Zeichen der Hoffnung

Ein Kommentar von Wolfgang Weber

29.12.2019 | Stand 02.12.2020, 12:18 Uhr

Frieden kommt meistens nur in vielen kleinen Schritten.

So ist auch der gestrige Austausch von Gefangenen zwischen der ukrainischen Regierung und den Separatisten nicht der erste und auch sicher nicht das Ende des Ukraine-Konfliktes. Aber er ist ein Schritt und damit ein Zeichen der Hoffnung.

13000 Menschenleben haben die Kämpfe in den ostukrainischen Regionen Donezk und Luhansk nach UN-Angaben seit 2014 gekostet. Gebracht haben die Opfer den beiden Konfliktparteien nichts. Höchste Zeit also, dem blutigen Unsinn ein Ende zu bereiten. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat mit dem Versprechen, genau das zu tun, im Frühjahr triumphal die Wahlen gewonnen, und auch die russische Führung scheint genug von dem Krisenherd zu haben.

Das kann entscheidend sein, denn der Westen hält Moskau vor, die ukrainischen Separatisten mit Geld und Waffen zu unterstützen und so den Bürgerkrieg erst zu ermöglichen. Was allerdings auch auf den Westen zutrifft, der seinerseits Kiew Geld und Waffen liefert.
Schon daran, dass der Ukraine-Konflikt überhaupt ausgebrochen ist, tragen USA, EU und Nato erhebliche Mitverantwortung. Die Ausdehnung des westlichen Militärbündnisses Richtung russische Grenze und der Nato-Gipfelbeschluss von 2008 mit der Option zur Aufnahme der Ukraine musste von Moskau als direkte Bedrohung interpretiert werden. Dann kamen die Assoziationsverhandlungen zwischen der EU und der Ukraine, bei denen Brüssel die damalige Regierung in Kiew vor die fatale Alternative stellte, sich wirtschafts- und handelspolitisch zwischen Moskau und dem Westen zu entscheiden, was die russisch-stämmigen Ukrainer aufbrachte. Die EU unterstützte uneingeschränkt die neue Regierung in Kiew, auch als diese Front gegen die russischen Seestreitkräfte in der Marinebasis Sewastopol auf der Krim machte und Panzer gegen Demonstranten in der Ostukraine losschickten, die zunächst nur föderative Rechte gefordert hatten.

Die ahnungslose Rücksichtslosigkeit des Westens zeigte sich noch zu Beginn dieses Jahres, als sich Bundeskanzlerin Angela Merkel in den ukrainischen Wahlkampf einmischte, vor Selenskyj warnte und für die Wiederwahl von Petro Poroschenko warb. Der stand für Korruption aber auch für strikte Unnachgiebigkeit gegenüber Russland. Die Ukrainer haben in ihrer großen Mehrheit deutlich gemacht, dass sie von beidem genug haben. Man kann ihnen und ihrer Regierung nur wünschen, dass sie notfalls auch entgegen westlicher Ratschläge ein Arrangement finden, das den blutigen Konflikt im eigenen Land bald beendet.