Pfaffenhofen
Zeuge schweigt, Verfahren wird eingestellt

Vermeintlicher Rauschgiftdeal lässt sich nicht zweifelsfrei nachweisen

17.10.2018 | Stand 02.12.2020, 15:26 Uhr

Pfaffenhofen (wok) Da ein Zeuge offenbar überhaupt keine Lust hatte, vor dem Schöffen-Gericht auszusagen und der Prozess um illegalen Rauschgifthandel deshalb beim letzten Mal vertagt werden musste, wurde der Zeuge jetzt beim Folgetermin von der Polizei zum Gericht eskortiert.

Für Gerichtsdirektor Konrad Kliegl war es das erste Mal in seiner 30-jährigen Berufszeit, dass ein Zeuge sich so hartnäckig seiner Pflicht verweigerte.

Der arbeitslose Zeuge Lukas K. (Namen geändert) aus dem mittleren Landkreis hätte mit seiner Aussage dazu beitragen sollen, zu klären, ob die Beschuldigungen der Staatsanwaltschaft gegen den Angeklagten Koch Herbert F. aus Pfaffenhofen wegen Handels mit unerlaubten Betäubungsmitteln zutrafen oder nicht. Denn dem Angeklagten wurde vorgeworfen, mit Betäubungsmitteln gehandelt zu haben beziehungsweise einen solchen Handel beabsichtigt zu haben. Grundlage waren die vom Richter verlesenen Chatverläufe aus der Zeit von Ende 2016 bis Anfang 2017 zwischen dem Angeklagten und dem Zeugen. Darin ließ Herbert F. laut Staatsanwältin Julia Eser den Zeugen wissen, dass er einen Kaufinteressenten für ein Kilogramm Marihuana für 1000 Euro hätte, verbunden mit der Bitte, dass Lukas K. solle doch das Rauschgift besorgen sollte.

Für den Angeklagten stellte sich der gesamte Vorfall ganz anders dar. Nach seiner Schilderung hatte ere den damals noch minderjährigen Lukas K. kennengelernt, als dieser eine Therapie beendet hatte und ihm 450 Euro gegeben, mit der Bitte, ihm Marihuana zu besorgen. Doch Lukas K. habe sich nicht mehr gemeldet und nur deshalb habe er ihm ein fingiertes, vermeintlich lukratives Geschäft vorgeschlagen. Er habe ihn zu einem Treffen locken wollen, um ihn zur Rede zu stellen und sein Geld zurückzufordern. Im Notfall hätte er sogar auf sein Geld verzichtet, so Herbert F. Schließlich sei Lukas K. ja gerade in der Lehre gewesen und habe über wenig Geld verfügt.

Um die Klage der Staatsanwaltschaft zu untermauern, hätte Lukas K. aussagen sollen, doch im ersten Teil des Prozesses war er nicht erschienen, so dass Richter Kliegl jetzt die polizeiliche Vorführung anordnete. ? Der einzige Zeuge im ersten Prozessteil war ein Polizeibeamter der Inspektion Pfaffenhofen, der berichtete, wie die Polizei auf die Rauschgiftgeschäfte gestoßen sei: Auf einem beschlagnahmten Handy warem die Chatverläufe zu lesen, dabei hatte der Angeklagte die Chats auch noch über das Handy seiner Oma laufen lassen.

Beim Fortsetzungstermin war der Zeuge, begleitet von zwei Polizisten, zwar anwesend. Nachdem Richter Kliegl ihn über seine Rechte informiert hatte, machte er aber von seinem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch, so dass er nach fünf Minuten den Gerichtssaal wieder verlassen konnte.

Richter Kliegl gab zu erkennen, dass er wegen der zu geringen Nachweise einer Schuld das Verfahren einstellen würde und fragte Staatsanwältin Eser und Verteidiger Stefan Heinl (Pfaffenhofen) nach deren Auffassung. Beide waren nach der gesamten Verhandlung auch nicht ganz überzeugt von der Schuld des Angeklagten. Nach interner Beratung mit den Schöffen stellte Richter Kliegl das Verfahren wegen geringer Schuld auf Kosten der Staatskasse ein, der Angeklagte hat seine Kosten zu tragen. Damit kam es auch zu keiner Verurteilung wegen Beihilfe zum unerlaubten Handel mit Rauschmitteln, da es auch keine Anknüpfungspunkte für den Wirkstoffgehalt des angeblich angebotenen Marihuanas gab. Und obwohl der Angeklagte in den Jahren 2009 bis 2011 eine ganze Latte an Vorstrafen wegen unerlaubten Schusswaffenbesitzes, Körperverletzung, Einbruch und Bandendiebstahl sowie schweren Raubes mit Geldstrafen und einer Strafe von dreieinhalb Jahren hatte (davon zwei Drittel abgesessen), hielt ihm Richter Kliegl zugute, dass es in den letzten sieben Jahren zu keiner weiteren Straftat gekommen war.