Ingolstadt
Zeitloser Beziehungskrimi

29.03.2022 | Stand 23.09.2023, 0:28 Uhr
Beziehungstragödie: Mephistophele (Anna Funk, rechts) beobachtet Faust und Gretchen (Oliver Exner, Katharina Mayer). −Foto: Ensemble

Anna Funk gastiert mit ihrem Ensemble und Goethes "Faust" im Ingolstädter Altstadttheater.

Johann Wolfgang von Goethes "Faust" gilt als das bedeutendste und meistzitierte Werk der deutschen Literatur. An der Tragödie hat der Dichter fast 60 Jahre lang gearbeitet. Der erste Teil erschien 1808 und erzählt von Fausts Pakt mit dem Teufel. Goethe verknüpft den historischen Faust-Stoff mit dem realen Fall der Kindsmörderin Susanna Margarete Brandt, die 1772 in Frankfurt hingerichtet wurde. Mit Mephistos Hilfe verführt Faust das tugendhafte Gretchen. Sein Begehren bringt sie zu Fall. Anna Funk hat sich mit ihrem Ensemble des Stoffes angenommen, den Text stark verdichtet und bringt ihn in einer zeitlosen Form am 8. April auf die Bühne des Altstadttheaters.

Anna Funk kannte den Stoff zunächst aus der Perspektive der Schauspielerin. In Martin Ku?ejs "Faust"- Produktion am Residenztheater wirkte sie als Statistin mit. Und unter der Regie von Ingmar Thilo spielte sie im Münchner Galerietheater den Mephisto. Jetzt hatte sie Lust, selbst zu inszenieren, hat dafür etwa die Hälfte der Verse gestrichen und das personenintensive Stück auf sechs Schauspieler reduziert. Ein enges Beziehungsgeflecht ist so entstanden. "Wie in einem Krimi, der durchaus auch heute spielen könnte. Denken Sie an Schlagzeilen wie ,Mutter tötet Kind und versteckt es in der Mülltonne'", sagt Anna Funk. "Die Tat verändert das Leben der Menschen innerhalb kürzester Zeit. " Der alte Faust wird hier von Amadeus Bodis verkörpert, der junge Faust von Oliver Exner, Katharina Mayer gibt das Gretchen, Ulrike Dostal spielt die Nachbarin Frau Marthe, Benedikt Frank den Bruder Valentin. Und sie selbst schlüpft erneut in die Rolle der Mephistophele. Die ist hier eine Frau, die ihre Weiblichkeit gezielt einsetzt. "Sie ist gebildet, intelligent, aber ihre eigene Identität ist komplett aufgelöst, so dass ihr Lebensziel darin besteht, sich andere Menschen einzuverleiben. Jetzt hat sie sich den Faust ausgesucht. Den möchte sie haben und investiert all ihre Energie darein. "

DK


8. April, 20.30 Uhr, Altstadttheater Ingolstadt, Kartentelefon (0176) 32607265; 26. bis 28. Juni Einstein Kultur München; 1. Juli Burg Randeck, Essing; 5. und 6. August Englischer Garten München.

Anja Witzke