Zeuge in Dieselprozess stärkt Positionen von Ex-Audi-Chef und früherem Motorenchef

Ein kleiner Etappensieg

26.01.2021 | Stand 23.09.2023, 16:38 Uhr
Ex-Audi-Chef Rupert Stadler. −Foto: dpa

München/Ingolstadt - Es geht um technische Details, um Fragen, wer welche Entscheidungen getroffen hat und wo letztlich die Verantwortlichkeiten liegen.

Im ersten Prozess auf deutschem Boden um den Dieselbetrug hangelt sich die 5. Große Wirtschaftsstrafkammer am Landgericht München II langsam voran. Am Dienstag saß erneut ein ursprünglich ebenfalls in Verdacht geratener Audi-Beschäftigter im Zeugenstand. Einige Aussagen des 47-Jährigen dürften vor allem zwei Angeklagte aus der früheren Führungsetage gefreut haben: Ex-Audi-Chef Rupert Stadler und Wolfgang Hatz, ehemals Motorenchef im Haus der vier Ringe und danach Porsche-Vorstand. Die Zeugenangaben können durchaus als Entlastung für die Ex-Manager gelten.

Armin B. hatte eine Woche zuvor bei seinem ersten Auftritt im Gerichtssaal von enormem Druck, teils unerfüllbaren Vorgaben und straffen Zeitplänen berichtet - all das hatte nach seiner Aussage zur Entwicklung der illegalen Abgastechnik geführt. Hatz soll laut Vorwurf der Staatsanwaltschaft für die Machenschaften verantwortlich sein oder sie zumindest geduldet haben. Das bestreitet Hatz indes vehement, die manipulative Software sei erst nach seinem Weggang bei Audi zum Einsatz gekommen, argumentierte er in seiner ersten Einlassung. Er habe sich stets für technisch saubere und legale Lösungen eingesetzt, sagt er.

Der Zeuge B. beschrieb Hatz am Dienstag als "engagierten Mann", der "großes Interesse" an allen Themen gezeigt und immer versucht habe, "die Technik zu verstehen". Ob Hatz auch die nun in der Anklage zur Debatte stehenden Betrugsfunktionen wie die Deckelung des Adblue-Verbrauchs, einer Harnstofflösung zur Reduzierung des Stickoxidausstoßes, verstanden habe, hakte Vorsitzender Richter Stefan Weickert nach. "Ich kann mich nicht erinnern, dass ich ihm derartige Funktionen vorgestellt habe", antwortete der Zeuge. Damit bestätigte er eine Aussage von Hatz, während seiner Zeit nie über solche Dinge informiert worden zu sein. Das Ganze war laut B. erst 2010 auf Vorstandsebene thematisiert worden, da war Hatz nicht mehr bei Audi.

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Armin B. berichtete außerdem von einem Gespräch mit Ex-Audi-Chef Rupert Stadler am 13. Mai 2016, also mehr als ein halbes Jahr nach Bekanntwerden des Dieselskandals in den USA. Die Anklagebehörde wirft Stadler vor, danach weiter Autos mit manipulativer Abgastechnik in Europa verkauft und zudem die Aufklärung der illegalen Machenschaften behindert zu haben. Der Zeuge hatte eine andere Erinnerung: Stadler habe vielmehr intern "schnellstmögliche Informationen" und Kommentierungen zu diesem Thema gefordert, sagte B. Der damalige Vorstandschef habe in jener Runde zudem zu verstehen gegeben, wie wichtig es für das Unternehmen sei, bei der Aufklärung zu kooperieren.

Seine Abteilung habe daraufhin begonnen, nach Hinweisen auf "Defeat devices", also Betrugsvorrichtungen, zu suchen, erklärte der Zeuge. Tatsächlich sei man fündig geworden. Er verwies auf eine E-Mail von 2008, in der erstmals von illegaler Technik die Rede gewesen war. Sie hatte früher bereits Erwähnung gefunden - wie zwei, drei weitere Mails, die stets aufs Neue zur Sprache kommen.

Die Beweisaufnahme in dem auf 181 Tage festgelegten Verfahren dürfte sich in den nächsten Wochen zunehmend in Details verlieren. Für das Gericht geht es um die Frage, inwieweit die verwendete Technik in Dieselautos tatsächlich illegal war und wer die Verantwortung dafür trägt. Der Prozess wird diesen Mittwoch fortgesetzt.

DK


Horst Richter