Riedenburg
Zahnmanufaktur zieht um

Betrieb siedelt nach Haidhof aus - Zukunft des alten Riedenburger Schulhauses ungewiss

18.05.2018 | Stand 02.12.2020, 16:23 Uhr
  −Foto: Rast

Riedenburg (rat) Die Riedenburger Zahnmanufaktur verlässt ihren langjährigen Firmensitz im alten Schulhaus in der Schulstraße. Der Betrieb, der jährlich etwa eine halbe Million künstlicher Zähne für Prothesen herstellt, geht dieser Tätigkeit künftig in der früheren Schuhfabrik Schels in Haidhof nach.

Das in den Jahren 1908/09 errichtete Schulhaus ist eines der markantesten Gebäude auf der St.-Anna-Seite. Bis zur Fertigstellung der heutigen Grund- und Mittelschule im Jahr 1974 wurden hier die Kinder unterrichtet, viele ältere Riedenburger erinnern sich noch an diese Zeit. Wie die Räume mit insgesamt 650 Quadratmetern Fläche künftig genutzt werden können, ist derzeit unklar. Eigentümerin des Schulhauses ist die Stadt.

Alexander Heinrich, der Chef der Zahnmanufaktur, managt den Umzug nach Haidhof derzeit mit einem lachenden und einem weinenden Auge. Denn im Grunde wäre er mit seinem Unternehmen gerne in der Kernstadt geblieben, statt die Fertigung in den Ortsteil verlagern zu müssen. "Wir wollen in neue Maschinen investieren, doch dafür brauchen wir Planungssicherheit", erklärt der Betriebswirt auf Anfrage unserer Zeitung. Deshalb habe man der Stadt den Abschluss eines Mietvertrags mit einer Dauer von zehn Jahren angeboten, unter der Voraussetzung, dass einige Sanierungsmaßnahmen vorgenommen würden. Doch leider habe die Stadt dazu Nein gesagt.

Eine Sanierung des Gebäudes während des laufenden Betriebs der Zahnmanufaktur wäre unmöglich gewesen, sagt Bürgermeister Siegfried Lösch (CSU). Deshalb habe man die Verlängerung des Mietvertrages ablehnen müssen. "Die Stromleitungen im Haus stammen aus der Zeit des Zweiten Weltkriegs, der Dachstuhl ist nach Auffassung eines Statikers instabil", berichtet Lösch. Die Kosten einer möglichen Sanierung seien dem Rathaus nicht bekannt. Lösch schließt einen Abbruch als Option nicht aus, allerdings müsste geklärt werden, ob der Denkmalschutz das gestatte.

Trotz dieser schwierigen Ausgangslage macht sich der Bürgermeister bereits Gedanken über eine weitere Nutzung des alten Schulhauses. Doch eine Sanierung hänge eben von der Höhe der Kosten und dem Ausschöpfen möglicher Fördermittel ab. "Unser Rathaus platzt aus allen Nähten", sagt Lösch. Deshalb wäre es sinnvoll, eine Abteilung in das nur wenige Meter entfernte Schulhaus auszulagern. Zusätzlich könnte man ein Heimatmuseum integrieren, dank der anwesenden Rathaus-Mitarbeiter wäre es dann auch personell besetzt. Lösch weist aber ausdrücklich darauf hin, dass es sich hierbei nur um erste persönliche Ideen handle, ein konkretes Konzept müsste noch mit den Stadträten diskutiert werden. Wegen des teilweisen Neubaus des Kindergartens und des Umbaus des früheren Landratsamtes in Sozialwohnungen, genieße die Zukunft des Schulhauses derzeit ohnehin keine oberste Priorität. Die Stadt habe noch nicht einmal Pläne von dem Gebäude, weiß Lösch. Diese müsse man sich erst im Staatsarchiv besorgen.

Tatsächlich sind auch die alten Fenster im Schulhaus teilweise in einem erbärmlichen Zustand. Mangels Kitt zieht es an einigen Stellen zwischen dem Glas und dem Rahmen hindurch. In mehreren Zimmern gibt es keine Heizkörper, sie können im Winter nicht genutzt werden. Wegen der generell schlechten Isolierung des Gebäudes und der betagten Heizung klagt der Noch-Mieter Heinrich über hohe Energiekosten. So verbraucht er im Jahresschnitt pro Monat rund 1000 Kubikmeter Gas. Nicht erbaut ist Heinrich zudem über die neuen Wasserwacht-Garagen in unmittelbarer Nachbarschaft, wodurch er, entgegen der Vorgaben aus dem Mietvertrag, mehrere Parkplätze verloren habe. Auch der vom Firmenchef beabsichtigte Kauf des Schulhauses scheiterte. "Der von der Stadt genannte Preis war fernab jeglicher Realität."

Die Zahnmanufaktur beschäftigt derzeit sieben Personen in der Produktion plus vier Außendienstmitarbeiter. Hergestellt werden Zähne aus Kunststoff in zahlreichen verschiedenen Farbnuancen. Sie werden an Dentallabore und Zahnärzte verkauft. Die Firma liefert deutschlandweit, aber auch in mehrere europäische Staaten wie Tschechien, Spanien, Österreich und Großbritannien. Gefertigt wird ausschließlich in aufwendiger Handarbeit, die Lieferanten sind ebenfalls in Deutschland beheimatet. "Wir halten ,Made in Germany' hoch", versichert Heinrich.

Die Firma war nach dem Krieg von Werner Hampel in Berlin gegründet worden. Deshalb tummelt sich bis heute der Berliner Bär im Firmenlogo. Wegen der zunehmenden Umweltverschmutzung in der damals geteilten Stadt siedelte man bereits in den 1950er-Jahren nach Riedenburg um. Im Jahr 2000 verkaufte Hampel seinen Betrieb. Aber im Jahr 2014 stand die Zahnmanufaktur vor der Insolvenz. Der heutige Inhaber, der aus Velburg stammende Alexander Heinrich, übernahm das finanziell angeschlagene Unternehmen. Rasch wurden die Mietrückstände beglichen, der Schuldenberg abgetragen und vor allem die Arbeitsplätze erhalten. Da es gelang, mehrere neue Kunden zu gewinnen, blickt der Chef nun optimistisch in die Zukunft.

Wenn sich nicht die Verlagerung in die frei gewordene Halle der früheren Schuhfabrik in Haidhof ergeben hätte, wären möglicherweise sogar die Arbeitsplätze in der Zahnmanufaktur für Riedenburg auf dem Spiel gestanden. Denn Heinrich erwog einen Umzug in eine andere Stadt. Davon habe er aber mit Rücksicht auf seine hervorragenden und kaum ersetzbaren hiesigen Mitarbeiter Abstand genommen.

Diese fertigen derzeit an beiden Standorten, also in der Schulstraße und in Haidhof. Aber im August soll der Umzug in das ebenfalls 650 Quadratmeter große Gebäude abgeschlossen sein. Heinrich freut sich, dass alles ebenerdig ist, die Heizkosten dürften spürbar sinken. Doch dann steht das alte Schulhaus erst einmal leer und die Stadt muss sich Gedanken über dessen Zukunft machen.