Roth
Zu Besuch in der Zukunft

In der neuen Leoni-Fabrik sind als erste Mitarbeiter die Lehrlinge eingezogen - Vollständige Inbetriebnahme für Ende 2021 geplant

24.09.2019 | Stand 23.09.2023, 8:42 Uhr
Übersichtlichkeit und Ordnung dominieren das neue Leoni-Gelände, die Zeiten des verschachtelten Domizils in der Stieberstraße gehören bald der Vergangenheit an. −Foto: Münch

Roth (HK) Nicht immer positiv sind die Nachrichten gewesen, die in den zurückliegenden Jahren und Monaten die Leoni AG betrafen.

Kein Wunder also, dass auch in Roth einige Gerüchte die Runde machten, obwohl doch an der Lände die "Fabrik der Zukunft" des größten industriellen Arbeitsgebers im Landkreis mit 960 Beschäftigten gleichzeitig immer mehr Gestalt annahm.

Laut Ausbildungsreferentin Silke Gatt ging es so weit, dass behauptet wurde, Leoni würde nicht mehr ausbilden und es würde auch nicht mehr übernommen. Beides treffe nicht zu, sagt Gatt bei einem Rundgang durch die zu einem großen Teil schon fertige Fabrik der Zukunft. "Wir sind schon im Verfahren für 2020 und geben auch eine Übernahmegarantie. "Wer zum Beispiel den Ausbildungstrakt des neuen Fabrikkomplexes, den sogenannten Technical Trainingscenter, betritt, dem begegnen dort gleich 15 frisch eingestellte Azubis. Sie sind gerade dabei, die Grundlagen kennenzulernen und feilen ganz klassisch an Werkstücken herum. "Den Bezug zum Material vermitteln wir immer noch ganz klassisch", sagt Teamleiter Martin Biller. Drei bis vier Monate seien die Technik-Azubis erst einmal hier, bevor sie an die Maschinen dürfen.

Am 10. September sind sie in das Trainingscenter eingezogen, das auf knapp 600 Quadratmeter Lernwerkstätten, Übungsräume, Lerninseln und generell modernste Technik, samt eigenem Notebook für die Kaufleute und Laptop-Pool für die Techniker bietet. Insgesamt gibt es am Standort Roth derzeit 44 technische Auszubildende, dazu kommen 21 kaufmännische und 12 Studenten - nicht schlecht für "nicht ausbilden". Die Kauffrauen und -männer wurden und werden auch gleich eingespannt, den Umzug mitzuorganisieren, so wie Jennifer Gußner, die für die Schlüssel und die Türschilder verantwortlich zeigte. "Das macht voll Spaß", sagt sie über die eigentlich ungewohnte Aufgabe. Zumal man auch den Vorteil habe, das neue Werk schon vorher zu kennen. Gut sieben Wochen war sie im Team, das den Umzug organisiert, aber nun geht es in die nächste Abteilung", sagt Silke Gatt.

Neben dem Aus- und Weiterbildungszentrum werden zum Leistungsspektrum der neuen Fabrik das Kompetenzzentrum und der Dienstleistungsstandort für die Divison Wire & Cable Solutions, ein Labor- und Entwicklungszentrum, Prozess-, Material- und Verfahrensentwicklung, die Entwicklung und Fertigung technisch komplexer Produkte wie Datenleitungen für autonomes Fahren oder Intelligente Kabelsysteme sowie die Herstellung von Isolationswerkstoffen gehören. Der Schwerpunkt wird laut Schmidt dabei eindeutig auf der Automobilindustrie liegen. Einher mit der neuen Fabrik gehen Ziele wie mehr Effizienz, Flexibilität, Rahmenbedingungen für Innovationen, moderne Arbeitsplätze und Prozesse, höhere Produktivität sowie die Stärkung des Kerngeschäfts. Wenn alles fertig ist, werden rund 90 Millionen Euro in den neuen Standort inklusive Umzug investiert sein. Ein notwendiger Schritt, denn in der Enge und Verbautheit des Geländes an der Stieberstraße wäre eine Entwicklung nicht mehr möglich gewesen. Vieles sei ja auf mehreren Stockwerken produziert worden, jetzt erfolge alles auf einer Ebene, sagt Schmidt.

Wie problematisch es am alten Standort letztlich zugeht, verdeutlicht Richard Feix, der Produktions- und Technikchef, auch an der Logistik. Lediglich eine Zufahrt gebe es da, durch die alle müssten: Anlieferung, Abtransport und Mitarbeiter, selbst zum Firmenparkplatz geht es durchs Haupttor. "Da gibt es schon die ein oder andere haarige Situation. " An der Lände stehen dagegen großzügige Zufahrten und Rampen sowie Stellflächen zur Verfügung. Dort, wo die Lkw bis in die Hallen fahren müssen, gibt es extra Schleusen, um Zugluft zu vermeiden.

So betriebsam wie in der Lehrwerkstatt geht es allerdings zurzeit im Rest des rund 57000 Quadratmeter bietenden Fabrikkomplexes noch nicht zu, fast leere Regale und sparsam bestückte Hallen dominieren noch das Bild. Bis hier rund 400000 Kilometer Kabel und 32000 Tonnen Granitgranulat pro Jahr produziert werden, wird noch einige Zeit vergehen.

"Das ist eine Mammutaufgabe", erklärt Feix. Rund zwei Jahre seien dafür angesetzt. Auf einen festen Termin für ein Einweihungsfest wollen sich allerdings weder er noch Firmensprecher Sven Schmidt einlassen. Die vollständige Inbetriebnahme der "Fabrik der Zukunft" sei für Ende 2021 geplant, 2022 vielleicht dann das große Fest.

Rainer Messingschlager