Wut tut gut

20. Hallertauer Kleinkunstpreis: Gewinner Frederic Hormuth begeistert mit bissigem Polit-Kabarett

29.04.2015 | Stand 02.12.2020, 21:21 Uhr

Spitzzüngig und witzig hat sich Frederic Hormuth mit politischem Kabarett gegen die starke Konkurrenz aus Zauberei und musikalischer Kleinkunst im Unterpindharter Brettl durchgesetzt. - Foto: Zurek

Unterpindhart (DK) Frederic Hormuth konnte es fast nicht glauben: Der 46-jährige Kabarettist hatte sich mit dem 20-minütigen Ausschnitt aus seinem aktuellen Programm „Mensch ärgere dich!“ gegen die starke Konkurrenz beim 20. Hallertauer Kleinkunstpreis durchgesetzt: „Mir liegt es eigentlich nicht, gleich in die Vollen zu gehen, mit etwas Lustigem die ersten Lacher zu gewinnen“, sagte er nach der Preisverleihung im Unterpindharter Brettl, wo er neben 1500 Euro Preisgeld auch die Trophäe, ein Gleisstück der alten Hallertauer Bockerlbahn, erhielt.

Auf Anhieb hatte er das Publikum mit privaten Anekdoten im voll besetzten Saal des Gasthofes Rockermeier, eingenommen, stellte sich als Vegetarier vor, verheiratet mit einer Erzieherin, was den Alltag ungemein erleichtere: „Es gibt klare Anweisungen und Leitsätze wie: ,Wenn man die Treppe hochgeht, kann man auch was mitnehmen.’“ Doch war das nur das Warm-up für seine folgenden bissigen politischen Anmerkungen.

Diese entwickelt Hormuth im Programm „Mensch ärgere dich!“ im Wahnsinnstempo, macht Mut zur Wut auf die Verhältnisse, steigert das mit irrwitzigen Vergleichen, um dann kräftig auf den roten Buzzer zu hauen, seinem Markenzeichen.

Der jaulte am Dienstag das erste Mal nach der Tirade über Thomas Gottschalk auf, diesem „Blondierschaden auf zwei Beinen“. Dessen Gejammer darüber, Arbeit lohne sich für ihn nicht, wenn er die Hälfte seiner Zwei-Millionen-Gage an den Fiskus abführen müsse, sei absurd. Doch hatte Hormuth nicht nur die Wirtschaft im Visier, mit reichlich Wut widmete er sich der geplanten Maut auf Deutschlands Straßen sowie der Datensammelwut und Vorratsspeicherung. Stets teilte er kräftig aus, bewies mangelnde Qualifikation und Fachkräftemangel mit Zitaten: Merkel wundere sich, dass ihr Handy abgehört werde, obwohl sie es doch oft auf „lautlos stelle“. Europas Datenschutzbeauftragten Günther Öttinger stellte er mit „Ich werde mir auch so ein Internet kaufen“ bloß. Und beleidigte Sigmar Gabriel als „Merkels Wurmfortsatz XXL“. Am Ende bewies Hormuth mit dem umgetexteten Kinderlied „Unsere Oma kommt ins Altersheim nach Thailand“, dass sich Altenpflege und die deutsche Außenhandelsbilanz ebenso prächtig vertragen, wie sich „Waffen und Chemie“ auf „Wir sind ein Verkaufsgenie“ reimt.

Aktualität ist für Frederic Hormuth das A und O eines politischen Kabarettisten: „Alle vier Wochen fliegt eine Nummer aus dem Programm raus. Man kann ja alles wieder für den Jahresrückblick verwenden.“ Seit 1998, als sein erstes Solo „Kabarazzo“ Premiere hatte – 1999 mit dem Passauer Scharfrichterbeil ausgezeichnet –, bringt Hormuth alle zwei Jahre ein neues Programm heraus. Premiere ist stets in der „Klappsmühl’“ am Rathaus Mannheim. Anschließend tourt der gebürtige Mannheimer durch den deutschen Sprachraum, kommt immer wieder mal in den „Schlachthof“ des BR, ist aber sonst nicht derart in Funk und Fernsehen präsent wie andere. Dass er nach Unterpindhart eingeladen wurde, habe er einer Hallertauerin zu verdanken, erzählte er. Sie habe ihn andernorts gesehen und den Veranstaltern Gerda und Hannes Hetzenecker und Edith und Karl Rockermeier empfohlen.

Diese hatten – wie schon in den 20 Jahren zuvor – für ihr Jubiläum eine gute Wahl getroffen. Sowohl der eloquent-charmante Zauberer Marcel Kösling mit seiner David-Copperfield-Hommage (dritter Platz) als auch die skurrilen, musikalischen Zwillingsschwestern Nicole und Birgit Radeschnig aus Klagenfurt, die sich mit der bayerischen Housemusi – Toni Fischer (Zither), Sepp Müller (Schlagwerk) und Martin Regnat (Akkordeon) – den zweiten Platz teilten, begeisterten mit eigenen Themen und Stilrichtungen.

Vorstandsmitglied Walter Zillner von der Hallertauer Volksbank sicherte denn auch dem Kleinkunstpreis weiterhin Unterstützung zu. Schließlich habe dieser schon so manches Talent gefördert – beispielsweise Andreas Hofmeir, HG Butzko oder Florian Schröder, zählte Musikkabarettist Chris Boettcher auf. Er heizte übrigens mit seinen Parodien die Stimmung an. Traditionell ist der Preisträger in der folgenden Saison im Rockermeier mit vollem Programm zu erleben. Das wird auch bei Frederic Hormuth so sein. Was man sich nicht entgehen lassen sollte!