Ingolstadt
Wünschen darf man ja

13.12.2010 | Stand 03.12.2020, 3:21 Uhr

Hat eine Lehrstelle ergattert – in einem Unternehmen, das die IG-Metall als vorbildlichen Ausbildungsbetrieb lobt: Sabine Mayer (17) lernt bei Rieter als Industriemechanikerin das Fräsen. - Foto: Rössle

Ingolstadt (DK) Schulabgänger hatten in diesem Jahr gute Chancen, eine passende Lehrstelle zu finden – so gut wie lange nicht. Trotzdem ist nicht alles Gold, was glänzt, mahnt die IG-Metall-Jugend: Das Recht auf freie Berufswahl sei nicht realisiert. Experten kontern: Die Wünsche seien zu spezialisiert.

Sie vertreten die Zukunft der Unternehmen: 17 Auszubildendengremien haben ihre Sprecher gewählt. Alle sind eine Art Jugendbetriebsrat – und wollen zusammen mit der IG-Metall die gute wirtschaftliche Lage nutzen, um sich gegen Leiharbeit, befristete Verträge und für feste Übernahmen einzusetzen.
 

Die Situation: In diesem Jahr hat es im Bezirk Ingolstadt laut IG-Metall erstmals seit Jahren wieder 30 Lehrstellen mehr gegeben als Bewerber: insgesamt 2548 an der Zahl. "Das Recht auf freie Berufswahl wird trotzdem nicht umgesetzt", sagt Adrian Dubno von der IG-Metall. Ein auswahlfähiges Angebot sei nicht gegeben. Zu wenige Firmen bildeten aus. "Eine junge Frau, die Bürokauffrau werden will, will nicht Fleischfachverkäuferin lernen, nur weil die gerade gesucht werden", sagt Dubno.

Widerspruch bekommt er von Peter Kundinger, dem Pressesprecher der Arbeitsagentur: "Das ist oft eine Frage von Anspruch und Wirklichkeit", sagt er. "Die Berufswünsche sind zu spezialisiert." Gleich drei hochrangige Experten pflichten ihm bei. Helga Hieblinger, Geschäftsführerin der IHK Ingolstadt, Anita Mayr, Geschäftsführerin der Kreishandwerkerschaft, und Michael Schels, Leiter der Sir-William-Herschel-Mittelschule sagen übereinstimmend, dass nur ein Bruchteil der rund 350 verschiedenen Ausbildungsberufe auf Interesse stoße. Das A. und O. bei der Jobsuche sei aber, sich möglichst breit zu orientieren. Schüler sollen die Scheuklappen ablegen und über den Tellerrand blicken.

Schön und gut, kontert Dubno, verweist aber auf die Zahl, dass immernoch nur rund 30 Prozent der Betriebe ausbilden. Die IG-Metall wird deshalb nicht müde, eine Abgabe für Betriebe zu fordern, die nicht ausbilden. "Betriebe wie Rieter oder Voith würden von einer solchen Umlage profitieren", sagt Dubno. Beide Firmen nennt die Gewerkschaft als positive Beispiele für gute Ausbilder. Rieter lernt etwa auch für kleinere Unternehmen an, die nicht das Potenzial haben, selbst Lehrstellen anzubieten.