Niederscheyern
Zeigefinger in den Himmel

Endspurt der Turmsanierung: Goldene Kugel und Kreuz prangen wieder auf Niederscheyerer Kirche

24.09.2015 | Stand 02.12.2020, 20:46 Uhr

Foto: Karl J. Ebensberger

Niederscheyern (PK) Der Niederscheyerer Kirchturm ist seit einem halben Jahr eingerüstet. Bald ist das Wahrzeichen wieder in voller Pracht zu sehen. Goldene Kugel und Scheyerer Kreuz prangen seit gestern wieder hoch oben auf Mariä Verkündigung – bei der Sanierung hat der Endspurt begonnen.

„Das Kreuz ist der Zeigefinger zum Himmel“, sagte Pater Benedikt gestern in der kurzen Andacht vor der Kirche. Dann griff er zum Wedel und besprengte die noch gut verpackte Goldene Kugel und das zwei Meter hohe Scheyerer Kreuz mit Weihwasser. „Im Grunde sind sie ja schon gesegnet. Das ist mehr eine Auffrischung“, sagte er. Und da der Geistliche schon zur Freude der Arbeiter und Baufachleute eifrig dabei war, geometrische Figuren theologisch zu deuten, setzte er noch einen drauf. „Die vergoldete Kugel ist rund wie die Ewigkeit. Und egal, wo die Sonne gerade steht, sie reflektiert sich immer in ihr.“ Kurze Pause. Ein kleiner Seitenblick auf Mesner Günter Döllner, der neben ihm den Weihwasserbehälter hielt. „Ich hoffe, das stimmt auch so“ Döllner nickte nur kurz. Pater Benedikt schmunzelte – und durch die kleine Festgemeinde ging ein Lächeln.

Es war kein bedeutungsschwangerer Akt, den sich die Kirchengemeinde hat einfallen lassen. Eher ein leises Zusammenkommen, um die Installation des Kreuzes an erhabener Stelle zu feiern. Und während die Arbeiter Kreuz und Kugel in den Lastenaufzug schafften, um ihn etwa 60 Meter nach oben auf die oberste Kirchturmspitze zu geleiten, stiegen alle anderen, die sich ganz nach oben trauten, eifrig zu Fuß nach oben. Dort angekommen sagte Pater Friedrich lachend zu Theo Abenstein: „Ein großer Tag. Sie sind zum ersten Mal ganz hoch gestiegen.“ Abenstein lächelte nur. Als Mitglied der Kirchenverwaltung war er mit der Baumaßnahme betraut worden. „Ich habe ein wenig Höhenangst. Das war jetzt schon eine ziemliche Überwindung.“

Von Höhenangst keine Spur war hingehen bei den Handwerkern zu sehen. Sie bogen in luftiger Höhe – den herrlichen Blick weit über Pfaffenhofen hinaus ignorierend – zunächst die letzten Kupferteile zurecht. Dann setzten sie die Kugel auf. Allerdings erst, nachdem sie in ihrem Inneren einen Gruß in die Zukunft verstaut hatten. „Als wir sie abgebaut haben, war leider gar nichts drin – außer einem Wespennest“, erinnerte Pater Benedikt mit Bedauern an den Start der Sanierung. Damit es der Nachwelt nicht genauso ergeht, befinden sich jetzt eine Schrift von Abt Markus Eller, eine Dokumentation, ein Überblick der beteiligten Firmen und der Kosten der Turmsanierung sowie eine aktuelle Ausgabe unserer Zeitung im Kugelinneren. „Um etwas von unserer Kultur für die Zukunft zu erhalten“, sagte Pater Benedikt.

Die Wallfahrtskirche Mariä Verkündigung mit ihren romanischen Grundmauern, dem gotischen Chor aus dem Jahr 1433 und dem beherrschenden Turm aus dem Frühbarock wurde erstmals 1144 erwähnt. Der Hochaltar enthält das um 1500 geschnitzte Gnadenbild, eine lebensgroße Schnitzfigur der Maria, die dem Kind einen Apfel reicht. Die Wallfahrt bestand bereits vor 1635 und war im 17. Jahrhundert sehr bedeutend. 1803 erlosch sie, wurde aber 1838 wiederbelebt. Stolz können die Niederscheyerer auf die drei Glocken sein, die im Turm hängen – seit der Sanierung übrigens nicht mehr in einem Stahljoch, sondern wieder in einem Gebälk aus Holz. „So soll das eigentlich sein. Und wer sie läuten hört, der kann den Unterschied durchaus hören“, sagt Theo Abenstein. Die Glocken sind annähernd 800 Jahre alt. Und damit bilden sie eines der ältesten Geläute im gesamten süddeutschen Raum.

Grundsätzlich neigt sich die Sanierung langsam ihrem Ende zu. Gestartet wurde sie im April, dauern wird sie noch ungefähr drei Wochen. Die Ausbesserungen an der oberen Zwiebel stehen laut Abenstein ebenso kurz vor dem Abschluss wie die Erneuerung der unteren Zwiebel. Das Kupferdach ist fertig. Lediglich die braune Paginierung steht noch aus. Bereits begonnen haben in den vergangenen Tagen die umfangreichen Malerarbeiten. Nach der Grundierung wird die Farbe in mehreren Schichten aufgebracht. Weite Teile des Turmes erstrahlen dann im selben Cremeweiß wie das Kirchenschiff; die zurückgesetzten Fassadenteile erhalten einen Anstrich im historischen Grauton. „Dann fehlen nur noch die neuen Zifferblätter der Uhr“, fügt Abenstein an. Und danach beginnen die Arbeiter damit, das Gerüst wieder abzubauen. Etage für Etage wird dann weichen – und jedes Loch in der Turmwand, über die das Gerüst fest im historischen Bauwerk verankert wurde, wieder gestopft. „Das Dach ist repariert, der First der Kirche ist fertig. Nur die Ausbesserungen an den Sakristeifenstern fehlen dann noch. Aber das ist eine Winterarbeit“, berichtet Abenstein.

Die Kosten der Sanierung sind gegenüber den ersten Ansätzen übrigens leicht auf etwa 330 000 Euro gestiegen. Ein Plus von knapp 20 Prozent. Was darauf zurückzuführen ist, dass einige Schadstellen im Kupferbereich erst entdeckt wurden, als das Gerüst stand. „Von Innen waren diese nicht zu erkennen“, begründet Abenstein. Das Geld dafür stellen die Diözese, Förderstellen, die Stadt und die Pfarrei selbst, bei der etliche Spenden eingegangen sind. „Nicht nur von den üblichen Kirchgängern“, wie Abenstein anmerkt. Der Turm als Wahrzeichen sei offenbar fast allen Niederscheyerern – auch vielen Nicht-Katholiken – so wichtig gewesen, dass sie ihren Teil dazu beisteuern wollten.