"Wollen den Nachwuchs heranführen"

05.09.2007 | Stand 03.12.2020, 6:31 Uhr

Wollen den Nachwuchs heranführen

Ingolstadt (DK) Ohne Leopold Stiefel geht beim ERC Ingolstadt fast nichts. Seit zehn Jahren ist der ehemalige MediaMarkt- und Saturn-Chef Hauptsponsor bei den Panthern. Als Vorsitzender des Beirats laufen bei ihm alle Fäden zusammen. Unser Redakteur Stefan König sprach mit Stiefel über seine Erwartungen an die neue Saison

Herr Stiefel, haben Sie denn schon wieder Lust auf Eishockey?

Leopold Stiefel: Ja, logisch. Ich warte sehnsüchtig darauf, dass es los geht. Leider habe ich kein Vorbereitungsspiel sehen können, schließlich interessiert es mich doch sehr, wie die Mannschaft drauf ist.

Haben Sie die vergangene Saison wirklich schon abgehakt?

Stiefel: Ja, schon lange. Intern habe ich nach der Erkrankung von Ron Kennedy bereits gesagt, dass die Saison für uns nicht glücklich enden wird. So eine schlimme Nachricht geht an einer Mannschaft nun mal nicht so einfach vorbei. Das war mir sofort klar, darum war ich über den Ausgang der vergangenen Saison auch nicht so enttäuscht.

Wie sieht es mit der kommenden Saison aus? Mit welchen Erwartungen gehen Sie sie an?

Stiefel: Ich bin immer positiv und optimistisch. Andererseits schraube ich die Erwartungshaltung nicht zu hoch, um nicht zu viel Druck auszuüben. Es gibt zwei Möglichkeiten: Entweder ich übe Druck aus, um vielleicht das Beste herauszuholen oder ich gewähre Freiheiten, um dadurch Selbstvertrauen zu geben. Letzteres ist meine Art. Wie jedes Jahr ist es unser Ziel, eine gute Runde zu spielen und die Play-offs zu erreichen. Dort wollen wir dann möglichst weit kommen. Ein größeres Ziel stecke ich mir nicht.

Der Verein will in den kommenden Jahren verstärkt auf junge, deutsche Spieler setzen. Ist das eine Vorgabe des Aufsichtsrates oder stammt dieser Plan von der sportlichen Leitung?

Stiefel: Das ist auf der sportlichen Schiene entschieden worden und wir tragen das mit. Nach der vergangenen Saison habe ich viele Gespräche geführt, die mich zu dem Entschluss gebracht haben, dass es wichtig ist, die jungen deutschen Spieler in der Vorrunde regelmäßig spielen zu lassen. Schließlich ist es für die besonders wichtig, Spielpraxis zu bekommen. Diese Vorstellung habe ich dann mit dem Management und Ron Kennedy diskutiert. Dabei haben wir uns auf diese Richtung geeinigt.

Nehmen Sie dafür auch sportlichen Misserfolg in Kauf?

Stiefel: Natürlich müssen wir eine gute Saison spielen. Wir können nicht nur auf die jungen Spieler setzen, dann würden wir sang- und klanglos untergehen. Aber wir müssen versuchen, wenn wir in der Tabelle gut dastehen, den jungen Spielpraxis zu geben. Auch auf die Gefahr hin, dass wir das eine oder andere Spiel verlieren. Am Ende ist es doch egal, ob wir Fünfter oder Sechster werden. Mir ist viel wichtiger, dass wir den Nachwuchs heranführen und ihm eine Chance geben. Denn auf Dauer können wir nicht nur mit Zukäufen und so genannten etablierten Spielern bestehen. So ist es zumindest besprochen, wie es dann in der Realität aussieht, werden wir sehen.

Sie haben den Etat für diese Saison auf sechs Millionen Euro erhöht. Fällt dann auch für den Nachwuchs im Stammverein mehr ab?

Stiefel: Ich denke, dass wir bisher einen ausreichenden Betrag zur Verfügung gestellt haben. Wir werden sehen, wie es mit der neuen Halle weitergeht. Aber es ist auch klar, dass wir nicht über die finanziellen Mittel wie zum Beispiel Düsseldorf verfügen. Wir sind ein kleiner Verein. In Ingolstadt haben wir einfach nicht das Umfeld mit mehreren großen Sponsoren. Das muss uns immer bewusst sein. Deshalb können wir vielleicht nicht so viel für die Jugend tun, wie wir gerne würden. Das Machbare ist, was wir finanzieren können. Eine wirtschaftliche Pleite wird es mit mir nie geben. Konkret auf Ihre Frage geantwortet: Wir haben denselben Betrag wie im vergangenen Jahr eingestellt, ob es mehr wird, hängt von vielen Faktoren ab. Zum Beispiel von den Zuschauerzahlen.

Weshalb ist der Etat eigentlich wieder gestiegen?

Stiefel: Wir haben in den vergangenen Jahren viel Geld in das Umfeld investiert. So gibt es nur noch wenige ehrenamtliche Helfer, der Großteil ist fest angestellt. Das war ein wichtiger Schritt in Richtung Professionalisierung. Aber auch die Spieler werden immer teurer. Die anderen Vereine haben alle aufgestockt und geben mehr Geld aus. Nehmen Sie Düsseldorf. Die haben jedem guten Spieler ein Angebot gemacht, das für uns nicht möglich ist. So steigen die Gehälter, ohne dass wir etwas dafür können. Wenn wir die Qualität nur halten wollen, müssen wir den Etat steigern. Und das ist genau das Problem eines kleinen Klubs. Wenn einmal ein oder zwei größere Sponsoren ausfallen, dann geht dem Verein die Luft aus und er muss kleinere Brötchen backen. Kurzum: Wir können den Etat nicht ständig erhöhen.

Da ist es umso wichtiger, dass im sportlichen und kaufmännischen Bereich gut gearbeitet wird. Wie sind Sie mit der Arbeit der beiden Geschäftsführer Sven Zywitza und Stefan Wagner zufrieden?

Stiefel: Die gesamte Führung hat in den letzten Jahren gute Arbeit geleistet. Ich bin zufrieden. Natürlich ist es aber auch so, dass eine Mannschaft mal Fehler macht. Aber Fehler akzeptiere und toleriere ich, egal ob bei mir in der Firma, der Familie oder beim ERC. Sollten die Fehler einmal zu viel werden, werde ich handeln.

Zur neuen Saison wird mit Saturn wieder eines Ihrer Unternehmen als Trikotsponsor auftreten. Haben Sie Ihre Philosophie als Mittler bei der Sponsorensuche nun ein Stück weit geändert?

Stiefel: Eines vorneweg: Ich war – seit ich den ERC unterstütze – der Hauptsponsor. Nur ist es mir vor ein paar Jahren gelungen, mit Siemens einen großen Sponsor zu finden. Da habe ich gerne die Brust auf dem Trikot frei gemacht. Deshalb habe ich mein Engagement aber nie reduziert. Im Gegenteil sogar. Ich habe es ausgebaut, auch weil ja der Etat erhöht wurde. Siemens ist nun ausgefallen und es hat sich kein Ersatz gefunden. Deshalb bin ich wieder auf die Trikotbrust zurück mit Media-Saturn. Natürlich bin ich aber auch nach wie vor ein Mittler. Schauen Sie doch mal in unsere Halle, da gibt es viele Werbepartner, die ohne mich den Verein nie unterstützen würden. Ich sehe mich nicht als Sponsor, sondern als Mäzen. Und deshalb gehört es zu meinen Aufgaben, Zeit für den Verein zu investieren.

Es ist kein Geheimnis, dass sich der ERC seit Jahren ein stärkeres Engagement von Audi wünschen würde. Wie stehen die Chancen für die neue Saison?

Stiefel: Es gab sehr konstruktive Gespräche mit dem Audi-Vorstandsvorsitzenden Rupert Stadler. Dabei habe ich gemerkt, dass die Einstellung des Audi-Managements pro Ingolstadt und pro Aktivitäten in Ingolstadt deutlich positiver geworden ist. Deshalb bin ich sehr zuversichtlich, dass Audi in Zukunft bei uns stärker einsteigt.

Lassen Sie uns einen Blick auf das Sportliche werfen. Wird diese Saison die bisher schwerste für den ERC in der DEL?

Stiefel: Ach wissen Sie, jede Saison ist am Anfang sehr schwierig. Man weiß nicht, wo man steht. Und es kommt hinzu, dass wir nicht wissen, ob die Gesundheit unseres Trainers stabil bleibt. Das ist für mich immer noch ein großes Fragezeichen. Ich wünsche es ihm von Herzen. Wenn der Stress während der Runde größer wird, wird man sehen, wie er die Belastungen wegsteckt und ob sein Zustand weiter stabil ist.

Haben Sie mit Ron Kennedy darüber gesprochen?

Stiefel: Ja, bereits am Ende der vergangenen Saison. Seine Gesundheit ist wichtiger als der Erfolg des ERC Ingolstadt. Wenn er sich nicht fit fühlt, dann wird er uns das ehrlich sagen. Ich lasse einen Menschen nicht im Stich, nur weil er krank ist. Er und die Ärzte sagen, dass er es schafft. Deshalb probieren wir es. Aber es wird sicher schwer und ist ein Risiko.

Sie wollen den Nachwuchs verstärkt fördern. Ist es da nicht wichtig mit einem Trainer langfristig zu arbeiten, um Erfolg zu haben?

Stiefel: Den Trainerposten kann man nicht mittel- oder langfristig besetzen. Das hängt von vielen Faktoren ab. Frühestens im Januar, Februar kann man mehr dazu sagen. Jetzt ist die Zeit für solche Diskussionen noch nicht reif.

Was muss passieren, dass Sie mit der Saison zufrieden sind?

Stiefel: Wenn die Zuschauer kommen und die Stimmung gut ist, dann ist es für mich schon eine hervorragende Saison. Man kann scheitern, keine Frage. Aber die Frage ist wie. Ich hoffe aber auch, dass unsere Zuschauer manchmal etwas Geduld mit der Mannschaft haben. Dafür müssen aber immer Einsatz und Einstellung auf dem Eis stimmen. Tolle Spiele, eine homogene Mannschaft und der Einzug ins Halbfinale – dann wäre es eine Top-Saison.

Wäre es ein Problem, wenn der ERC die Play-offs nicht erreicht?

Stiefel: Nein, wenn wir gut gespielt und alles versucht haben, dann geht die Welt nicht unter. Sport ist nicht berechenbar. Dann werden wir eben im nächsten September einen neuen Anlauf starten.