Riedenburg
Wohnen nahe an der Natur

In Riedenburg ist eine Biolehmhaus-Siedlung geplant - Über die Verwirklichung des Projekts entscheidet der Stadtrat

27.10.2017 | Stand 02.12.2020, 17:17 Uhr
Auf dieser rund 16000 Quadratmeter großen Wiese an der Hemauer Straße in Riedenburg soll nach dem Willen der Investoren die Biolehmhaussiedlung gebaut werden. −Foto: Rast

Riedenburg (rat) In Riedenburg soll eine ökologische Biolehmhaus-Siedlung mit etwa 34 Wohneinheiten entstehen. Entlang der Hemauer Straße könnten dann weitere 100 Menschen leben. Ob das Projekt verwirklicht wird, dürfte demnächst der Riedenburger Stadtrat entscheiden.

Den Plan für die Biolehmhaus-Siedlung entwickelten die Riedenburger Familie Krieger und die in Pforzheim ansässige Firma Biolehmhaus GmbH. Der Dialog zwischen den Investoren, der Stadt und dem Landratsamt läuft. Man warte derzeit auf eine Auskunft der Unteren Naturschutzbehörde, erklärt Bürgermeister Siegfried Lösch. "Dann wird es im Rathaus ein Gespräch mit den Investoren und den Fraktionssprechern geben", kündigt der CSU-Politiker an. Die entscheidende Frage für den Stadtrat werde sein, ob man von einer bewährten "Grundsatzlinie" abrückt. Letztere besage, dass die Stadt nur dort Baugebiete zulasse, wo ihr mehrheitlich der Grund gehöre, erläutert Lösch. Das rund 16000 Quadratmeter große Grundstück ist aber zu 100 Prozent im Eigentum von Beate Krieger, der Frau des Riedenburger Geschäftsmanns Max Krieger.

Im Kelheimer Landratsamt seien die Pläne für den Bau einer Lehmhaus-Siedlung "mit Begeisterung aufgenommen" worden, berichtet Jan Diamantopoulos. Er fungiert als der Ideengeber für das Projekt, ist bei der Firma Biolehmhaus für Bauleitungen und technische Beratungen zuständig. Der Kreisbaumeister habe in zwei Gesprächen seine "volle Unterstützung" signalisiert, betont Diamantopoulos. Die Reaktionen in Kelheim seien ausschließlich positiv gewesen. Die Zusage des Landratsamtes werde innerhalb von drei bis vier Monaten nach der Zustimmung der Kommune eingehen, sagt Diamantopoulos.

"Ein Lehmhaus besteht aus60 bis 90 Tonnen Lehm."

Jan Diamantopoulos, Bauleiter bei der Firma Biolehmhaus

 

Die Kreisbehörde gibt sich auf Anfrage unserer Zeitung aber zurückhaltend. Konkrete Aussagen werde das Landratsamt erst im Verfahren zur Aufstellung des Bebauungsplans machen, heißt es in dem Antwortschreiben. Für die Realisierung des Baugebietes sei die Aufstellung eines Bebauungsplans erforderlich. "Dafür ist die Stadt Riedenburg zuständig, weil die Planungshoheit bei der jeweiligen Gemeinde und nicht beim Landratsamt liegt", teilt das Landratsamt mit.

Die Projektierung der Lehmhaus-Siedlung ist bereits weit fortgeschritten. Nach den Worten von Diamantopoulos sind zwei Drittel der insgesamt 34 vorgesehenen Wohneinheiten für Familien gedacht. Vor allem werde versucht, die Natur in die Siedlung einzubinden. Man arbeite hier sogar mit Universitäten zusammen, welche die Riedenburger Lehmhaus-Siedlung als Forschungsprojekt nutzen würden.

"Wir bauen wie vor 300 bis 500 Jahren", erläutert Diamantopoulos. Generell handle es sich um Holzständerhäuser, in die getrocknete Lehmsteine eingebaut werden. Die Mauerstärke beträgt 15 Zentimeter plus die Dämmschicht nach außen. Alle Decken würden aus massivem Holz gefertigt. Man erkenne weder von außen noch von innen, dass es sich um ein Lehmhaus handle. Diamantopoulos bezifferte die Menge an Lehm "auf 60 bis 90 Tonnen pro Haus". Ein Ziegelhaus wiege nicht einmal die Hälfte.

Ansonsten handele es sich bei Lehmhäusern um normale Bauten, das Raumklima sei jedoch deutlich besser. Auf Klimaanlagen könne man deshalb verzichten. Der größte Teil der Häuser an der Hemauer Straße bekomme in direkter Anbindung eine Garage. Allerdings handle es sich um in den Hang gebaute Tiefgaragenstellplätze, natürlich mit Ladestation für Elektroautos, von denen man nur den Eingang sehe. "Wir wollen weg von dem klassischen Bild Haus, Garage, Haus, Garage", sagt der Bauleiter. Allerdings werde für einen Teil der Fahrzeuge dennoch ein Parkplatz mit Ladestationen errichtet. Dort stünden die Autos, die von allen Bewohnern im Zuge von Carsharing genutzt werden. "Wir fördern moderne Mobilität wie das Carsharing." Damit könne man die Zahl der Zweitwagen in den Familien verringern. Generell werde das Wohnen in dieser Siedlung eine ausgeprägte soziale Komponente beinhalten.

Eine weitere Besonderheit der Lehmhaus-Siedlung sind die begrünten Dächer. Sie bestehen aus Holz, einer Gummimatte zur Abdichtung, auf die man 25 Jahre Garantie hat, und einer acht bis 30 Zentimeter dicken Erdschicht. Darauf wird Gras oder Magerrasen angesät. Laut Diamantopoulos entstehen daraus folgende Vorteile: Hitzeschutz im Sommer, Schalldämmung und bei starkem Niederschlag wird die Kanalisation entlastet, weil das Regenwasser zunächst in die Erdschicht sickert.

Angedacht sei eine Mischfinanzierung zwischen der Investoren-Familie und einer hiesigen Regionalbank oder Großbank. Für die Stadt entstehe keine finanzielle Belastung. "Die Kommune muss nicht einmal die Erschließung bezahlen", unterstreicht Diamantopoulos. Auch diese Kosten werde der Investor selbst übernehmen.

Die Gesamtkosten für das Projekt sind noch nicht bekannt. Denn ein Drittel der Häuser könne als Ausbau- oder gar Selbstbauhaus erworben werden, um Eigenleistungen zu ermöglichen. Nach den Vorgaben der Banken müsse für ein Drittel der Häuser eine notarielle Kaufabsicht belegt seien, erst dann könne man mit der Erschließung des Areals beginnen. "Das ist ein Vorzeigeprojekt, das bei allen Banken auf hohes Interesse stößt." Probleme mit der Finanzierung sehe man also generell nicht.

Generell geht es den Investoren darum, "vernünftig sowie naturnah zu bauen und die Natur so nahe wie möglich an den Menschen zu bringen". Sie lehnen den Einsatz von Beton und Pflastersteinen ab. Diamantopoulos wendet sich auch gegen den Verdacht, dass man unter dem Deckmantel der Ökologie den Gewinn für die Investoren erhöhen wolle: "In herkömmlicher Bauweise könnten wir auf der Fläche 60 bis 70 Wohneinheiten schaffen, das wäre weitaus profitabler. Das wird kein elitäres Baugebiet für Reiche." Er hofft, dass die Umsetzungsphase bereits im nächsten Jahr beginnt.

Max Krieger schwärmt schon jetzt von der Siedlung, die man dank der begrünten Dächer und fehlenden Autos aus der Ferne gar nicht als solche erkennen werde. "Wir wollen eine grüne Insel schaffen." Jedes andere Nutzungskonzept als die von ihm favorisierte Biolehmhaus-Siedlung lehnt Krieger ab. Es sei die letzte Fläche in der Stadt, auf der sich ein derartiges Projekt realisieren lasse. "Das wird ein Aushängeschild für Riedenburg", prophezeit er.