Mörnsheim
Zeugnisse des Glaubens am Wegesrand

In Mörnsheim wurde Fotoausstellung über Marterl und Kreuze eröffnet

04.11.2019 | Stand 02.12.2020, 12:42 Uhr
  −Foto: Mayer, privat

Mörnsheim (max) Oft stehen sie wenig oder überhaupt nicht beachtet am Straßenrand, an einem Feldweg, an einer Wegkreuzung oder Gabelung, meist rauscht der Verkehr an ihnen vorbei: Kreuze, Marterl und Kapellen.

Doch genau solche religiösen Denkmäler nahm nun eine Gruppe von Fotografen in und um Mörnsheim in den Blick und zauberte eine wunderbare Bildergalerie. Viele Gäste, vor allem auch die Eigentümer und Bewahrer der Denkmäler, waren ins Haus des Gastes nach Mörnsheim gekommen, um mit den Fotokünstlern die Vernissage zu einer ausdrucksstarken Ausstellung zu begehen.

Eingeladen dazu hatte die Pfarrei Mörnsheim, von dessen Pfarrer Christoph Wölfle auch die Initialzündung ausging. Antreibende Kraft und Motor war aber Marion Sänger, Fotomeisterin und zugleich die gute Seele im Mörnsheimer Pfarrhaus, die die Mitglieder des Fotokurses St. Anna in den vergangenen Monaten angeleitet hatte, Wegkreuze, Kirchen sowie religiöse Denkmäler in der Marktgemeinde zu fotografieren. Entstanden ist ein eindrucksvolles Zeugnis vom Leben und Glauben in der Heimat. Am kommenden Sonntag besteht nochmals die Möglichkeit, die Bilder zwischen 14 und 18 Uhr in Augenschein zu nehmen. Eine der Teilnehmerinnen, Petra Riedelsheimer (Tagmersheim), skizzierte den Weg nach, der im September 2017 mit einem Aufruf von Marion Sänger im Rahmen eines Gottesdienstes begonnen hatte. Nach einer fototechnischen Einführung wurden zunächst verschiedene Objekte und Naturerscheinungen wie die fließende Gailach oder auch Spiegelungen auf Wassertropfen festgehalten. Es folgte eine Lehrfahrt nach Dresden, bei der Architekturaufnahmen im Mittelpunkt standen. Zur 1100-Jahr-Feier Mörnsheim im August 2018 trat die Gruppe dann erstmals öffentlich in Erscheinung, als sie mit ihrem historischen Fotostudio für Aufsehen sorgte. In der Folge entwickelte sich die Projektidee, die in den vergangenen Monaten künstlerisch umgesetzt wurde: die Glaubensdenkmäler der Mörnsheimer Ortsteile ausfindig zu machen und die Geschichten dazu festzuhalten.

Genau hierin sieht Pfarrer Christoph Wölfle die tiefe Bedeutung, die diese religiösen Denkmäler ausstrahlen. "Je mehr man sich dann mit der Geschichte dieser Kreuze beschäftigt, umso mehr wird deutlich, mit wie viel oft unaufdringlichem Glauben diese Denkmäler entstanden und bewahrt wurden", meinte er in seinen einführenden Worten. Gemeinsam sei die Zielrichtung von Denkmälern, an Personen und damit verbundene Ideen, Leistungen, geschichtlich bedeutsame Ereignisse zu erinnern. Obwohl die Objekte der Fotoausstellung sich alle unter den Oberbegriff der religiösen Denkmäler zusammenfassen ließen, sei doch aufgrund einer unerschöpflichen Vielfalt eine Ausdifferenzierung nötig. Kirchen, Friedhöfe, Kapellen, Kreuze, Bildstöcken, Bildsäulen und Marterl seien hier anzuführen, wobei auf Letztgenannten oftmals Unglücke beschrieben oder dargestellt sind und den Betrachter häufig um ein Gebet bitten. Das Marterl wird oft in Verbindung mit den Sühnekreuzen gesehen, und der Begriff "Marter" war im späten Mittelalter ein Synonym für "Kreuz". Er selbst, so Wölfle weiter, habe einerseits gestaunt, wie achtlos man tatsächlich an solchen Denkmälern vorübergeht, andererseits aber registriert, wie viele Menschen sich überaus engagiert dafür einsetzen und wie sehr in den meisten Fällen Menschen mit diesen Denkmälern verbunden sind und nach wie vor dafür sorgen. Hier setzte auch Domkapitular Reinhold Kürzinger an, der daran erinnerte, dass die religiösen Symbole zum Innehalten einladen: Einheimische wie Fremde. Auch Touristen sind heute sehr aufgeschlossen für spirituelle Angebote und Anregungen. Damit spannte er den Bogen zur parallel laufenden Initiative des Marktes Mörnsheim, in Verbindung mit den Nachbargemeinden Dollnstein und Wellheim ein Konzept für den Spirituellen Tourismus zu entwickeln.

Bürgermeister Richard Mittl, selbst passionierter Hobbyfotograf, richtete seinen Dank an die Menschen, die mit richtigem Auge ganz besondere Bilder erstellt haben. Die fotografierten Orte bezeichnete er als Oasen der Einkehr und Orte der Stille, die besonders gut geeignet seien, um für Entschleunigung in einer immer hektischer werdenden Zeit und Gesellschaft zu sorgen.

Die theologische Deutung oblag Professor Stephan E. Müller, der den Lehrstuhl für Moraltheologie an der Theologischen Fakultät der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt bis zu seiner Emeritierung nach dem Sommersemester 2015 innehatte. Hinter diesen Kreuzen stehen oft schwere und schmerzliche Schicksalsschläge, unerfüllte Wünsche und Erwartungen, kurzum Ereignisse, die Menschen aus der Bahn geworfen haben. Man könnte auch von der Macht der Unbegreiflichkeit sprechen, die dazu führe, dass man nach einem Ort sucht, wo man hingehen kann.
Das Geschenk des Glaubens bestehe deshalb für Christen darin, dass sie mit dem Kreuz einen Ort der Zuflucht geschenkt bekommen haben, wo sie ein Gegenüber haben, das an den Sohn Gottes erinnert, der dabei den Weg des Leidens gegangen ist.

Im Nachgang zur Ausstellung ist jeder aufgerufen mitzumachen. So sollen alle religiösen Denkmäler der Pfarrei in einer Chronik? dokumentiert werden. Pfarrer Wölfle bat deshalb, falls irgendwelche Kreuze oder Bildstöcke vergessen wurden, um Information.