Reichertshausen
Wutrede gegen Wutbürger

Michael Eberle von den Stachelbären holt im Programm "Betreten sein verboten" zum Rundumschlag aus

15.10.2017 | Stand 02.12.2020, 17:21 Uhr

Verständnisprobleme: Den Begriff "Maibaum" zu erklären, erweist sich gegenüber einem Ausländer (Claus Drexler, links) als äußerst schwierig für Roland Andre und Michael Eberle. - Foto: Steininger

Reichertshausen (hsg) "Betreten sein verboten" heißt das aktuelle Programm der Stachelbären in Sparversion. Trotz des Verbots aber gab es neben viel Beifall auch betretene Mienen bei den Zuhörern, denn das Programm bot Anlass genug, über einige Dinge nachzudenken.

Als 3/5 Stachelbären treten sie auf, die Kabarettisten Roland Andre, Claus Drexler und Michael Eberle. Umgerechnet sind das 60 Prozent der eigentlichen Stachelbären mit Brigitte Moser und Volker Bergmeister. Aber die drei sind nicht etwa eine Sparversion, sondern ein kabarettistisches Vollblut-Trio mit 100 Prozent Engagement in Sachen Humor und Satire. Und das erlebten die Zuhörer am letzten Samstag ziemlich hautnah in der "Kulturwerkstatt Gemeindebücherei". Eigentlich ist der Titel des Programms ziemlich irritierend, denn "Betreten sein verboten" liest sich auf den ersten Blick wie gebrochen Deutsch. Natürlich aber ist das gewollt doppelsinnig, denn es gibt durchaus betretene Mienen im Publikum. Da nützt auch deren Verbot nichts, wenn sich Michael Eberle in Rage redet und ein flammendes Plädoyer hält gegen Wutbürger, Hass und Europafeindlichkeit. Deutschland stehe kurz vor dem "Hetzinfarkt", viele Bürger entwickelten Ängste in vielfacher Hinsicht. Ihm aber machen "diejenigen Angst, die denjenigen, die Angst haben, Angst machen". Die AfD nämlich, die Pegida, die NPD und andere mehr. "Die dringen im Mäntelchen der kleinen Bürger in die bürgerliche Mitte vor, unterminieren den Staat und sind Taktgeber für die lauten Parolen der Stammtischbrüder mit ihren festgefahrenen Meinungen". Wir sollten aber "dankbar und demütig sein, in einem Land und in einer Region zu leben, wo seit 71 Jahren Frieden, Freiheit und Demokratie herrschen". Er könne "diese schlechte Laune, diese Wut, überhaupt nicht verstehen, denn selbst denen, denen es nicht gut geht, geht es immer noch besser als in vielen anderen Ländern der Welt". Das war ein viel längeres Solo als hier darstellbar, und es war mucksmäuschenstill im Publikum. Der Szenenapplaus aber war heftig und wirklich nicht enden wollend.

Wesentlich humorvoller, aber trotzdem mit realem Hintergrund der Sketch von Roland Andre und Claus Drexler zum Thema "Urlaub". Der kommt nach näherer Betrachtung nicht zustande, weil es gegen alle Verkehrsmittel oder Urlaubsländer Gründe wie mögliche Attentate, Kriminalität, Umweltkatastrophen oder politische Unruhen gibt - wie aus dem wahren Leben gegriffen.

Und so hangeln sich die drei Kabarettisten mal solistisch, mal im Duo oder als Trio durch rund 15 verschiedene Sketche, die alle Facetten bester Satire oder auch mal derben Humors bedienen. Letzteres zum Beispiel, wenn Eberle einen Sprachkurs vermittelt und typisch bairische Wörter in ihren diversen Bedeutungen erläutert. Viele Lacher auch, wenn Claus Drexler von seinem Zuhause in einer idyllischen Einöde erzählt, die sich aber zunehmend allseits von Lärm umgeben zeigt: Er habe mittlerweile einen "Autobahn-Tinnitus". Oder er klagt sein Leid als Meteorologe, der mit den Unwägbarkeiten des Wetters kämpft und sich in seinen Vorhersagen von Fremdenverkehrsämtern beeinflussen lässt.

Stoische Ruhe zeigt Roland Andre, der in Paunzhausen zu Hause ist. Das sei "Zonenrandgebiet", weil es irgendwie zum Landkreis Freising gehöre, aber nach Pfaffenhofen tendiere. Paunzhausen werde daher "komplett übersehen", auch beim Thema Asylbewerber, "da ham alle stad g'halten". Interessant aber seien die Straßennamen wie "Fasanenweg" und "Birkenweg". Da er je weder Fasanen noch Birken gesehen habe, heiße das wohl "Fasanen weg" und "Birken weg".

So jagt ein Gag den anderen, eine Pointe die andere und es bleibt kein Auge trocken. Am Ende gibt's als Zugabe noch Michael Eberle mit einer zungenbrecherischen Wortakrobatik über das "Sehen". Fazit: Sehenswert, hörenswert, erlebenswert. Nächste Gelegenheit am 11. November, 20 Uhr, auf der "Intakt-Musikbühne" in Pfaffenhofen.