Ingolstadt
Woge der Begeisterung

Ein Surferparadies vor der Donaubühne? Studenten kommen zu dem Ergebnis: Es wäre machbar und einzigartig

21.06.2012 | Stand 03.12.2020, 1:21 Uhr

Strömungstechnik für Fortgeschrittene: In der Ingolstädter Hochschule simulierten die Studenten an einem Modell im Maßstab 1:100, welche Wellen entstehen, wenn eine Rampe die Donau verengt.

Ingolstadt (DK) Sie ist möglich: die größte künstliche, stehende Welle der Welt, ein Paradies für Surfer. Ingolstädter Studenten haben die Machbarkeit geprüft und ihre Forschungsergebnisse am Mittwoch präsentiert. Rund 40 Meter könnte die Welle breit sein, wenn man eine Rampe ins Flussbett baut, so ihre Vision.

Im Prinzip ist die Sache ganz einfach. Pfiffige Ingenieure benötigen nur eine zarte physikalische Formel, um zu errechnen, ob ein Gewässer zum Surferparadies taugt. Man nehme die Fließgeschwindigkeit und teile sie durch die Wurzel aus der Wassertiefe multipliziert mit der Erdbeschleunigung (sie beträgt 9,81 Meter pro Sekunde). Heraus kommt die in Fachkreisen geschätzte Froude-Zahl, benannt nach einem Großmeister der Strömungstechnik: William Froude (1810–1879). Dieser Wert zeigt an, ob es sich lohnt, das Surfbrett zu Wasser zu lassen, denn Mr. Froud erkundete, welche Kräfte walten, wenn schießendes Wasser auf strömendes trifft. Mit seinem Hydraulischen Sprung legte er also die theoretischen Grundlagen für spätere Saltos auf Brettern, womit er sich ewige Verdienste um das Surf-Wesen erworben hat.

Zwölf angehende Ingenieure von der Hochschule Ingolstadt kennen ihren Froud. Ganz genau sogar, denn sie träumen von einer stehenden Welle für Surfer auf der Donau in Ingolstadt. Wie die berühmte des Eisbachs in München – nur viel, viel größer und rasanter. Prüfen, ob das überhaupt geht, so lautete der Auftrag an das Studententeam. Die jungen Leute analysierten, rechneten, erkundeten das Terrain, sprachen mit Fachstellen, schließlich simulierten sie eine Paradewelle im Maßstab 1:100. Ihr Forschungsergebnis trugen sie mit fundiertem Selbstbewusstsein vor: „Ja, es ist machbar!“ Und es wäre sensationell.

Die Studenten unterscheiden – bezogen auf die Ingolstädter Topografie – drei Typen von attraktiven Surferwellen. Erstens: die Staufstufenumgehung. Hier wird Wasser aus dem Stausee vor der Stufe abgezweigt und in den Baggerseeauslauf umgeleitet. Vergrößert man ihn, entsteht eine Welle, ehe das Wasser in die Donau zurückfließt.

Typ zwei: die Toswelle. Sie speist sich aus dem Schwung des Kraftwerks. Dazu muss man das wogende Wasser, das die Staustufe heruntergerauscht ist, umleiten und ein Stück weiter in eine surftaugliche Welle verwandeln. Bei dem Modell hegt das Team allerdings Bedenken ob der Realisierbarkeit.

Die zwölf Wellenforscher favorisieren deshalb Typ drei: die Schlosswelle. Sie heißt so, weil sie einmal in prominenter Lage die Surfer aller Länder euphorisieren könnte – zwischen dem Schloss und der Donaubühne. Allerdings müsste man dazu die Strömung deutlich in Wallung bringen. Problem Nummer eins: Der Froud-Wert ist an den Ingolstädter Gestaden zu niedrig. 0,2 – das reicht nur für ein uninspirierendes Plätschern unter dem Brett. Also muss eine Rampe in den Fluss gesetzt werden, um den Lauf zu verengen. Die Rampe sollte – Problem Nummer zwei – wegen des niedrigen Pegels höhenverstellbar sein, so der Plan. Funktioniert alles wie erhofft, könnten die Surfer auf 40 Metern Breite nebeneinander in den Wogen toben. „So eine Welle wäre weltweit einmalig“, schwärmen die Studenten. „Und vor allem: Es ist möglich!“

Als Alternative haben sie noch – aber eher außer Konkurrenz – einen vierten Wellentyp untersucht. Stichwort Renaturierung. Der Vorschlag: Donaukraftwerk und Staustufe kommen weg, der Höhenunterschied schenkt der Natur eine Welle. Nachteil: Man erzeugt hier keinen Strom mehr. Vorteil: Man kann super surfen!