Es war ihre Schwägerin Lucia, die die Ich-Erzählerin zunächst auffordert zu bleiben und später auch unmissverständlich darauf besteht, dass sie nicht weiter als Nonne leben solle. Schließlich ist sie erst Mitte 20, als sich Ton mit einem Schuss selbst das Leben nahm.
Im Chicoree-Gewächshaus. Warum? Niemand im Dorf weiß es, niemand in der Familie und im Freundeskreis kennt eine Antwort. So bleibt die Ich-Erzählerin in Margriet de Moors Novelle zurück in dem Haus, verpachtet das Land und die Viehwirtschaft an die Nachbarn, arbeitet als Dorflehrerin und gibt schließlich eine Anzeige auf.
Sie trifft Männer, stets nur für eine gemeinsame Nacht, ein gemeinsames Essen. Ohne dass sich daraus eine weitere Geschichte ergibt. Sie bleibt zurück, weint nicht, arbeitet als Lehrerin. Bis zu dieser einen schlaflosen Nacht, mit diesem einen Mann. Er berührt sie auf besondere Weise, bringt ihre eingefrorenen Gefühle in Gang - Wut, Schmerz, Eifersucht - und damit auch zum Schreien - Warum? Sie wird wieder lebendig, forscht nach, ob eine andere Frau der Grund für den Schuss nach 14 Monaten Ehe gewesen sein könnte.
Margriet de Moor, eine der großen niederländischen Erzählerinnen, schreibt leise und scheinbar leicht von Schicksalen, Begebenheiten und Gefühlen, lässt Raum und dringt doch weit in ihre Figuren ein. Zur Buchmesse wurde diese bereits 1989 in einem Sammelband erschienene Geschichte (Titel: "Auf den ersten Blick") neu übersetzt und berührt zutiefst.
Margriet de Moor: Schlaflose Nacht. 128 Seiten, Carl-Hanser-Verlag, 16 Euro.
