Zu Besuch in einer Zinngießerei: Wie der Deckel zum Krug kommt

Ein Blick hinter die Kulissen eines aussterbenden Handwerks

19.06.2017 | Stand 02.12.2020, 17:56 Uhr
Zinngießer Wilhelm Eisenhart vollführt die meisten Arbeitsschritte in seiner Werkstatt. Lediglich das Gießen der Deckel erfolgt in einem eigens dafür vorgesehenen Raum. −Foto: Daniel Wiesheu

Eichstätt (EK) Kleine Zinnfiguren reihen sich in Vitrinen akkurat aneinander, edler Weihnachtsschmuck blitzt in den Schaufenstern und Bierkrüge in unterschiedlichen Größen und mit verschiedenen Verzierungen warten in den Regalen darauf, von ihren künftigen Besitzern befüllt zu werden. Sie sind Zinngießer Wilhelm Eisenharts Nische.

„Jeder braucht heutzutage eine“, erklärt der 60-Jährige. Anders ginge es nicht mehr. Seit 1975 arbeitet Eisenhart als Zinngießer. Anfangs half er seinem Vater im Familienbetrieb, welchen er nun bis heute führt, und begann dann eine Lehre in Nürnberg.

Die wichtigsten Eigenschaften eines Zinngießers laut Eisenhart: „Das Gefühl für die schöne Form, Ausgewogenheit, handwerkliches Geschick, die Liebe dafür, und historisches Interesse“. Die Nachfrage nach seinen Produkten sei gut. „In Bayern hat der Bierkrug noch einen hohen Wert“, erklärt er.

Aber auch wenn Nachfrage nach Zinnprodukten besteht, junge Menschen reizt es offenbar nicht mehr, dieses Handwerk zu erlernen. Seit Kurzem verlangt die Handwerkskammer keine Ausbildung mehr, um sich Zinngießer nennen zu dürfen. „Der Beruf stirbt irgendwann aus“, resümiert Eisenhart. In ganz Deutschland gibt es laut Eisenhart nur noch weniger als 20 Zinngießer. Sie haben sich in einem Verband zusammengeschlossen, in welchem sie die Waren austauschen, auf die sie sich jeweils spezialisiert haben. So kann jeder ein breiteres Sortiment anbieten.

Eisenhart lässt sich davon allerdings nicht beunruhigen. Er muss sich um seinen neuesten Auftrag kümmern: die Bestellung eines Lehrers. Vier Bierkrüge braucht dieser für seine Schafkopfrunde. Die Bilder zeigen, wie die Deckel dieses Auftrags zum Bierkrug kommen. Sie dokumentieren die Arbeitsschritte und geben einen Einblick in Eisenharts Werkstatt.

Hintergrund

Diese Fotoreportage ist im Rahmen eines Seminars an der Katholischen Universität entstanden. Studierende der Journalistik hatten von ihrer Dozenten Isabell Bracker und Christian Klenk den Auftrag bekommen, eigenverantwortlich Fotoreportagen auf die Beine zu stellen. Die angehenden Journalistinnen und Journalisten haben sich unter anderem Künstler und Kunsthandwerker aus der Region als Thema auserkoren. Wir stellen nun in einer Serie einige ausgewählte Arbeiten vor.