Ingolstadt
Zen mit Licht und Raum

Hellmut Bruch und Gerhard Frömel zeigen ihre Werke in der Galerie Mariette Haas

29.05.2019 | Stand 23.09.2023, 7:13 Uhr
Karin Derstroff
Altmeister der Konkreten Kunst: Gerhard Frömel (oben) und Hellmut Bruch in der Galerie Mariette Haas. −Foto: Hammer

Ingolstadt (DK) Da leuchten Kreise aus sattem Acrylglasrot, da kippen sich schwarze Stahl-Linien von der Wand, da lässt auch die Titelliste keinen Zweifel: "Winkelprogression", "6 Vertikale", "Kreisform in Gelb", "RaumKontur" - willkommen im Reich der kategorisch Konkreten Kunst!

Zwei Alt-, ja geradezu Zen-Meister des Genres präsentiert die Ingolstädter Galerie Mariette Haas mit Hellmut Bruch und Gerhard Frömel, das weiß, wer dieses österreichische Ausstellungsgespann schon bei früheren Auftritten in der Galerie erlebte, das sieht aber auch sofort, wer nun erstmals einen Blick auf die so genuinen Werke wirft. Bruch und Frömel zeigen eine Kunst, die kompromisslos sich aufs Mathematische bezieht und die konkret-formalen Glaubenssätze feiert - und beweisen dabei souverän, wie frisch und spannend das noch heute sein kann, wenn echte Meisterschaft zugrunde liegt.

"Zwei x konkret" also - den Titel hat das Duo genauso selbst entworfen wie die anhand eines Galeriemodells ausgetüftelte Hängung; die beiden Österreicher überlassen eben nichts dem Zufall. Schon gar nicht in ihrer Kunst. Das Zahlenwerk der Fibonacci-Reihe legt der mittlerweile 83-jährige Bruch der seinen zugrunde, jene unendliche Rechenformel der perfekten Proportion, auch als "Goldener Schnitt" bekannt. Den lässt er dann im wahrsten Sinn des Wortes leuchten: In fluoreszierende farbige Acrylglasscheiben sind die wenigen berechneten Linien - gerade, bogenförmig oder als Kreis - gefräst, mit überraschendem, hochsinnlichem Ergebnis. Farbstark und hell bricht das Licht aus den Linien, Licht per se, von keiner künstlichen Quelle genährt. Manchmal verstärkt sich das Leuchten punktförmig am Ende des Strichs, manchmal ergießt es sich reflektierend von scheinbar nirgendwo auf farbloses Format - für das Auge wundersam, für Bruch erklärtes Ziel. "Das Licht macht, was ich will", sagt er. Das Auge täuschen will hingegen Gerhard Frömel. Sein Material ist Aluminium, sein Credo ist der Raum. In ihn führt er seine kargen schwarzen und weißen Flächen an der Wand, deren Rechtecke und Linien hinein, klappt Formate wie Blätter, faltet und montiert - und spielt dabei meisterhaft mit der Illusion feststehender Form. Was wie ein massiver Dreieckskörper skulptural aus der Wand zu ragen scheint, löst sich auf beim Standortwechsel des Betrachters, wird bei jedem Schritt zu neuer Form, zieht sich zurück zur Fläche, prunkt mit wieder anderer Räumlichkeit. Eine gemalte schwarze Linie, eben noch eins mit sich, fächert sich beim Weitergehen auf in ihr eigenes Multiple, ein schlichter schwarzer Dreiecksrahmen fällt plötzlich unversehens auseinander - so reduziert die schönen schwarz-weißen Wandskulpturen scheinen, so komplex und raffiniert ist ihre Wirkung.

Und natürlich passen sie, kühl und kantig, einfach wunderbar zum weichen warmen Farbleuchten ihrer Nachbarn - auch das hat das konkrete Dreamteam Bruch und Frömel natürlich eingeplant.

Galerie Mariette Haas, Neubaustr. 2, bis 10. Juli, Do und Fr 14 bis 18 Uhr, Sa 11 bis 15 Uhr.

Karin Derstroff