Münchsmünster
"Wunscherfüller der Truppe"

Der Bundeswehrstandort Münchsmünster ist einzigartig - Handwerker auch für den Auslandseinsatz

02.11.2017 | Stand 02.12.2020, 17:16 Uhr
Fachleute am Werk: Bei der Bauinstandsetzung der Bundeswehr in Münchsmünster sind sämtliche Bauhauptberufe zu finden. Dazu gehören auch die Berufe, die mit Holzverarbeitung zu tun haben. Denn Soldaten müssen bei ihren Einsätzen immer wieder Bauaufgaben übernehmen, beispielsweise im Ausland. −Foto: Lamprecht

Münchsmünster (DK) "Was wir hier haben", sagt Oberstleutnant Ulrich Funke, "ist in dieser Form einzigartig. In der Bundeswehr, aber auch in der ganzen NATO." In Münchsmünster bildet die Bundeswehr Handwerker nicht nur für den Auslandseinsatz aus.

In ihrer heutigen Form aufgestellt wurde die Bauinstandsetzungseinrichtung der Bundeswehr am Ortsrand von Münchsmünster in den 90er-Jahren, als man bei den ersten Auslandseinsätzen - damals in Somalia - erkannte, dass die Soldaten immer wieder auch Bauaufgaben zu erledigen haben. Seither wurde das Spektrum der Einrichtung immer wieder erweitert und an aktuelle Notwendigkeiten angepasst, um die Ausbildung möglichst nah an realen Bedürfnissen im Einsatz zu orientieren.

"Es hat sich unheimlich viel verändert in den vergangenen Jahren", erzählt Funke. "Somalia war damals das Aha-Erlebnis, aber wir sind natürlich nicht auf dem Stand von damals geblieben." Der Wandel in der Wahrnehmung des Standortes zeigt sich heute vor allem an zwei Dingen: Früher wurde in der Bauinstandsetzungseinrichtung vor allem für Auslandseinsätze ausgebildet. "Heute wissen wir, dass unsere Soldaten dieses Wissen genauso im Bereich der Landes- und Bündnisverteidigung brauchen. Da wird kein Unterschied mehr gemacht." Der andere, für den Laien vielleicht noch deutlichere Punkt, sind die Zahlen. 2016/2017 gab es in Münchsmünster 4300 Lehrgangsteilnehmer. "Um Größenordnungen mehr als früher", sagt Funke und erklärt, dass der Großteil davon nationale und internationale Lehrgangsteilnehmer sowie Mitglieder der übenden Truppe seien. Dazu kämen - auch das sehr viel häufiger als früher - Übungsteilnehmer aus dem Bereich zivil-militärische Zusammenarbeit. "Das macht absolut Sinn", weiß der Kasernenkommandant und verweist darauf, dass die Zusammenarbeit in realen Notfällen, etwa bei einem Hochwasser, reibungslos funktionieren müsse.

Was in Münchsmünster alles möglich ist, ist indes beeindruckend: Alle Bauhauptberufe von der Holzverarbeitung über Beton- und Mauerwerksbau, Metallverarbeitung, dem Bereich Gas-Wasser-Sanitär, die Elektroinstallation und den Straßenbau bis hin zum militärischen Brückenbau sind hier vorhanden und können ausgebildet sowie weitergebildet werden. Dazu kommt eine große Bandbreite in den Fachsparten. Daneben steht auch der nahe gelegene Übungsplatz an der Donau zur Verfügung. Dort kann nicht nur mit Pioniermaschinen und -gerät, sondern auch direkt auf der Donau geübt werden.

"Wir wollen hier Soldaten, die aus dem Handwerk kommen, auf einem aktuellen Stand halten und sie weiterbilden. Außerdem können wir Leute ohne handwerklichen Hintergrund bis auf das Niveau eines Gehilfen ausbilden", erklärt Funke. Eine Konkurrenz zum Handwerk oder den entsprechenden Einrichtungen der Bundeswehr zum Beispiel in Ingolstadt ist die Einrichtung dennoch nicht: "Wir vergeben hier keine beruflichen Qualifikationen", betont er.

Die Aufgabe des Standortes ist es vielmehr, die Arbeit der lehrgangsgebundenen Ausbildung in Ingolstadt im praktischen Bereich zu unterstützen, Pioniertruppenteile vor Ort baufachlich aus- und weiterzubilden und die einsatzvorbereitende Ausbildung einzelner Einheiten sicherzustellen.

Wie genau das aussieht, wird beim Gang über das Gelände schnell klar: In den unterschiedlichen Werkstätten und auf dem Außengelände wird unter der fachkundigen Anleitung der Ausbilder die, wie Funke sagt, "alle mindestens einen Meistertitel in ihrem Beruf haben", gewerkelt und gelernt.

Was genau gemacht wird, entscheidet die Gruppe jeweils selbst. "Wenn wir Leute mit einem konkreten Auftrag haben, dann lernen und üben die hier das, was sie später machen werden. Ein Feldlager aufbauen zum Beispiel. Ein Gebäude instandsetzen, eine Behelfsbrücke bauen und so weiter." Gibt es keinen konkreten Auftrag, stehen verschiedene Szenarien aus einem Pool zu Verfügung. "Für die Holzbearbeitung kann das der Bau von Sicherungs- und Überwachungstürmen sein", sagt Funke.

Umsonst entsteht hier nichts: Was die Soldaten bauen und fertigen, begleitet die jeweilige Gruppe im Anschluss entweder in den Einsatz, weil es vor Ort gebraucht wird, oder kommt in anderen Teilen der Bundeswehr zum Einsatz.

Eine Ausnahme gibt es jedoch auf dem Gelände, und das ist das sogenannte Chamäleon: Ein Gebäude, bei dem bis auf ein Betonskelett alles zerstört und ganz nach Wunsch wieder aufgebaut werden kann. Hier üben KSK-Einheiten Sprengungen. Hier bauen Maurer und Betonbauer wieder auf. Hier kann Sanitäreinrichtung verbaut werden. "Alles, was nur vorstellbar ist, kann da gemacht werden und das Schöne ist: Die einen machen es kaputt, und die anderen bauen es wieder auf. Das ist ein ewiger Kreislauf", sagt Funke und deutet auf das Gebäude, an dem gerade breitere Türen eingebaut werden.

"Im Grunde", sagt er mit Blick über das Gelände, "sind wir hier so eine Art Wunscherfüller der Truppe. Die Leute sagen, was sie machen wollen, und wir bieten ihnen ein Rund-um-sorglos-Paket in Sachen Bau-Ausbildung. Das ist unsere Aufgabe, und das machen wir."