Berlin
Zu wenig Erzieher in den Kindergärten

Laut einer Studie fehlen deutschlandweit 120 000 Betreuer – Familienministerin plant Nachbesserungen

25.07.2014 | Stand 02.12.2020, 22:25 Uhr

Berlin (DK) Der Ausbau der Kindertagesstätten kommt voran, auch wenn das Angebot bei Weitem noch nicht ausreicht. Doch wie gut ist die Qualität? Masse statt Klasse bei der Betreuung der Kleinsten? „Wir brauchen nicht nur mehr Plätze, sondern auch gute Plätze“, erklärte Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig (SPD) am Freitag.

Nach einer neuen Studie der Bertelsmann-Stiftung unterscheiden sich die Personalschlüssel in den einzelnen Bundesländern zum Teil erheblich. Die Experten gehen von 120 000 fehlenden Erzieherinnen und Erziehern aus.

 

Wie viele Betreuungsplätze für unter Dreijährige gibt es in Deutschland inzwischen?
 
Anfang März 2014 standen für 662 000 Kinder unter drei Jahren öffentlich geförderte Betreuungsplätze zur Verfügung – in einer Kindertagesstätte oder bei einer Tagesmutter. Das entspricht einem Plus von 10,6 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Unterm Strich steht für jedes dritte Kleinkind unter drei Jahren ein Betreuungsplatz zur Verfügung. Doch der Bedarf steigt. Derzeit gibt es in Deutschland 327 504 Erzieherinnen und Erzieher in Kindertagesstätten und Kindergärten, 105 284 betreuen vor allem Kinder unter drei Jahren.

 

Wie viel Fachpersonal sollte es in einer Gruppe geben?
 
Die Experten der Bertelsmann-Stiftung raten zu einem Betreuungsschlüssel von 1:3 für Kleinkinder bis drei Jahre und von 1:7,5 für Kinder bis zur Einschulung.

 

Ist der massive Ausbau auf Kosten der Qualität gegangen?
 
„Nein“, versichert das Bundesfamilienministerium. Tatsächlich legen die Länder selbst fest, wie viel Personal pro betreutes Kind zur Verfügung stehen muss. Die Personalschlüssel seien seit der letzten Erhebung konstant geblieben, obwohl in den Einrichtungen immer mehr Kinder betreut würden, argumentiert die Unionsfraktion im Bundestag. Es habe daher „einen deutlichen Zuwachs an Fachkräften gegeben“.

 

Wie unterscheiden sich die Personalschlüssel in den einzelnen Bundesländern?
 
Die Unterschiede sind groß – vor allem zwischen Ost und West. Sie reichen bei der Betreuung unter Dreijähriger von 1:3,3 in Baden-Württemberg bis zu 1:7,2 in Thüringen. In Bayern hat bei den unter Dreijährigen jede Fachkraft im Schnitt 3,9 Kinder zu betreuen, in Mecklenburg-Vorpommern 6,1, in Niedersachsen 4,2, in Nordrhein-Westfalen 3,6, in Niedersachsen 4,2 und in Rheinland-Pfalz 3,8. Bei den über Dreijährigen beträgt der Betreuungsschlüssel im bundesweiten Schnitt 1:9,6. Die Bandbreite geht von 1:7,7 in Bremen bis 1:14,9 in Mecklenburg-Vorpommern.

 

Wie viele Erzieherinnen und Erzieher fehlen?
 
Um den von der Bertelsmann-Stiftung empfohlenen Personalschlüssel überall zu erfüllen, fehlen 120 000 Vollzeit-Erzieherinnen und -Erzieher. Das entspricht zusätzlichen Personalkosten von jährlich fünf Milliarden Euro. Zum Vergleich: Derzeit belaufen sich die jährlichen Ausgaben für Personal in Kindertagesstätten auf bundesweit 14 Milliarden Euro.

 

Plant der Bund ein Gesetz zur Qualität in Kindertagesstätten?
 
„Gute Qualität in Kitas geht nur gemeinsam mit allen Beteiligten. Das heißt, auch Länder, Kommunen und Träger müssen in die Entwicklung von Standards mit eingebunden werden. Das gehen wir jetzt an“, erklärte Familienministerin Schwesig gestern. Die SPD-Politikerin will offenbar nicht an der Länderverantwortung für die Personalschlüssel rütteln. Für den Herbst ist ein Gipfel mit den Ländern geplant, bei dem es aber Absprachen zur Qualität in den Kindergärten geben könnte.

 

Wie viel will der Bund in Zukunft in Kindertagesstätten investieren?
 
In dieser Legislaturperiode soll eine Milliarde Euro für den weiteren Ausbau bereitstehen. Länder und Kommunen werden ab 2017 zusätzlich mit 100 Millionen Euro jährlich bei den Betriebskosten unterstützt. Dieses Geld kann auch für Personalkosten verwendet werden.