Ingolstadt
Zimmer verzweifelt gesucht

Das Semester hat nun auch für die Uni-Studenten begonnen und der Kampf um Wohnungen ist weiter hart

18.10.2016 | Stand 02.12.2020, 19:10 Uhr

Die Wohnungssuche in Ingolstadt gestaltet sich für viele Studenten äußerst schwierig. Lange Wartezeiten in den Wohnheimen sind die Regel, hohe Preise auf dem freien Markt ebenfalls. - Foto: Kerestely

Ingolstadt (DK) Am Montag hat nun auch an der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt das Wintersemester begonnen. 1060 der rund 5300 Studenten sind an der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät (WFI) in Ingolstadt immatrikuliert. Auch für sie ist die Suche nach bezahlbaren Wohnungen das drängendste Thema.

Der frühe Vogel fängt den Wurm. Ein wichtiger Erfolgsfaktor bei der Wohnungssuche ist die Geschwindigkeit. "Die Anzeige wurde gerade hochgeladen, und ich habe mich sofort gemeldet. Gottseidank hat das geklappt", erzählt Kevin Rödel, BWL-Student im ersten Semester an der WFI. Mit seiner neuen Bleibe ist er äußerst zufrieden: "Ich wohne in einem Studentenwohnheim der Canisiusstiftung. Es ist billig und gut gelegen. Ich habe ziemlich viel Glück gehabt", sagt er. Was er dabei aber verschweigt: Zuvor hatte er erst einmal zwei Monate lang intensiv Online-Wohnungsbörsen durchstreift.

Robin Schopferer, der im Wintersemester mit seinem Master an der WFI anfängt, hatte eine andere Taktik: Er fragte direkt bei Anbietern von Studentenwohnungen an - und erhielt zwei Zusagen. Zur Besichtigung konnte er nicht kommen, entschied sich aber anhand der Bilder für ein Studentenapartment bei einem privaten Anbieter. Allerdings vermittelten die Bilder manchmal einen falschen Eindruck, meint er. "Für 330 Euro warm kriege ich ein 13 Quadratmeter großes Zimmer. Ich dachte, wenn das Zimmer schon so klein ist, wird es zumindest modern sein, was aber nicht der Fall war", erzählt Robin. "Wenn ich so viel Geld zahle, möchte ich schon etwas Gutes bekommen."

Obwohl das Semester an der WFI schon am 17. Oktober begonnen hat, läuft der Mietvertrag der frisch immatrikulierten Masterstudentin Jacqueline-Helena Strohschen erst ab dem 11. November. Im ersten Monat ihres Studiums wird sie pendeln. "Davor habe ich in Frankfurt gewohnt. Zurzeit schlafe ich bei einer Bekannten in München", sagt Jacqueline-Helena. Von der Haustür bis zur Uni braucht sie daher erst einmal knapp zwei Stunden. Deshalb freut sich die Studentin auf ihren Mietvertrag. Alle Wohnheime seien bis Ende nächsten Jahres ausgebucht. "Ich hatte Glück, dass ich das bekommen habe. Jemand ist abgesprungen, und ich habe zum richtigen Moment geschrieben", erzählt Jacqueline-Helena. Alles andere sei kaum bezahlbar gewesen.

Über die hohen Preise beschweren sich auch die anderen Studenten. Manche bevorzugen es daher, zu pendeln, statt hohe Mieten zu zahlen. Diese Entscheidung hat auch Theresa Näßl für sich getroffen. Sie studiert deutsch-chinesische BWL im dritten Semester an der WFI, wohnt bei ihren Eltern in Friedberg und fährt täglich 45 Minuten nach Ingolstadt mit dem Zug. "Für meine Zugfahrkarte zahle ich nur 180 Euro im Monat. Das ist günstiger, als hier zu wohnen", meint sie. "Außerdem ist es bequemer zu Hause", fügt sie hinzu.

Es gibt auch günstige Studentenwohnungen. Diese werden von Trägern wie der Katholischen Canisiusstiftung, dem St.-Gundekar-Werk Eichstätt, dem Studentenwerk Erlangen-Nürnberg und von der Gemeinnützigen Wohnungsbaugesellschaft Ingolstadt angeboten. In einem Zimmer von etwa 14 Quadratmetern kann man schon für circa 130 Euro Warmmiete pro Monat wohnen. Aber das Wohnungsangebot dort ist begrenzt, und die Wartelisten sind lang. Bei der Canisius-Stiftung, die 285 Plätze bietet, bewerben sich 400 Studenten pro Semester. Wer ein Zimmer will, muss deshalb meist sechs bis zwölf Monate warten.

Etwas teurer sind die Studentenwohnungen von privaten Trägern. Beim Anbieter Uni Apart, der 340 Plätze in Ingolstadt bereithält, kostet beispielsweise ein zwischen 25 und 30 Quadratmeter großes Einzelapartment rund 450 Euro. Dafür hat man aber eine eigene Küche und ein Bad. Wie lange man darauf warten muss, darüber hüllt man sich dort in Schweigen.

Klar ist: Die Nachfrage nach studentischen Wohnungen wächst weiter. Während im Wintersemester 2014/2015 rund 5100 Studierende an der Technischen Hochschule Ingolstadt (THI) eingeschrieben waren, begrüßte die Hochschule im Oktober 2016 knapp 5500 Studierende - ein neuer Rekord an der THI. Immerhin ist an der WFI die Zahl der Studierenden über die Jahre konstant geblieben.

Konkurrenten auf dem Wohnungsmarkt sind allerdings auch Studenten, die ein Praktikum in Ingolstadt durchlaufen - die meisten davon bei der Audi AG. Nach Informationen der Pressestelle des Unternehmens absolvieren im Schnitt pro Jahr rund 1600 junge Menschen ein Praktikum bei Audi. Um die Situation zu entschärfen, vermietet zumindest die Canisiusstiftung nach eigener Aussage ihre Wohnungen nur an WFI- und THI-Studenten.

Laut städtischem Statistikamt bekommt fast jeder dritte der gut 6000 Studenten an WFI und THI einen Platz in einem Wohnheim in Ingolstadt (private Träger wurden bei der Auswertung mitgezählt). Rechne man diejenigen weg, die gar keine Wohnung brauchen, weil sie aus Ingolstadt oder aus der Region kommen und pendeln können, sei es sogar jeder zweite.

Wer zu der anderen Hälfte gehört, muss sein Glück auf dem freien Markt erproben, wo nicht nur Studenten die Preise überhöht finden. Alexander Orthmann, Gesellschafter von Uni Apart, meint, dass allgemein die Wohnsituation in Ingolstadt verbessert werden sollte: "Es muss mehr Angebote geben. Das Verhältnis von Angebot und Nachfrage bestimmt auch den Preis", sagt er.

Allerdings hat sich die Situation für Studenten in Ingolstadt in den vergangenen Jahren merklich verbessert. Die aktuelle Erhebung der Statistiker zu den Studentenwohnungen in Ingolstadt ergibt eine Gesamtzahl von 1841 Wohnungen und Appartements. Dies ist eine Steigerung von über 84 Prozent in den vergangenen sechs Jahren (ca. 1000 Wohnungen im Jahr 2010).

Und es wird weiter gebaut. So beginnt beispielsweise im Frühjahr 2017 die Katholische Canisius-Stiftung mit dem Bau eines neuen Studentenwohnheims mit 20 Zimmern in der Innenstadt, wie Kristina Veitinger von der Verwaltung mitteilt.

Nur Uni Apart wird sich nach eigener Auskunft erst mal nicht an weiteren Projekten in Ingolstadt beteiligen. Die Grundstückspreise seien einfach zu hoch, als dass man für Studenten angemessene Preise bieten könne, erklärt Gesellschafter Orthmann. Uni Apart wird nun erst einmal in anderen Städten bauen, beispielsweise in Neu-Ulm.