5:51 Uhr

Berückender Schönklang: Ariel Zuckermann spielt Mozart im Ingolstädter Festsaal. - Foto: Herbert

Ingolstadt (DK) Ein Triumph für Ariel Zuckermann: Das neunte Konzert der Freunde des Georgischen Kammerorchester bestimmte der Israeli stärker als jedes andere zuvor. Zuckermann trat nicht nur als Dirigent auf, sondern griff auch zur Flöte und war sein eigener Solist. Die Doppelbelastung schien den Musiker noch anzustacheln, ließ ihn zur Höchstform auflaufen.

Zuckermann begeisterte bereits mit dem Mozart-Flötenkonzert in G-Dur. Er spielte das Werk feurig, wie man es selten hört, mit schlankem Ton und wenig Vibrato. Dennoch ist sein Konzept wenig geprägt von der Mode der historischen Aufführungspraxis. Was sein Spiel so berückend machte, sind die überirdisch schönen Töne im langsamen Satz, die plötzlichen Temperamentsausbrüche oder die Reprise im letzten Satz, die er überraschend in hauchfeinem Piano erklingen ließ. Das ist so suggestiv musiziert, dass man über ein paar Ungenauigkeiten im Orchester und über die zu lauten Hörner hinwegblicken kann.

Noch mehr verblüffte Zuckermann mit den Zugaben. Wunderbar elegant gelangen zwei Sätze aus der h-Moll-Suite von Bach. "Syrinx" von Debussy wurde dezent und kühl gestaltet, keinen Augenblick mit zu viel Vibrato oder einer unruhigen Tongebung. Und Olivier Truans teuflisch schwieriges Virtuosenstück spielte Zuckermann so sicher und souverän, dass man aus dem Staunen kaum heraus kam.

Aber auch der Dirigent Zuckermann hatte einen besonders guten Tag. Schon die ersten Takte von Sibelius’ "Rakastava" waren berauschend: ein unmerkliches Hineingleiten in die Musik, Melodien, die wie auf einer Woge treiben, mal beschleunigen, dann wieder vor einer schmerzhaften harmonischen Wendung einen Moment zögern. Das ist grandios dirigiert und unfassbar gut vom Georgischen Kammerorchester musiziert. Hier herrschte kein steriler Sostenuto-Wahn wie bei Karajan, sondern hochsensibel auf jede Unebenheit der Musik reagierender atemberaubender Schönklang.

Ganz anders dagegen gingen Zuckermann und die Georgier die 1. Sinfonie von Beethoven an, sicher eins der Paradestücke des Orchesters. Hier war kein völlig neuer interpretatorischer Ansatz zu vernehmen. Es klang nur alles stürmischer, lustvoller, packender, als man es sonst gewohnt war. In dieser Weise erinnerte Zuckermanns Zugriff ein wenig an die legendäre Konzertaufnahme von Beethovens Vierter durch Carlos Kleiber. Zuckermann orientierte sich zudem an Erkenntnissen der historischen Aufführungspraxis, indem er eine ungemein sprechende Klangrede entfaltete. Aber er beging niemals den Fehler, über die vielen Details den großen Bogen der Komposition aus dem Blick zu verlieren. So entstand Musik, die in jedem Moment Spaß machte, ein blitzendes Feuerwerk der Irritationen, Späße und Überraschungen. Eine Sternstunde, die mit Bravorufen und endlosem Beifall gefeiert wurde.